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Autor Thema: Zapfen sammeln - welche Bäume ?  (Gelesen 20188 mal)

Fritz

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #15 am: 20-Januar-2009, 10:41 »

(...) In jedem Zapfen ist immer ein Anteil 'Ausschuss' dabei, aber 90% ist definitiv zuviel. Bei Saatgut aus der Sierra gelten Keimungsraten von 30% als normal (obwohl 50% vorkommen), das ist m.E. ebenfalls schon erstaunlich gering. (...) Es gibt zwar ganz allgemein bei bestimmten Lebewesen einen evolutionären Trend, die Reproduktionsenergie auf einen oder wenige Samen zu konzentrieren; dann sterben überzählig angelegte Embryonen in einem frühen Stadium ab. Bei Sequoiadendron werden die Samen aber scheinbar voll entwickelt. Das wäre eine beachtliche Energieverschwendung, und ich kann mir derzeit nicht vorstellen wie dies eine evolutionäre Anpassung sein könnte (außer der Baum wollte eine große Menge hungriger Eichhörnchen füttern). Irgendetwas scheint hier nicht richtig zu funktionieren.
(...)
Wie kommen wir dem Problem auf die Spur ?

Sehr spannendes Thema Tuff! Hier mein Senf dazu:

Es gibt bei Lebewesen ja eine sog. "Inzuchtdepression". Werden z.B. Loborpupulationen von Mäusen gehalten nimmt u.a. die Fertilität und die Keimzellenqualität ab. Bei den extrem isolierten Rudimentärvorkommen von unseren Burschen kann ich mir gut vorstellen, dass sie darunter leiden und deswegen im Verhältnis zur Samenanlage nur noch so wenig keimfähige Samen produzieren. Darwin formulierte ja mal den "banalen" Satz vom "seltenerwerden ist die Vorstufe von aussterben"

LG Fritz
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Tuff

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #16 am: 25-Januar-2009, 00:43 »

Es ist mal wieder Zeit für ein paar Quellen...sind nicht die besten, führen aber auf jeden Fall weiter.

I. Zur Entwicklung und Vitalität der Samen:

[1] John E. Kuser, Department of Horticulture and Forestry, Cook College, New Jersey Agricultural Experiment Station, Rutgers University, New Jersey: METASEQUOIA GLYPTOSTROBOIDES IN URBAN FORESTRY

[2] Zdeňka Procházková (2003): Tree seed testing in the Czech Republic. Forestry and Game Management Research Institute, Research Station Uherské Hradiště, 686 04 Kunovice, Czech Republic. In: Proceedings of the ISTA Forest Tree and Shrub Seed Committee Workshop, Prague - Průhonice, Czech Republic, October 20 – 22, 2003.

[3] D. George W. Edwards (2003): Kinetics of water absorption in fir seeds and some implications for tetrazolium tests and excising embryos. FTB Forest Tree Beginnings, Victoria, British Columbia, Canada. In: Proceedings of the ISTA Forest Tree and Shrub Seed Committee Workshop, Prague - Průhonice, Czech Republic, October 20 – 22, 2003.

[4] M. Gradečki, K. Poštenjak (2003): Germination of silver fir seeds (Abies alba Mill. ) from different seed stands in Croatia. Forest Research Institute, Jastrebarsko, Cvjetno naselje 41, 10450 Jastrebarsko, HR – Croatia. In: Proceedings of the ISTA Forest Tree and Shrub Seed Committee Workshop, Prague - Průhonice, Czech Republic, October 20 – 22, 2003.

abstracts: "Average values of germination energy and germination capacity were low. Average values of germination rate and germination capacity were 14.4 %, and 23.4 %, respectively. Average share of empty seed was 58.4 %. Increased share of empty seed directly influences diminished seed germination. The percentage of sick and rotten seed has significant impact on diminished seed germination and it is 9.7 % on average, for all plots, so the protection of seed from pathogenic fungi has to be intensified."

[5] Don Minore (1983): Western Redcedar. A Literature Review. Pacific Northwest Forest and Range Experiment Station. General Technical Report PNW-150.

[6] Dogra, Prem Dutt (1967): Seed sterility and disturbances in embryogeny in conifers with particular reference to seed testing and tree breeding in Pinaceae. Studia forestalia Suecica, ISSN 0039-3150 ; 45. Diss. Stockholm / Skogshögskolan. 97p.

[7] Kanak Sahai (2000): Late embryo mortality – A prime cause of seed sterility in some exotic pine species adapted in Kumaon Himalaya. Current Science, Vol 80, No 3.

[8] Sorensen, F.C. (1969): Embryonic genetic load in coastal Douglas-fir. American Naturalist 103:389-98.

[9] Kanak Sahai (2002): Quality analysis of seeds of Cupressus Linn. species for seed testing and plus tree selection. Dendrology. Vol. 47, Supplement: 101–104 (Eine sehr gelungene knappe Arbeit mit guten Zeichnungen.)

Gute Quellen-Sammlung bei Sorensen @ Forest Service Publications:
http://www.fs.fed.us/pnw/rmp/forest-genetics/publications/sorensen.shtml
« Letzte Änderung: 25-Januar-2009, 02:19 von Tuff »
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Tuff

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #17 am: 25-Januar-2009, 00:55 »

Welche Faktoren führen zu 'tauben Samen' ? Die Frage ist wichtig, um entscheiden zu können, bei welchen Bäumen sich eine Samenernte lohnt.

Taube Samen im eigentlichen Sinne sind leere Samen (empty seeds) ohne Embryo. Leere Samen fand ich erwähnt für Douglasie [8] und weitere Pinaceen [2,3,4], Thuja plicata [5], Cupressus [9], sowie Metasequoia [1]. Der Anteil leerer Samen kann bei Pinaceen in der Größendordnung von 40-50% liegen [2][9].

Kuser [1] schreibt zu Metasequoia:
"Metasequoia's reproductive behavior is characterized by trees' attaining female before male sexual maturity. Usually macrosporangiate strobili (female conelets) are produced when trees are 30' - 50' high; in the absence of pollen, these mature into normal-appearing cones containing empty seeds. (...) Pollination appears to be relatively ineffective at distances of more than 100 meters, and inbreeding depression is evident in the poor seed germination and lower vigor of progeny from isolated trees (Kuser 1983)."

Als Ursache in Frage kommen einerseits eine mangelhafte Bestäubung, andererseits ein genetischer Mechanismus, der Samen, die aus Selbstbestäubung entstanden sind, in einem sehr frühen Stadium wieder absterben lässt: "As a rule embryo mortality is higher in the early embryo stage because embryo from selfpollination collapses at an early stage of development, due to increased homozygosity of recessive deleterious genes, as mentioned by Fowler, Koski, Bishir and Namkoong." [7, Refs siehe dort], vgl. [8,p391]

Außer dem Anteil leer (tauber) Samen gibt es auch einen Anteil toter, abgestorbener Samen. Die Ursachen für das Absterben in späteren Stadien sind nicht geklärt, können aber beispielsweise in ungünstigen Umwelteinflüssen liegen, oder genetisch bedingt sein. Die Mortalität gefüllt erscheinender Samen (mit entwickeltem Embry) liegt bei Pinaceen in der Größenordnung von 20% [2]. Daraus ergibt sich bei Pinaceen eine totale Keimrate in der Größenordnung von 30-40%.

Sahai [9] teilt embryonale Stadien bei Cupressus in 5 Klassen ein. Interessanterweise hat er ebenfalls mit einer toten, braunen Masse gefüllte Embryokammern beobachtet, die der Klasse der tauben Samen zugeordnet wurden. Der wahre Zustand dieser Samen wird durch einen Röntgenscan nicht offenbar, vermutlich sind auch Gewichtsunterschiede zu vitalen Samen sehr gering oder nicht vorhanden, Prognosen zur Keimfähigkeit können auf diese Weise erheblich erschwert werden. Die Ursachen für die Erscheinung sind ungeklärt.
« Letzte Änderung: 25-Januar-2009, 02:39 von Tuff »
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Kiefernspezi

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #18 am: 24-Oktober-2012, 23:15 »

Hallo,

die Samengröße der Zapfen aus der Sierra unterscheidet sich nicht von der der hier ansässigen Bäume - ebensowenig im Durchschnitt wie die Größe der Zapfen.
Die Keimrate ist sehr unterschiedlich hier in Deutschland. In größeren Beständen wie im Arboretum Burgholz ist auch die Keimrate sehr hoch. Das lässt sich m.E. leicht dadurch erklären, dass mehr Samen fertil sind, da mehr Bäume Ihren Pollen abgeben, so dass die Wahrscheinlichkeit der Bestäubung der Zapfenblüte steigt.

Viele Grüße

Tuff

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #19 am: 26-Oktober-2012, 13:32 »

Andre, ist Dir bekannt, wie sich das mit nicht bestäubten Samen verhält ? Wachsen die ganz normal, nur stirbt das Gewebe dort wo sonst der Embryo wäre frühzeitig ab und wird dann krümelig-schwarz oder braun (derzeit meine Arbeitshypothese) ? Denn in der Literatur fand ich damals nur Hinweise auf 'taube = hohle' Samen, d.h. die sind wortwörtlich 'leer' und deutlich leichter. Weil das beim BM aber nicht der Fall ist, kann man gute und schlechte Samen nicht so einfach per Sinkprobe trennen.

Die Begründung mit der Bestäubungsrate entspricht ja auch der 'Lehrmeinung'. Aber ich hinterfrage Lehrmeinungen auch immer gerne. Der Bergmammutbaum jedenfalls gehörte wahrscheinlich nicht zu den Baumarten, die zu dieser Meinung geführt haben.

Bei Samen aus dem vergleichbaren Liliental im Kaiserstuhl konnte ich (in leider nur einmaligem Versuch, jedoch mit ein paar Dutzend Zapfen) keine signifikant bessere Keimrate feststellen. Daher wüsste ich es bei Burgholz gerne ganz genau ...  es wäre ein Detail von großer Bedeuetung. Wäre es Dir möglich, anzugeben, von wem Du die Burgholz- Information hast ?
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Kiefernspezi

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Re: Zapfen sammeln - welche Bäume ?
« Antwort #20 am: 26-Oktober-2012, 17:03 »

Hallo,

qualifizierte Zahlen kann ich Dir nicht von Burgholz liefern. Das waren Selbstversuche.
Da Burgholz ein Versuchswald ist, müsste es aber die gewünschten Zahlen geben.

Wie das bei den Zypressen-Gewächsen mit den Nichtkeimungsfähigen Samen ist - keine Ahnung. Da hast Du mich auf etwas aufmerksam gemacht, worauf ich noch nicht geachtet habe.

Viele Grüße
 

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