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Können tief wachsende Äste von Mammutbäumen anwurzeln ?

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xandru:
Hallo Frank,

Vielen Dank fürs Verschieben in den Fach-Thread.

Auf der Mainau ist der Habitus der neuen Stamm-Kandidaten völlig unterschiedlich vom Habitus eines Jungbaums. Ich bin aber noch nicht zum Bearbeiten der Bilder gekommen.

Die französischen Kollegen beschriften ein Foto folgendermaßen (gleiche Quelle):
--- Zitat ---Une marcotte en formation : il s’agit bien d’une branche qui s’est fixée au sol. On constatera en passant l’abondance de cônes produits par ce(s) séquoia(s).
--- Ende Zitat ---
Ein eben entstehender Absenker: es handelt sich hier um einen Ast, der sich am Boden fixiert hat. Übrigens fällt die große Zahl von Zapfen auf, die von diesem Mammutbaum / diesen Mammutbäumen produziert wurden.

Die große Zapfenmenge sieht nach einem ungewöhnlichen Auslöser aus, ähnlich der Notblüte. Unklar bleibt, ob es einen Zusammenhang gibt. Wie schon Frank andeutet: Ein besonderer Stress ist für uns nicht zu erkennen.

Wenn man aber bedenkt, dass es in Europa nur wenigen Exemplaren gestattet ist, ihre Äste überhaupt in den Boden zu schicken, ist das Phänomen doch nicht mehr so selten. Die vegetative Vermehrung geschieht nicht so schnell wie bei Sequoia. Aber die fraglichen Äste stecken doch schon einige Jahrzehnte unter der Bodendecke, wieso sollten sie da nicht vereinzelt anwurzeln?

Für mich stehen hier zwei Positionen gegenüber: die generelle Skepsis eines Tuff und die Selbstverständlichkeit, mit der die Franzosen bei einigen Bäumen diesen Ausdruck verwenden. Fachlich beurteilen kann ich das nicht.

Urteilslose Grüße,
Wolfgang

Bakersfield:
Hallo Wolfgang,

so manches an diesen Bäumen ist mysteriös, aber ich bin mir zu 99,9% sicher, dass man anhand der Zapfen keinen bewurzelten Absenker erkennen kann. Auch ganz normale bodennahe Äste hängen oft genug mit Zapfentrauben voll.

Entscheidend ist für mich der Moment, an dem der Ast sich wie ein neuer Stamm verhält indem er senkrecht nach oben strebt und ein entsprechendes Dicken- und Längenwachstum zeigt.

Letzteres ist bei den Beispielen aus UK, Irland und Frankreich der Fall, nur kann man die Entstehung aus einem Ast nicht nachvollziehen. Wo ist der Rest des Astes der vom Hauptstamm aus die Grundlage des Absenkers gelegt hat? Warum sollte ein Gärtner so einen dicken Ast absägen? Abgestorben sein kann er ja eigentlich nicht, wenn sein Fortsatz sich als so vital erweist. Und ein Bodenast bricht auch nicht im Sturm ab.

Für mich sind die bodennahen Wurzeln der Schlüssel zu diesem Rätsel.

Wolgang , stell doch mal bitte alle relevanten Beispiele von sequoias.eu, die du so auf die Schnelle finden kannst hier als Link ein. Ich werde das dann für UK machen. Dann haben wir genug Futter, um der Sache hoffentlich etwas besser auf den Grund gehen zu können.

Viele Grüße,
Frank

xandru:
Hallo Frank,

Das ist eine gute Idee.

▶  Bagnoles-de-l’Orne (Orne, Basse-Normandie)
* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Normandie/bagnoles.htm
* http://mbreg.de/mbr/mbr_europe.php?q1=id&q=5748&search=Suche▶  Mauron (Morbihan, Bretagne)
* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Bretagne/mauron.htm
* http://mbreg.de/mbr/mbr_europe.php?q1=id&q=6790&search=Suche▶  Lolif (Manche, Basse-Normandie)

* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Normandie/lolif.htm
* http://mbreg.de/mbr/mbr_europe.php?q1=id&q=3572&search=Suche▶  Coublevie (Isère, Rhone-Alpes)
* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Rhone_Alpes/ccoublevie_vouise.htm
* (noch nicht lokalisiert)▶  Puceul (Loire-Atlantique, Pays-de-la-Loire)
* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Loire/puceul_bohallard.html
* http://mbreg.de/mbr/mbr_europe.php?q1=id&q=2580&search=Suche▶  Saissac (Aude, Languedoc-Roussillon)
* http://www.sequoias.eu/Pages/Locations/Languedoc/saissac_escourrou_hlm.htm
* http://mbreg.de/mbr/mbr_europe.php?q1=id&q=2312&search=SucheAn den Zapfen möchte ich keinesfalls die Absenker erkennen. Echte Absenker definieren sich wohl dadurch, dass ein Ast Wurzeln schlägt. Und das lässt sich wahrscheinlich kaum zerstörungsfrei nachweisen.

Ich hatte nur spekuliert, ob extreme Zapfenbildung ein Indikator für eine Ausnahmesituation sein könnte.

Und die Vermutung war, dass die Bildung von Absenkern ebenfalls eine Reaktion auf außergewöhnliche Umstände sein könnte. Dies könnten auch Veränderungen sein, die das menschliche Auge gar nicht wahrnimmt, etwa eine Änderung der Bodenchemie oder der Mikrobiologie. Vielleicht entstehen sie aus solchen Dingen wie Lignotubern oder Schlafenden Knospen.

Spekulative Grüße,
Wolfgang

Tuff:
Zunächst mal zu den potentiellen Absenkern. Das sind für mich die, wo man einen Ast aus dem Stamm heraus wachsen sieht der dann durch die Erde geht.

Potentielle Absenker sehe ich etwa hier und hier und vielleicht auch hier - auf vielen anderen Bildern unter diesem Titel liegt wahrscheinlich ein anderes Phänomen vor.

Ich frage mich: Wenn ein Ast auf den Boden herunter hängt, und von Humus bedeckt wird, was sollte er denn wohl anderes tun als einfach weiterzuwachsen ? Warum sollte er denn überhaupt Wurzeln bilden ? Nur zur Erinnerung, ich habe mal einen jungen Taxus_Ast durch den Boden geleitet (sogar vorsichtig angeritzt) der bei einer Kontrolle nach 10 Jahren noch keine Wurzeln hatte.

Natürlichwird sich ein Ast, der sich aufstützt, gerade bei den 'agilen' Taxodiaceen aufrichten und wie ein Stamm wirken. An der Auflagestelle kann sich der Durchmesser durch die Krafteinwirkung dann auch wulstförmig verbreitern, ähnlich wie bei der Überwallung eines Felsens (hierzu habe ich Fotos auf dem Netz, die ich aber wohl nicht direkt posten kann, Quelle suchen wird viel Zeit kosten). Bis hierhin braucht es nich keine Wurzeln. Theoretisch könnte diese Situation dann aber auch die Bildung von Wurzeln 'triggern'.  Bei Sequoia sempervirens wäre das auf jeden Fall zu erwarten - aber (ich weise immer wieder darauf hin) diese Art weist soviele extrem gravierende Unterschiede zur 'Giant Sequoia' auf, daß die oberflächlichen Ähnlichkeiten etwas überspitzt gesagt einfach nur Zufall sind. Warum muß Sequoiadendron in diesem Aspekt auf einmal gleich sein ?

Bei Arten wie Sequoia, Hartriegel und Brombeere, und übrigens auch beim Indischen Springkraut, gehört Anwurzeln von Ästen oder Stammteilen zum genetischen Programm. Solche Arten bilden oft auch Wurzelbrut, insbesondere wenn ein Stamm abgesägt wird. Bei Seuqoiadendron steht in der Literatur (Hartesveldt) explizit, daß dies in Kalifornien niemal beobachtet wurde, bei hunderttausenden von gefällten Bäumen. Auch ein Ausschlag aus tiefliegenden Stammwunden kommt nur ganz selten bei jungen Bäumen bis etwa 10 Jahren vor (vergleiche die regulären Büschel am Fuß von Sequoia).

Kann gut sein daß Urvorfahren von Sequoiadendron diese Fähgkeiten noch hatten, aber in einer feuergeprägten Umwelt machen sie überhaupt keinen Sinn. Hier muß jedes Quentchen Energie in die Dicke des Stammes gesteckt werden. Absenker brennen sowieso weg, und leiten das Feuer sogar noch in die Krone. Tiefe Äste kommen aber dann auch sowieso nicht vor.

Tuff:
Nun zu den 'Stammkränzen' - seitlich ausweichenden 'richtigen' Stämmen. Sieht man keine Verbindung zum Hauptstamm, kann von einem Absenker eigentlich nicht die Rede sein - es sei denn, man hätte den zum Stamm herangewachsenen Ast sorgfältig abgetrennt. Das ist aus so vielen Gründen (vor allem aus gärtnerischer Sicht) so absurd, daß ich mir die Erläuterung spare.

Ich kann in diesen Fällen mir folgende - undokumentierte - Ursachen vorstellen:

(1) Astansatz unter Bodenniveau
(2) Nachpflanzen
(3) Wurzelbrut (nach Frank)
(4) Naturverjüngung
(5) Zurückfallen einiger schwacher Exemplare gegenüber einem Vorwüchsigen (bei gleichzeitiger Pflanzung)

Wurzelbrut wurde bisher noch nie dokumentiert (auch nicht in der Sierra), und Naturverjüngung unter einem Altbaum ist außerhalb der Sierra anscheinend extrem selten (und wurde in Europa bisher nur mit Rasensprenger erzielt, das kann aber in einem Park durchaus geschehen).

Bei einigen Exemplaren (etwa im Cambridge University Botanical Garden, oder Audley House, Essex) kann man eine Verbindung zum Stamm erkennen. Hier würde ich dennoch - bis zum Beweis des Gegenteils - davon ausgehen, daß lediglich ein sich aufstützender Ast überproportional massiv wächst. Auch ohne Aufstützen gibt es ja regelmässig BM mit einem besonders starken Ast, etwa gerade bei einem der Bäume in Cambridge, oder auch bei dem in Moerschwil CH.

Zumindest bei den Bäumen in Cambridge und Essex liegen die vom Baum ausgehenden 'Astverbindungen' jedoch extrem tief, man könnte hier leicht einen Austrieb aus einer Wurzel vermuten. Man erkennt aber direkt in Bodenhöhe auf jeden Fall auch einige Astkragen. Man muß also davon ausgehen, daß die Englischen Gärtner schon bei den ganz jungen Bäumen sorgfältig um jeden tiefen Ast herum gemäht und Unkraut gerupft haben; später werden sich die Bäume durch ihre Nadelstreu dann immer weiter 'selber aufgeschüttet' haben, oder vielleicht hat man auch immer wieder gemulcht.

Einen Astansatz unter Bodenniveau könnte man durch Aufgraben identifizieren (Astkragen).

Der Knackpunkt ist die Dokumentation. Ich weiß ja nicht wie repräsentativ der Botanische Garten von Bonn ist, aber hier fand ca. 2005 eine 'Rasensprengerverjüngung' unter einem Altbaum statt, das Bäumchen habe ich 2012 in einer offiziellen Aktion ins Siebengebirge umgepflanzt. Datum und Ursache der Verjüngung war lediglich einem einzigen angestellten Gärtner (verantwortlich für die Bäume) bekannt, der inzwischen nicht mehr da ist. Den anderen Angestellten ist nicht mal aufgefallen daß da ein zusätzlicher Baum wuchs. Weder der Sachverhalt als solcher, noch die Verpflanzung, wurde irgendwo schriftlich niedergelegt, und der neue Leiter des Garten weiß überhaupt nichts davon. In einigen Jahren, wenn alle Beteiligten nicht mehr dort sind, wird es schlicht vergessen sein.

Deshalb, und weil ich schon so viele male an hunderten von Bäumen nachgefragt habe, und entweder mit 'keine Ahnung' oder mit Falschinformationen geantwortet wurde (im Stil von '500 Jahre alt') , habe ich erhebliche Zweifel an der pauschalen Annahme, daß in Parks oder irgendwo sonst alles Wesentliche dokumentiert wird.

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