Hallo, freut mich daß mal wieder lebhaft diskutiert wird
ich war übrigens für 2 Wochen weg, das kommt bei mir ja öfter vor ...
Ich bin auch kein Forstgenetiker, habe aber im Rahmen meiner Ausblidung immerhin soviel darüber gelenrt, daß ich sehr vorsichtig geworden bin. Die Materie ist wirklich sehr komplex und allein schon was Begriffen wie 'Gen' und 'vorteilhaftes Merkmal' eigentlich bedeuten, ist nicht so einfach.
Remi, Deine Zahlenbeispiele machen die Grundprinzipien deutlich, aber die Realität ist doch komplizierter. Ein für die vorliegende Umwelt vorteilhaftes Merkmal kann sich aus einer Kombination verschiedener Gene ergeben, in der auch Gene beteiligt sind, die eine Überausprägung abmildern. 'Frosthärte' etwa kann sich aus dem Einfluss dutzender Gene ergeben, dier nur in einer bestimmten Allel-Kombination besonders günstig sind. Die meisten Gene wirken sich auch nicht nur auf eine Eigenschaft aus. Wenn man an einer Scharube dreht, geht plötzlich ganz woanders was nicht mehr.
Es gibt einen Grund, warum nach Millionen Jahren Grove-Evolution nicht alle Bäume nur AA BB sind, und die Gene a und b immer noch vorkommen. Auch wenn einiges an unnützem Ballast dabei ist - man könnte es ein 'natürliches Gleichgewicht' nennen. Es ist wichtig Gene nicht einfach in gut oder böse einzuteilen.
Remis Idee des genetischen Purging ('Remi sucht den Superstar'
) finde ich sehr interessant, und nach spätestens 10 Jahren müsste man eigentlich sehen können ob ein Baum gut wächst oder nicht. Aber auch die Warnungen vor Spätfolgen kann man nicht einfach in den Wind schlagen; immerhin könnten weniger offensichtliche Eigenschaften wie die Reproduktionsfähigkeit betroffen sein. Natürlich kann man die weitere Selektion aber einfach der Zukunft überlassen. Ich sehe nicht was daran verkehrt sein soll, vorausgesetzt man hat die Herkünfte dokumentiert.
Auch Bernts letzte Beiträge fand ich gut (also, den sachlichen Anteil). Ich sage das als jemand, der seit 10 Jahren mit ganzem Herzen dabei ist, aus selbstgesammelten Samen von mittlerweile an die hundert deutschen Bäumen (darunter viele Einzelne) spezielle 'Survivor' zu finden und in einem kleinen Genpool zusammenzuführen. Mag sein es ist eine Illusion, und nebenbei gesagt ist das Ergebnis bisher ca. 10 ausgepgflanzte Sämlinge, aus Keimlingen im 4stelligen Bereich. Aber es macht bestimmt große Freude, und ich lerne sehr viel daraus. Die amerikanischen Freunde behandle ich übrigens genauso, sie schlagen sich in der Regel etwas besser, aber die Bedingungen sind hart. In meinem Genpool werden die Sierra-Herkünfte voraussichtlich 70% ausmachen, je nachdem wie sich die noch sehr jungen 'regionalen' Herkünfte machen.
Ich kann ebenfalls bestätigen daß der Anteil tauber BM-Samen in Deutschland extrem hoch ist, eine Zeitlang habe ich Samen jeder Probe aufgebrochen um das zu prüfen (etwa
hier, die folgenden Beiträge enthalten auch noch was zum Thema). Das deutet daraufhin daß an Bernts Idee klimatische bedingter Bestäubungsprobleme etwas dran sein kann.
Andererseits, konnte ich keine Literatur finden die klar sagt, warum oder wie sich aus nicht bestäubten BM-Samenanlagen überhaupt Samen entwickeln, in denen sich dann dieses krümelige braune Zeug anstelle des Embryos findet. Es köntne auch ein (klimatisch bedingt?) abgestorbener Embryo sein, dann wäre also eine Bestäubung erfolgt.
Und schließlich werden nicht selten einfach zu junge, unreife Zapfen gesammelt, was die Keimrate erheblich senkt und zu falschen Schlußfolgerungen führen kann.
[ Bei vielen Bäumen die ich besuchte hatte ich auch große Schwierigkeiten, überhaupt einen reifen Zapfen zu finden. Vor allem am Boden liegen manchmal fast ausschließlich zu junge. Die Zapfen die ich mir von Baumpflegern aus der Krone des großen BM im Botanischen Garten Freiburg herabwerfen ließ, hatten eine deutlich bessere Keimrate als die (vom selben Baum) mehrmals von Boden Aufgesammelten (ebenfalls grüne). Möglicherweise sterben die Zapfen bei uns schon im zweiten oder dritten Jahr am Baum ab, und öffnen sich - am Boden findet man sie dann nur noch braun und leer. ]
Dennoch halte ich ein Bestäubungsproblem für sehr wahrscheinlich. Damit kann in die Wahrscheinlichkeit für Selbstbestäubung gerade in deutschen Waldbeständen erhöht sein, etwa wenn es nur noch die Pollen direkt benachbarter Zweige zur nächsten 'Blüte' schaffen - die weiter entfernter Bäume aber nicht. Diese deutschen Bestände sind übrigens m.W. fast immer einstufig / gleichaltrig und relativ dicht, was in der Bestäubung einen Unterschied macht zu den Sierra Groves, wo Pollen eines hohen Altbaumes weit streichend auch 50m tiefer noch einen Empfänger finden kann.
Ich glaube man kann durch Inzuchtexperimente interessante Varianten finden, die u.a. schon dadurch auffallen, daß sie überleben. Dieselben Varianten kann man auch in Grove-Saatgut finden, dort gehen sie aber in der Masse unter, d.h. man findet sie kaum heraus. Daß solche Varianten für spezielle Sonderstandorte geeignet sein können, ist auch meine Motivation. Allerdings werden sie wahrscheinlich auch Gene verloren haben (auch die mit den kleinen Buchstaben!).
Forstliche Ziele hatte ich dabei nie im Sinn, lediglich sehr vage eine mögliche Arealerweiterung der Spezies. Dabei steht für mich die Fähigkeit zur Naturverjüngung auch ohne Feuer im Fokus. Daher stelle ich mir hier nicht eine bestimmte Region vor (wie Deutschland) sondern einfach ökologische Bedingungen wie 'sehr wenig Wasser' oder 'zuviel Wasser' oder 'Hochlage im Gebirge'. Dabei konzentriere ich mich auf Keimung und Sämling, die beiden weitaus kritischsten Phasen. Die Frage des Feuers oder vergleichbarer Katastrophen ist dabei aber sehr viel wichtiger als die Genetik.
Für möglichst wüchsige Waldanbauten würde ich selbstverständlich Saatgut aus den Groves wählen, und dieses auch jedem Deutschen Bestand vorziehen.