Fritz: Tuff, kann man z.B. Sequoia 'reichenbachii' aufgrund seiner großen morphologischen Übereinstimmung mit Sequoiadendron 'giganteum' auch die Standortansprüche "gleichsetzen" ? - also ableiten, dass weil a) vor 120 mio. Jahren so und so lebte es auch für b) gelten kann?
Richtig - die moderne Art Sequoiadendron giganteum hat sich gegenüber den tertiären Vorfahren an die Bedingungen der Sierra angepasst, insbesondere durch die Eiszeiten muß eine Selektion stattgefunden haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur die nordwestamerikanische voreiszeitliche Art vor 10 Mio Jahren vergleichen, welche heute in der Sierra lebt.
Die Frage ist ob die neue Anpassung ein "muß" ist oder ein "kann (grade noch)". Ich vermute daß unsere Laubbäume auch am Äquator einen Laubfall machen würden. Aber nehmen wir mal eine frostharte Palme: Die wächst ohne Frost mit Sicherheit viel besser.
Evolution funktioniert häufig so, daß aus alten Merkmalen neue entwickelt werden, ohne die alten Merkmale völlig aufzugeben. Die neuen Merkmale erlauben es eine neue Randnische zu besetzen. Unter Konkurrenz kann diese dann zum letzten Refugium werden, obwohl das Spektrum der Pflanze eigentlich (immer noch) viel weiter ist weil die alten Merkmale noch stark vorhanden sind.
Als Gebirgspflanze waren auch die voreiszeitlichen Sequoiadendron mit winterlicher Trockenheit und Kälte vielleicht sogar bis unter 0° vertraut. Aber die dicke Borke ist sehr wahrscheinlich in erster Linie eine Anpassung an Feuer, nicht an Frost. Möglicherweise hat sie sich diese Anpassung noch viel ursprünglicher, bei den Vorfahren der Sumpfzypressen aus einem Schutzgewebe entwickelt, daß in den damals weit verbreiteten salzigen Sümpfen vor osmotischen Verlusten schützte, aber das ist nur eine Vermutung von mir. Sie würde die irgendwie ähnlich 'weiche' Rinde erklären die man bei allen Mammutbäumen wiederfindet, Feuer hin oder her.
Daß sich junge Sequoiadendren im Winter oft stark verfärben, ist m.E. ein Hinweis daß die Art den Winter eigentlich nicht mag. Zugleich kann es natürlich ein Schritt hin zur Anpassung sein, die am Ende bis hin zum Laubfall führen kann. Ein weiterer Hinweis ist der ungebremste Wuchs in mildem Klima. Ich gehe davon aus daß die Art in Äquatornähe keine Winterpause einlegen würde.
Die fossile Art Sequoia reichenbachii wird übrigens aus gutem Grund immer noch als 'Sequoia' geführt. Die Fundstücke geben mehr nicht her. Es besteht eigentlich kein Grund hier nach ökologischen Ähnlichkeiten zu Sequoiadendron zu suchen. Um die Schwierigkeit der richtigen Einordnung, und die 'Standardabweichung' oder Fehlerspanne zu verdeutlichen: Im Basiswerk von Florin 1963 wurden S. reichenbachii und S. couttsiae als Sequoiadendron-Vorfahren angenommen, Stand der Wissenschaft ist heute jedoch daß es sich bei S. couttsiae am wahrscheinlichsten um eine Athrotaxis-Art handelt (May 1985).