Ich habe dieses Jahr Ende Mai einen Wildzaun abgebaut und möchte meine Erfahrungen hier mitteilen.
(1) Innerhalb von wenigen Wochen wurden (in meiner Abwesenheit) 99,9% alle Schmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium, irgendwas > 500 Stengel) bis auf die untersten 10 cm abgefressen, und zwar auch vorwüchsige, bereits >1,5m hohe Pflanzen. Überlebt haben nur 2 oder 3 in dichten Brombeeren.
(2) An die 100 junge Bäumchen verschiedener Durchmesserklasssen wurden verfegt.
Zunächst ein kurzer Abriss der Situation:
Mein 'Mikro-Grove' ist eine knapp 0,5 ha große sehr vielfältige Fläche bestehend aus einem durch Hieb und Sturm sehr stark aufgelichteten Altbestand aus Lärchen und Fichten, die übergeht in eine artenreich vergraste Fläche (ehemals Eichenwald, abgenutzt in den 60er Jahren), vor 10 Jahren von mir angepflanzt mit BM und Eichen, ein paar Bergkiefern, vereinzelte Wildobstbäume (das alles soll in 100 Jahren *unter* den bis dahin aufzuastenden BM stehen), dazu überall Vogelbeeren, welche ich aktiv fördere, sowie Ilex, Hasel, Birken, Heidelbeere, Himbeere, Epilobium, Farne, u.v.m., leider zunehmend auch Brombeeren) und ein paar alte Bäume (Wildkirsche, Eiche, Roterle, Birke) aus der Zeit vor der Abnutzung.
Die Alters-Struktur ist nahezu die eines Plenterwaldes, bei extrem viel Nautrverjüngung (vor allem Lärche, Fichte, Vogelbeeren, Eichen) und über die letzten 15 Jahre angepflanzte Bäume unterschiedlichen Alters. Daher war klar, daß eine Öffnung des Zaunes zu Ausfällen führt. Einzelne wertvolle Pflanzen (i.d.R. aber nur bis 2m Höhe) wurden daher vorab mit Einzelschutz versehen.
Aufgrund der Lage als Waldinsel mitten in weiträumigem Weideland, im insgesamt waldreichen Bergischen Land (an der Grenze zum Sauerland), ist es ein 1a Rückzugsgebiet für Rehe, welche dort regelrecht 'wohnen' und auch ihre Kitze großziehen. Feldhasen scheuche ich dort ebenfalls regelmässig auf.
Der deshalb notwendige Wildzaun umfasste nur 2/3 der Fläche, aber selbst das letzte Drittel war noch so attraktiv daß ein solider Einzelschutz notwendig war, und zwar auch für inzwischen > 10 Jahre alte Bäume. Bergmammutbäume die ich nach 8 Jahren aus dem Schutz nahm wurde sofort massiv verfegt, und alle unteren Äste abgefressen.
Ende Mai habe ich den Wildzaun abgebaut.
Bei meiner Wiederkehr Anfang Juli fand ich folgendes vor: An die 100 junge Bäumchen wurden teilweise massiv verfegt, bei Durchmessern (an der Fegestelle) zwischen einem halben cm (!) und ca. 30 cm (!).
Bei letzterem handelt es sich um einen der Bergmammutbäume außerhalb des Zaunes, deren untere Äste von den Rehen bereits früher vernichtet wurden, wonach ich bei diesem Exemplar die Aststummel abgesägt habe. Der Baum ist jetzt schätzungsweise 6m hoch. Anscheinend mögen die Rehe den astfreien Stamm. Der Fegeschaden ist aufgrund der dicken Borke nicht kritisch, geht aber knapp bis auf die Bastschicht, eine Wiederholung im nächsten Jahr würde die Rinde auf dieser Seite zerstören.
Auch armstarke Eichen und Vogelbeeren wurden verfegt. Bei Lärchen nur die Dünneren. mit glatter Rinde. Fichten wurden nur teilweise angegangen, die wenigen Birken gar nicht. Alle erreichbaren unteren Äste von BM, Kiefer, Eiche, Vogelbeere wurden verfegt und abgefressen.
Glücklicherweise hatte ich die meisten großen, ca. 12jährigen BM vorab mit einem Gürtel aus Schlagraum (aus Entbuschung) umgeben, so daß diese Bäume vollständig verschont wurden. Kleinere BM (bis hinunter zu < 5 cm hohe einjährige Sämlinge) haben sowieso einen Einzelschutz.
Es wäre kein Problem gewesen die meisten gefährdeten Bäume vorab gegen Verfegen zu schützen. Ich hatte aber einfach nicht damit gerechnet, daß die Schäden so massiv auftreten. Das 'Wüten' der Rehböcke in der kleinen Waldinsel entspricht in der Tat fast schon den Rotwildschäden (aka Hirsche) welche ich im Schwarzwald gesehen habe.
Da die wesentlichen Bäume vorsichtigerweise doch irgendwie einzeln geschützt wurden, und aufgrund der massiven Naturverjüngung, ist der Schaden für den zukünfitgen Bestand insgesamt vernachlässigbar. Allerdings muß ich vor der nächsten Fegezeit erheblich mehr Bäume schützen (vorzugsweise mit der Kokosfaser) als ich mir träumen ließ. Wie lange dieser Schutz dann hält, bis er erneuert werden muß, ist noch offen, ich hoffe daß es nur jedes 3. Jahr notwendig ist.
Mein Fazit: In diesem Bestand muß ein Fegeschutz für mehr als 15 Jahre aufrecht erhalten werden, in Einzelfällen vielleicht bis zu 20 Jahre.
Fotos kommen später, habe sie noch nicht mal verarbeitet, kann also leider etwas dauern.