Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge

Wipfeldürre

<< < (2/6) > >>

Waldläufer:
Hallo,
interessantes Thema. Man staunt nicht schlecht was im Thread zum erwähnten Mammutbaumtriebsterben alles schon von einem
selber und von anderen ausgebreitet wurde wenn man es nachliest.
Ich sehe folgende Hauptursache:
Der Gm ist eine Baumart mit hohem ganzjährigem Wasserbedarf. Dieser Wasserbedarf wurde als der Gm noch in der Gegend des
Coloradoplateaus wuchs durch relativ gleichmäßig verteilte Niederschläge von ca. 1500mm im Jahr gestillt.
In seinem neuzeitlichen Refugium in der Sierra Nevade herrscht im Gegensatz eine ausgesprochene Sommerdürre die er normalerweise nicht überstehen würde. Da aber Zuflüsse aus höheren Lagen stattfinden, sog. Drainagebahnen, kann er diese im Sommer anzapfen. Diese Drainagebahnen finden sich in der Regel nur in den Groves soweit nicht andere Faktoren zusätzlich das
Gedeihen ausschließen. Der Gm ist darauf programmiert durch ein flaches weitreichendes netzartiges Wurzelwerk diese Wasserbahnen anzuzapfen. Senkrechte Wurzeln spielen nur soweit eine Rolle als das Wasser in der richtigen Tiefe gefunden wird.
Bei uns steht der Gm meist auf lehmigen Böden und das netzartige Wurzelwerk ist oberflächennah. In starken Trockenperioden fällt aber diese bevorzugte Schicht trocken und der Gm hängt quasie ohne Wasseranschluß in der Luft. Verschärft wird diese Situation natürlich durch Reinbestände wo auf der Fläche noch mehr Wasser benötigt wird. Auf diese Hauptschädigung durch Wasserstreß springen dann Sekundärschädlinge wie Hallimasch, Triebsterben etc. auf. Das heißt der Gm ist dort anzubauen wo durch Topographie
und Tiefgründigkeit überdurchschnittlicher Wassernachschub gegeben ist. Vom Reinbestandsanbau ist bei uns grundsätzlich abzuraten.
Ob die Pflanzen aus dem oder jenem Grove kommen dürfte keine Rolle spielen, da die Standorte an sich identisch sind. Glaube auch nicht, daß bei uns eine große Anpassung Überlebender stattgefunden hat. Die Häufung in bestimmten Höhenlagen deuten eher darauf hin, daß dort öfters zusagende Bedingungen vorliegen.
                                                             Viele Grüße              Bernt

Bakersfield:
Hallo zusammen,

letztendlich läuft es immer auf eine Kombi aus Trockenheit und Pilz hinaus. Welcher Pilz? Darum müssen sich die Labors kümmern. Das Resultat ähnelt sich jedenfalls sehr stark.

Wie Klaus schon richtig sagte, findet bei uns eine Auslese statt. Es wurde in den letzten 150 Jahren sehr viel gepflanzt. In alle möglichen Situationen hinein. Bodenbeschaffenheit und Wasser (von oben und unten) entscheiden darüber, wie lange die Bäume es dann schaffen.

Manche geraten schon im Alter von 30-40 Jahren an die Grenze dessen, was ihr Standort hergibt. Andere trifft es dann erst später.

Die Reaktion auf den Pilz ist das Harz, welches eine zusätzliche Belastung für den Baum ist, da es ihn ja Wasser kostet. Wenn dann (erneut) nicht genug Niederschläge fallen, geht's weiter abwärts in der Spirale.

Und die Genetik kommt dann noch hinzu. Wobei nur die BMs der ersten Jahrzehnte (1850er bis 1860er) noch mehrheitlich aus dem genetisch eingeengteren Saatgut der nördlichen beiden Calaveras Groves stammen dürften.

Danach sollten die genetischen Voraussetzungen für alle Pflanzungen herkunftsmäßig gleich sein.

Soweit finde ich das alles ganz logisch. Doch was (noch) unerklärlich bleibt: welcher BM-Typ kommt mit welchen Bedingungen am besten zurecht? Wenn man die Tausenden von Fotos von BMs aus dem Register ansieht, findet man eine Handvoll verschiedener Wuchsformen in den verschiedensten Altersgruppen. Manche wirken im höheren Alter zunehmend dürr und gestresst, andere bleiben vital. Wieviel davon ist der Standort und wieviel Genetik?

Außerdem wäre es interessant zu wissen, was unter der Erde passiert. Könnte es sein, dass ab einem gewissen Punkt das unterirdische Wachstum mit der oberirdischen Entwicklung nicht mehr schritthalten kann? Und dass deswegen der Wasserbedarf nicht mehr ausreichend gedeckt wird?

Ich finde es jedenfalls großartig, dass wir hier soviele interessierte Leute, Erfahrungen und Datenmengen sammeln können, um noch mehr über die Bäume lernen zu können.

Danke, Walter, für diesen Gedankenanstoß... :)

Viele Grüße aus'm WML,
Frank

Odysseus:
Hallo,

Wassermangel scheint naheliegend.

1.) Aber warum haben die alten Bäume in Deutschland nicht dieses Phänomen? - Ich kenne keinen alten BM, der das hätte.

2.)----> Im Odenwald fallen im Schnitt 1000 mm Niederschläge im Jahr: Wipfeldürre.

3.) In Großbritannien fallen im Süden um die 600 mm, an der walisischen Küste 850 mm, etwas weiter im Landesinneren, z. B. in Welshpool um die 1000 mm Niederschläge. ------> Überall stehen BM in der Gegend rum. Aber keiner mit Wipfeldürre (Und ich bin tatsächlich ziemlich herumgekommen). Warum ist das so?

4.) In Heidelberg steht ein BM 30 Meter vom Neckar entfernt, dünn wie ein Bleistift. Schätze ihn auf 50-60 Jahre. Der war immer gesund und grün. Letztes Jahr: Wipfeldürre. Unterm Wipfel bis zum Boden ist er noch genauso grün wie vorher.

Kurz zusammengefasst: Warum haben's bei uns die alten Bäume nicht, und warum haben's, so scheint es mir, die englischen Bäume nicht?

(Übrigens, 1976 war's in England genauso trocken, und genauso lange trocken wie bei uns. Der 1976er Jahresring ist in ganz Europa auffällig dünn (Weiserjahr). Wie's 2003 in England war, weiß ich nicht. England ist im Sommer häufig genauso trocken wie hier. ----> Fast jedes Jahr gibt es in vielen Gegenden einen "Hosepipe Ban": Es ist dann das Autowaschen verboten und das Wässern des Gartens mit einem Schlauch).

---> Bernhard, du bist doch auch öfter in England und Schottland rumgedüst, hast du dort dürre BM-Wipfel gesehen?

Grüße
Walter

Bernhard:
Hallo Walter !


--- Zitat von: Odysseus am 09-November-2013, 20:32 ---

---> Bernhard, du bist doch auch öfter in England und Schottland rumgedüst, hast du dort dürre BM-Wipfel gesehen?

Grüße
Walter

--- Ende Zitat ---

Nein, habe ich nicht. Ich denke aber, daß die Niederschlagsmenge von oben nicht der alleinige Faktor ist.
Der Dicke in Schotten zeigt deutlich, daß trotz reichlicher Niederschläge, der Standort entscheident sein muß, denn: er steht auf einer Kuppe, wo nach allen Seiten das Oberflächenwasser schnell abläuft, also sich nicht lange im Einzugsbereich hält.
Es liegt nahe, daß er in einer Senke, keine Wipfeldürre erlitten hätte. Um das zu beweisen, müßten noch weitere Beispiele untersucht werden.

Grüße Bernhard

Bakersfield:
Hallo Walter,

zum klimatischen und ansichtsmäßigen Vergleich zwischen D und UK kann ich nichts beisteuern. Zu den Bodenverhältnissen werden sich andere hier äußern.

Aber zu deinem Punkt 1) fällt mir ein: das was du für die jüngeren BMs beschreibst ist eine Vorauslese, die unsere alten BMs bereits erfolgreich bewältigt haben. Und manche der jüngeren BMs werden es auch bis dahin schaffen.

Außerdem gibt es bestimmt auch bei den alten Bäumen mehr dürre Wipfel, aber da kommen ja die Sturm- und Blitzprobleme noch hinzu, welche die jungen BMs noch nicht haben. Soll heißen, so manchen dürren Wipfel hat ein Sturm heruntergerissen, bevor er uns aufgefallen sein könnte. Nur so ein Gedanke. Danach wird - wie immer - ein neuer Wipfel gebildet und der Alte ist Vergangenheit.

Viele Grüße,
Frank


Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln