Walter,
Ich muss zunächst klarstellen, solche artspezifischen Sonnenenergie-Baumhöhen-Kurven gibt es m.W. derzeit nicht, man bekommt sie nur durch komplexe Modellrechnungen, oder wenn es genügend alte Bäume zu vermessen gibt, in allen möglichen Klimaregionen.
Was ich versucht habe: Den einen, allerwichtigsten Faktor zu finden, der maximalen Höhenwuchs limitiert, auch wenn man alles Machbare unternimmt um den Standort zu 'verbessern'. Ich gehe also selbstverständlich von optimaler Wasser- und Nährstoffversorgung aus, weil das machbar ist (notfalls mit Bewässerung und Düngung). Die Frage ist: Was kann man dann an Höhe erwarten ?
Dazu treffe ich folgende Annahmen (welche man alle in Frage stellen kann):
(1) Die Intensität von Transpiration (H2O) und Assimilation (CO2) wird hauptsächlich durch die Menge des Energie-Inputs der Sonne bestimmt. Ich denke das lässt sich relativ leicht aufzeigen, obwohl es sich um komplexe Prozesse handelt. Eigentlich ist es ja banal: Ohne Energie läuft nix. (Wenn ich mich recht erinnere, sind Stomata nachts i.d.R. geschlossen oder jedenfalls inaktiv)
(2) Die Wasserversorgungsmöglichkeit in der Krone ist bestimmend für die erreichbare Baumhöhe
(3) Die Stärke des Transpirationssoges in der Krone bestimmt die Wasserversorgung der Krone, zusammen mit dem Wurzeldruck
(4) Ein hoher Baum *muss* sehr stark transpirieren um eine hohe Wassersäule zu halten
Zuerst muß noch die Frage zu (3) geklärt werden, nach dem Anteil des Wurzeldruckes, welcher ja schon alleine für sich relativ weit in die Höhe wirken würde.
Der Wurzeldruck wird, bei gleichbleibend optimaler Wasserverfügbarkeit (Grundannahme), ebenfalls hauptsächlich durch Assimilation (Feinwurzelwachstum) und Transpiration (Nachsaugen von Wasser -> Ionenaufnahme) bestimmt. Damit hängt der Wurzeldruck ebenfalls direkt vom Sonnenlicht ab. Allerdings ist auch die Bodentemperatur entscheidend. Glücklicherweise ist diese aber in der Vegetationszeit (bei uns, ohne Vulkanismus oder besonders warme Meeresströme) ebenfalls direkt vom Sonneninput abhängig.
Man sieht: Am Ende läuft alles auf die Sonne als Energiequelle hinaus.
Nun kann man sich vorstellen, an einem Standort in Deutschland für einige optimale Bedingungen zu sorgen: Beste Bodenstruktur und volle Lichtzufuhr sehr weitständiger Bäume am Südhang, direkt an einem Fließgewässer, oder sogar künstlich bewässern, auf jeden Fall regelmäßig Düngen, ... - doch die Menge der Sonneneinstrahlung kann man kaum beeinflussen. Daher würde die Sonnen-Summe also, bezüglich Höhenwuchs, für eine bestimmte Region die Grenze des Machbaren aufzeigen. (*)
Nun hast Du, Walter, so argumentiert, daß im Sommer mehr Sonne einstrahlt als der Baum verwerten kann. Ich bin nicht ganz sicher wie man das sehen muss. Mit der Sonnenstärke steigt der UV Anteil gegen den eine Pflanze sich schützen muss; wieviel aber vom übrigen Spektrum verwertet werden kann, hängt von der jeweiligen Art ab. Möglicherweise gelangt bei starker direkter Sonne trotz Wachschicht immer noch mehr verwertbare Energie in eine Zelle, als bei schwächerer Sonne ohne Wachsschicht. Stomata werden übrigens nicht direkt wegen zuviel Sonnenlicht oder wegen zu hohen Temperaturen (es sei denn diese wären wirklich sehr hoch) geschlossen, sondern dann wenn die Wurzel mit der Wasserversorgung nicht mehr nachkommt.
Aber nehmen wir einfach mal an, im Sommer gibt es zu manchen Tageszeiten zuviel Sonne. Dann müsste man die Formel also um eine 'Obergrenzenkappung' bereinigen und nur das wirklich 'nutzbaren Sonnenlicht' berechnen. Dazu werden die Stunden herausgerechnet in denen die Assimilation stoppt, ebenso wie die Stunden in denen das Licht zu schwach ist.
Es wird also etwas schwieriger, jetzt brauch man schon Durchschnitts-Daten über den Verlauf jeden Tages, fürs ganze Jahr, und eine Abschätzung der Bodenwasserverfügbarkeit; aber ich bin sicher diese Daten gibt es und den Computern ist es sowieso egal wieviele Zahlen es sind.
Ich denke aber daß die 'extremen Stunden' bei uns in Deutschland nicht so viele sind, und die lichtschwachen Stunden machen nicht viel aus. Daher würde es hoffentlich reichen, als 'Faustwert' einfach nur die reine Sonnen-Summe der Vegetationszeit zu verwenden.
Der Vergleich der Transpiration in der Krone, zwischen Redwood und Douglasie, hatte übrigens nur den Sinn zu klären, ob die Verdunstungsrate bei hochwüchsigen Baumarten generell so verschwenderisch groß ist, daß man eine grundlegende Erklärung dafür braucht. Ich finde >90% ungenutztes Verdunstungswasser schon extrem viel. Meine Erklärung dazu war nur ein Vorschlag oder Gedankenexperiment. Wäre die 'Wasserverschwendung' hoher Bäume generell größer als bei niedrigwüchsigen Arten, könnte man einen Zusammenhang mit der Wasserleitungsphysik vermuten. Natürlich reicht es nicht aus nur zwei Arten zu vergleichen. Es wäre aber schon hilfreich zu wissen, ob auch die Douglasie 'Wasser verschwendet'.
Nehmen wir mal als falsches Gegenbeispiel an, die Wasserverdunstung geschähe als aktiver Austausch mit dem CO2, und ist nur daher so groß weil der Baum sonst nicht genug 'Luft' (also Kohlendioxid) bekommt. Dann wäre ein Zusammenhang mit der Wassersäule nicht mehr so direkt gegeben, und man könnte aus der Transpirationsrate nicht auf mögliche Baumhöhen schließen.
Mir fällt aber noch ein drittes Beispiel ein, welches zumindest nicht falsch ist: Durch die verdunsteten Wassermoleküle wird Wärme abgeführt, mit anderen Worten, es ist auch ein Kühlsystem. Die Bedeutung dieser Wirkung (in unseren Breiten) kann ich aber aus dem Stegreif nicht einschätzen.
Walter, ich habe übrigens sehr bewusst 'artespezifisches Diagramm' geschrieben. Natürlich würde eine Sonnenenergie-Baumhöhen-Kurve für jede Art anders aussehen.
(*) Es gibt aber ein paar Tricks, wie die gespiegelte Sonne an einem See nutzen, zusätzlich eine Felswand als sehr großen Wärmespeicher, und dann noch per Wasserfall einen Sprühnebel erzeugen. Solche Sondersituationen passen dann eben nicht mehr in die rein schematische Rechnung.