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Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
Waldläufer:
Hallo Mathäus äh Loddar,
du hast jetzt schon ein paar mal darauf abgehoben, daß sich gewaltsam reduzierte
Populationen wieder aufbauen können. Das hat mit unserem Thema aber nichts zu tun.
Selbst das Tier Mensch ist schon vor ca. 30000 Jahren durch einen evolutionären Flachenhals gegangen
mit unter 1000 Überlebenden. Diese genetische Einengung läßt sich übrigens heute noch feststellen obwohl
wir meinen die Menschheit sähe überall anders aus. Sicherlich kann sich auch eine Restpopulation über laufende
Kreuzung und Selektion erholen. Aber so einen Zustand wo keine geregelte Bestäubung mit wenigen Exemplaren
im Fall der Gm bei uns hergestellt wird muß man ja nicht willkürlich herbeiführen.
Viele Grüße Bernt
sequotax:
Hallo Wolfgang,
--- Zitat von: xandru am 10-März-2014, 20:16 ---
* Was passiert bei Selbstbefruchtung eines Solitärs – sind alle Exemplare genetisch identisch?
* AA BB CC Dd Ee Ff Gg hh ii jj
--- Ende Zitat ---
Die Buchstaben stehen ja stellvertretend für ein Merkmal. Jeder Buchstabe kommt doppelt vor, da auch jedes Chromosom doppelt vorhanden ist - von jedem Elternteil eines.
Bei Selbstbefruchtung sieht die Kreuzung also folgendermaßen aus:
AA BB CC Dd Ee Ff Gg hh ii jj X AA BB CC Dd Ee Ff Gg hh ii jj
Merkmal A ist reinerbig. Der Nachkomme erhält zufällig eines der beiden Chromosomen, aber immer A. Ergo haben alle Nachkommen nach der Befruchtung AA !
Ebenso verhält es sich mit B und C, darauf folgt: AA BB CC.
Die Merkmale h, i und j (schlechte Eigenschaften) sind ebenfalls reinerbig, also erhalten auch alle Nachkommen diese reinerbig: AA BB CC hh ii jj.
D, E, F und G jedoch sind mischerbig, der Baum hat ein Chromosom mit D und eines mit d (analog E, F und G). Daher sind für das Merkmal D folgende Kombinationen möglich: DD oder Dd oder dD oder dd (Dd und dD sind dabei identisch, da es egal ist, auf welchem Chromosom der Code steht).
Also hat der neue Baum: AA BB CC (DD oder Dd oder dD oder dd) (EE oder Ee oder eE oder ee) (FF oder Ff oder fF oder ff) (GG oder Gg oder gG oder gg) hh ii jj
--- Zitat von: xandru am 10-März-2014, 20:16 ---
* Was passiert bei wechselseitiger Bestäubung in einer Vierergruppe – haben wir dann reinerbig AA BB CC und hh ii jj?
* AA BB CC DD EE FF GG hh ii jj
* AA BB CC Dd Ee Ff Gg hh ii jj
* AA BB CC Dd Ee Ff Gg hh ii jj
* AA BB CC dd ee ff gg hh ii jj
--- Ende Zitat ---
In dieser Vierergruppe sind demzufolge exakt die gleichen Ergebnisse zu erwarten: AA BB CC hh ii jj hat jeder, bei D, E F und G sind alle Kombinationen zu erwarten !
In meinen Beispielen mit dem Mais waren die guten Eigenschaften dominant, d.h. auch wenn ich sie nur einmal habe, setzen sie sich durch. So könnte die Pflanze ein Gift produzieren (F), das bestimmte Insekten tötet. f (kleiner Buchstabe) könnte dann bedeuten, dass kein Gift produziert wird oder aber auch ein Gift von geringerer Wirksamkeit...
Der Mensch besitzt etwa 30.000 Gene. Von denen sind jedoch ganz viele essentiell; fehlt eines von diesen, sind wir gar nicht lebensfähig. Was in unserem Zusammenhang eine Rolle spielt, sind die Gene, die uns unterscheiden. Wir Menschen (z.B. Bernt und ich :)) unterscheiden uns aber nur minimal voneinander, etwa 99% stimmen überein. Dann geht es also um das eine Prozent !
Habe ich für ein System verschiedene Allele (z.B. das AB0-Blutgruppensystem), so treten die Merkmale mit unterschiedlicher Häufigkeit auf (z.B. Blutgruppe A in 45%, B in 10%, AB in 5% und 0 in 40%). B ist also selten. Es tritt in 10% (B) + 5% (AB) = 15% auf.
Von mir aus hat jeder sechste das Merkmal B.
Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass gleich der erste Mensch, den ich teste, es NICHT hat 5/6. Teste ich zwei, ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide es NICHT haben, 5/6*5/6. Teste ich zwanzig, komme ich auf (5/6)20. Das sind etwa 2,6% !
(Teste ich 50, sind es 0,01%...)
Ein relativ seltenes Merkmal geht mir daher nur mit geringer Wahrscheinlichkeit verloren. Wirklich wichtige Merkmale sind aber natürlich in aller Regel häufig...
Wir habe schon tausende Sämlinge aus den USA...
Erklärungsversuche vom Remi ;)
sequotax:
Hallo Bernt,
--- Zitat von: Waldläufer am 10-März-2014, 17:06 ---Dann stimmst du dankenswerter Weise zu daß durch Inzucht das Genmaterial Schaden leiden kann, um anschließend zu behaupten
wenn man zwei Inzuchtlinien kreuzt kommt gesundes dabei raus. Wieso denn bitte? Wenn ich zwei Kanditaten mit verminderter
Variabilität und/oder negativen Merkmalen kreuze wieso soll da definitiv gesundes rauskommen. Bitte belegen!
--- Ende Zitat ---
das Märchen von dem gescheiterten Maisbauern habe ich doch speziell für dich geschrieben:
Zwei Inzuchtlinien, die beide kümmern, erzeugen in der nächsten Generation durchweg gesunde Nachkommen !!!
Um das zu verstehen muss man zwei Begriffe klären: Genotyp und Phänotyp
Der Genotyp beschreibt das Genom, also die Chromosomen.
der Phänotyp beschreibt das Aussehen.
Nehmen wir mal, an ein Maiskorn hat den Genotyp: AA BB CC DD EE FF GG HH II jj
Dann hat er 9 reinerbig gesunde Anlagen (insgesamt 18) und eine reinerbig kranke (insgesamt 2) - also 90% gesunde Anlagen. Wie sieht der wohl aus (Phänotyp) ?
Er kümmert !!!
Ein zweites Maiskorn hat den Genotyp: Aa Bb Cc Dd Ee Ff Gg Hh Ii Jj
10 gesunde Anlagen und 10 kranke - also 50% gesunde Anlagen. Und wie sieht der aus ?
Kerngesund !!!
Meine Frage speziell an dich, Bernt: Mit welcher Pflanze würdest du weiterzüchten ? ? ?
Kreuze ich den ersten Mais mit einer Pflanze, die JJ hat (egal, welche Anlagen darüberhinaus), erhalte ich nur gesunde Nachkommen.
Der zweite, optisch viel bessere Mais, wird dagegen von seinen 10 Anlagen durchschnittlich jedem Nachkommen fünf gesunde und fünf kranke vererben...
(Das weiß auch die Fa. 'Genmais' !)
Und noch schnell zum Thema Diversität:
Der komplette Genpool ist ein Schatz, der Anpassungen an alle möglichen Gegebenheiten ermöglicht.
Gehe ich jetzt aber in eine Nische, so muss ich aus der Schatzkiste auch die richtigen Werkzeuge herausholen (in der Wüste ist ein Sandsack vielleicht überflüssig oder sogar kontraproduktiv...) !
Deutschland IST für den BM eine Nische. Hier müssen DIE Gene ran, die deutschlandtauglich sind !
(Und es müssen DIE Gene raus, die untauglich sind !)
Der Genpool in seiner Gesamtheit gehört in die USA, er muss (und soll) hier nicht komplett abgebildet werden !
Um das klar zu formulieren:
Einen Einzelbaum per Selbstbestäubung zu vermehren, halte auch ich für wenig zielführend - kleinere Gruppen in Deutschland zu beernten, hingegen schon !
LGs vom Remi
Waldläufer:
Hallo Remi,
deine Genkombinationen in allen Ehren - aber ich kann da wie gesagt kaum folgen.
Und ich vermute den meisten anderen geht es genau so. Vielleicht stimmt mir da sogar Ralf zu.
Ich denke das was du hier darlegst mag ja in der Theorie stimmen, ich bezweifle allerdings ob uns da was in der
angeprochenen Problematik weiterbringt.
Fangen wir nochmal von vorne an. Es wurde eine gewisse überschaubare Samenmenge in Dt. ausgesäat (Wilhelmabäume)
und eine größere Anzahl etwas jüngerer Gm durch Pflanzung Herkunft unbekannt hier etabliert. Durch Ausfälle sind nicht mehr
soviele von diesen sagen wir mal 120 Jahre alten +-20 Jahre alten übrig. Wolfgang spricht von ca. 1000 Exemplaren.
Zumindest kleinörtlich muß man aufgrund der Schrumpfung von einer Inzuchtgefahr ausgehen - hervorgerufen durch Kleinstgruppen
und klimatisch beeinträchtigte Bestäubung. Soll man jetzt kostengünstig diese Soltäre oder Kleinstgruppen vermehren in der vagen
Hoffnung, daß dabei bestens angepaßte Exemplare herauskommen. Die Realität zeigt leider, daß bei solchem Vorgehen ein übergroßer Anteil selbstbestäubter oder sonstwie beeinträchtigter Nachkommen entsteht, die vom normalen Züchter in der
Baumschulphase nicht von den wenigen gesunden Sämlingen zu trennen sind. Das heißt es werden unweigerlich auch diese
hochgepäppelten ungesunden Sämlinge in Wald und Flur etabliert. Alles andere ist was für ganz versierte Züchter die mit harter
Hand dann auch Tabula Rasa machen.
Meines Erachtens gibt es in Dt. nur verhältnismäßig wenige Gm Anpflanzungen, die den Ansprüchen an eine generative Vermehrung
genügen. Diese sind auszuwählen und können versucht werden. Bleibt aber immer noch die klimatische Beeinträchtigung der Bestäubung, die die Sache unwägbar macht.
Halte es unter diesen Umständen daher für besser, wenn man sich vorläufig bis zur weiteren Klärung der angesprochenen Sachverhalte auf die Aussaat unbedenklicher Originalsaat aus Californien beschränkt.
Viele Grüße Bernt
Bakersfield:
--- Zitat von: Waldläufer am 11-März-2014, 19:04 ---...deine Genkombinationen in allen Ehren - aber ich kann da wie gesagt kaum folgen.
Und ich vermute den meisten anderen geht es genau so...
--- Ende Zitat ---
Das Prinzip ist ja recht simpel, kompliziert wird es nur bei längeren Ketten mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ich komme soweit ganz gut mit.
Jedenfalls herzlichen Dank für die ausführliche und sehr anschauliche Darstellung hier, Remi... :)
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