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Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen

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Steffen:

--- Zitat ---Aber wenn nach einigen Jahren im Topf so ein Inzuchtskandidat in der Wüchsigkeit von den US-Sämlingen nicht zu unterscheiden ist, was ist dann an diesem Baum schlecht?
--- Ende Zitat ---

Frank, das Problem ist eben, dass man aufgrund des Wachstums von ein paar Jahren noch nicht recht viel sagen kann, außer, das Wachstum in den letzten 10 Jahren hat jetzt einem normalen Vergleich standgehalten, es bleibt da nach wie vor offen, wie das Wachstum die nächsten 200 jahre aussehen wird und was in den 200 jahren passieren mag.

Es ist zwar auch so, dass wirklich üble Genetik schon von Anfang an durch Ausfall, Wachstumsdepression usw. ausgesiebt wird, aber man kann nicht sagen, dass dann nach ein paar jahren die Fitness der Überlebenden Individuen schon feststeht.

Die Wahrscheinlichkeit bei Selbstbestäubung ist nun mal höher, dass bestimmte Genfehler sich anhäufen. Dies kann neben der unzweifelhaften mangelnden Vielfalt und dem verlust von Genabschnitten auch vor allem dazu führen, dass bestimmte Prozesse, Schutz und Reparaturmechanismen des Baumes nicht mehr so gut funktionieren wie sie sollten und das Fatale ist, das kann jeden Bereich des Baumes treffen und auch in jedem Stadium.

Diese genetische und physiologische Fitness der Bäume mag bei ein paar Exemplaren in einem größeren Bestand nichts ausmachen und kann auch was Positives haben, ich säe ja ebenfalls selbst gesammeltes Saatgut aus, wenn man aber vorhat was gutes für die Art zu tun und einen größeren bestand begründet, sollte man sich davor hüten zu einem größeren Prozentsatz Inzuchtmaterial einzusetzen.

Das selbe gilt ebenso für Stecklings oder In Vitro material, das ist fast noch schlimmer, da die Klone annähernd zu 100% identisch sind.

Bakersfield:
Hallo Steffen,

mit dem Punkt, dass manche Defekte sich erst später zeigen könnten, hast du wahrscheinlich recht. Ebensogut könnten aber die Bäume aus gesunden Kleingruppen von 5+-Exemplaren Eigenschaften haben, die sie im Laufe ihrer Lebenserwartung US-Bäumen überlegen machen könnten. Wenn nicht zumindest einige von ihnen gepflanzt würden, dann würde man für Pro oder Contra nie einen Beweis erhalten können. Das was hier vorgebracht wurde, reicht mir jedenfalls nicht. Und der Gegenseite reichen unsere Argumente auch nicht. Patt-Situation.

Ich habe auch nie behauptet, dass man mit solchen Bäumen ganze Haine gründen sollte. Man sollte sie jedoch auch nicht verteufeln.

Angesichts des Rahmen und Ausmaßes und der Zielsetzung mit der hier gezüchtet wird, erscheint mir die daraus folgende Diskussion jedenfalls reichlich überdimensioniert.

Mir fiele da noch einiges mehr dazu ein, aber ich sehe keinen Sinn darin, das hier weiterzuführen. Im Grunde sind die Verhältnisse klar und mehr Rhetorik möchte ich nicht herausfordern... ;)

Bei der Klonproblematik bin ich auch 100pro mit dir einig, Steffen.

Und wenn ich 50/50 für mein Aussaatverhältnis ansetze, dann bezieht sich das nicht auf das Verhältnis eines zusammenhängenden Bestandes, der daraus entstehen soll. Es werden wohl immer nur kleine Gruppen bleiben, die ich nach Möglichkeit weiterverfolgen möchte. Was danach passiert kann niemand hier mehr beeinflussen.

Wie gesagt habe ich gerade 3 Unzen (1 oz = 28.3g) Saatgut aus den USA (BM und KM) bestellt. Natürlich nicht nur für mich, sondern hauptsächlich für die Community und Interessenten auf der Sequoiafarm. Wenn ich die potenziell daraus resultierende Pflanzenzahl (ca. 5.000-8.000 Stück, je nach Art und Keimquote) mit heimischem Saatgut ziehen wollte, müsste ich hunderte Kilo an Zapfen sammeln. Illusorisch. Und nicht ziehlführend... ;)

Viele Grüße aus'm WML,
Frank

ac-sequoia:
Hallo,


--- Zitat --- Bleiben wir mal beim Gm um den es hauptsächlich geht. Dieser wächst in einem winzigen Areal, noch dazu stark zersplittert. Aufgrund dessen verfügt er nicht über eine große genetische Variabilität wie z.B. die Douglasie.
Die Variabilität ist aber ausschlaggebend für die Anpassungsfähigkeit einer Baumart, halbwegs zusagende Umweltbedingungen
natürlich vorausgesetzt.
--- Ende Zitat ---

Ja nur wenn man eine Baumart betrachtet, also den gesamten Genpool einer Art, wird dieser ja qualitativ nicht schlechter wenn Bäume aus Selbstbestäubung, oder sogar Klone in der Welt verteilt existieren! Würde man Klone in die Groves pflanzen um diesen stabilisieren zu wollen, dann würden bei mir auch die Alarmglocken läuten. Bei deinen Aussagen klingt es oft so, als würde sich durch die Zuchpraktiken der Forumsmitglieder der Genpool der Art degenerieren.


--- Zitat --- Nachweislich wird aber durch die Selbstbestäubung diese Variabilität vermindert, zudem können
schädliche Allele die bei einer normalen Bestäubung unterdrückt werden, die Oberhand gewinnen.   
--- Ende Zitat ---

Stimmt, bei Selbstbestäubung ist die Variabilität der möglichen Nachkommen viel geringer. Nur man muss auch bedenken, dass auch bei Bestäubungen in einem gesunden Grove unzählige "schlechte" Nachkommen entstehen. Und diese keimen garnicht erst aus, sterben früh, oder kümmern im laufe der Zeit und sterben dann durch den Druck der gesunden Nachbarn.

Die Quote dieser potentiell "schlechten" Nachkommen, ist bei Selbstung halt viel größer. Jedem der selber Mammuts aus gesammelten Samen nachzieht, ist bestimmt aufgefallen, dass die Keimquote isolierter Bäume extrem schlechter ist. Klar Alter und andere Faktoren spielen auch eine Rolle, aber hauptsächlich kann es an eben dieser Selbstbestäubung liegen.

Also diese Nachkommen, wenn sie denn überhaupt keimen, sind zu einer größeren Anzahl "schlecht" und sterben früh oder kümmern.
Aber es gibt eben auch die Nachkommen, die genau so gesund sind wie gesunde aus einer Fremdbestäubung. Und genau diese Bäume, sind es doch die später ausgepflanzt werden und nicht die kümmernden (oder längst eingegangenen).
Deswegen halte ich deine Bedenken nicht wirklich für nötig.


--- Zitat --- Praktisch erst eine Schädigung des Genoms herbeizuführen um dann zu hoffen, daß trotzdem was besseres herauskommt ist
schon sehr befremdlich. Nicht umsonst wird bei gewerblicher Vermehrung das Forstsamengesetz und das Forstvermehrungsgesetz
angewendet um eine gute Qualität des Saatgutes zu erreichen. Da würden einige Fachleute tot umfallen wenn sie eure Argumentation
hören würden.
--- Ende Zitat ---

Und das ist immer wieder der Unterschied....klar bevorzugt der Waldbau, bzw ein gewerblicher Züchter eben lieber Nachkommen aus dem potentiell besten Saatgut (Fremdbestäubung, große Variabilität). Nur das ist vor allem eine rein wirtschaftliche Sache. Ein Förster muss nunmal das Risiko für abnormale und "schlechte" Bäume so klein wie nur möglich halten.
So kann er zB. mit einem artuntypischen sehr langsamen Wachstum nichts anfangen. Wo hingegen der kleine Mammutbaumliebhaber vielleicht genau dieses Merkmal zu schätzen weiss. Und für die Art selber ist das (zB. das sehr langsame Wachstum betreffend) nicht weiter negativ. Sollte zb dieser langsamwachsende Baum am Naturstandort keimen, würde er höchstwahrscheinlich von den Nachbarn beschattet und früh eingehen. Es käme wohl nichtmal dazu, dass er seine Gene weitergeben kann, weil er nicht so alt wird. Sollte das dennoch der Fall sein, geht das Spiel von vorne los und dieser "Nachteil" muss sich ersteinmal durchsetzen. Im Normalfall ist er aber eher ein Nachteil, er setzt sich also nie wirklich durch.

Es ist doch bei so gut wie allen Züchtungen so (ausser vielleicht bei gezielt gentechnisch veränderten Organisemen), dass wenn der Mensch seine Kontrolle aufgibt, die "Urmerkmale" immer weiter zurück kommen. Eben weil es hier um Selektion und Evolution geht.

survival of the fittest....

Gruß
Andreas


xandru:
Hallo Andreas,


--- Zitat ---dass auch bei Bestäubungen in einem gesunden Grove unzählige "schlechte" Nachkommen entstehen.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---als würde sich durch die Zuchtpraktiken der Forumsmitglieder der Genpool der Art degenerieren
--- Ende Zitat ---

Das finde ich eine gute Unterscheidung. Was sich in einem Grove am Naturstandort abspielt, entzieht sich der Verantwortung der Menschen. Darum geht es in diesem Thread nicht.

Wenn jedoch Tausende von Liebhabern in Europa Zapfen sammeln und genetisch minderwertigen Nachwuchs in Umlauf bringen, ist Nachdenken angesagt. Steffen und Heiko habe ich so verstanden, dass sie vielleicht auch mal als begeisterte Laien mit dem Züchten angefangen haben, nun aber auch den Gen-Pool der europäischen Vorgarten-Population im Hinterkopf haben. Ich denke, nicht mehr und nicht weniger sollte der Hinweis auf die Inzuchtdepression beim Bergmammutbaum.


--- Zitat ---Aber es gibt eben auch die Nachkommen, die genau so gesund sind wie gesunde aus einer Fremdbestäubung. Und genau diese Bäume, sind es doch die später ausgepflanzt werden und nicht die kümmernden (oder längst eingegangenen).
--- Ende Zitat ---

Das greift vermutlich zu kurz. Wie Steffen schon schreibt:
--- Zitat ---dass bestimmte Prozesse, Schutz und Reparaturmechanismen des Baumes nicht mehr so gut funktionieren wie sie sollten und das Fatale ist, das kann jeden Bereich des Baumes treffen und auch in jedem Stadium.
--- Ende Zitat ---

Für das Wachstum und Aussehen ist nur ein kleiner Teil des Erbguts zuständig. Wenn ein Lebewesen körperlich gesund aussieht, befanden sich eben keine fatalen Fehler in diesen Abschnitten. Es gibt jedoch Unmengen an Gen-Abschnitten, die im Leben der meisten Individuen niemals aktiviert werden (z.B. Reaktionen auf extreme Grade von Stress, Feuer, Frost, Trockenheit, Nahrungsmangel), die aber dennoch zum Erbgut dieser Spezies gehören. Beim Thema Verbänderung ist die Rede von einem „genetisches Alternativprogamm“, das bei den Cristaten aufgerufen wird. Wer weiß, welche anderen wichtigen Reichtümer in Form von archaischen Sequenzen noch im Erbgut verborgen schlummern. Das gesamte, komplexe Verhalten einer Spezies ist viel umfassender als die sichtbare Erscheinung, daher gilt es Erbgutschädigungen zu vermeiden.

Umfassende Grüße,
Wolfgang

Waldläufer:
Hallo,
ich denke es hat keinen Sinn die Disskussion abzuwürgen, wenn sie einem nicht mehr passt (hallo Frank!)
oder beständig Kraut und Rüben durcheinanderzuwerfen. Danke an Wolfgang für die notwendige Klarstellung.

Wie untenstehendem Anhang auf Seite 177 zu entnehmen ist hatten zwei Altbäume bei Hermekeil auffallend schlechten Nachwuchs.
Ein geringer Antei zeigte allerdings normale Wuchseigenschaften. Ich halte es allerdings für eine Illusion zu glauben, daß der
Durchschnittsaussäaer im Forum diese Normalos vor der endgültigen Auspflanzung herausfiltern kann. Das heißt es werden
ausgerechent vom Forum/Verein weit überproportional Sämlinge mit Gendeffiziten übers Land verteilt. Hüstl.. - dabei will man doch
die Kompetenzstelle für Mammutbäume sein! Ich verstehe zwar den damit verbundenen Aussäaspaß und die Hoffnungen die im Hinterkopf herumschwirren, diese wiegen aber eigentlich nicht den Schaden auf der mit dieser Aussaatpraxis angerichtet wird.
In etlichen Jahrzehnten werden diese frei stehenden Selbstlinge dann wieder beerntet ohne Wissen über ihren Ursprung.
Ich denke hier stellen einige ihre persönlichen Egoismen über die Sache, die sie sonst so glühend verteidigen.

                                                  Viele Grüße                    Bernt
 

http://silvaegenetica.com/fileadmin/content/dokument/archiv/silvaegenetica/31_1982/31-5-6-173.pdf

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