(Edit: Frank war schneller ! Sein Kommentar bewegt sich anscheinend auf derselben Wellenlänge:)Intuitiv würde ich sagen, die Mammutbäume weisen hier ein erdgeschichtlich urtümliches Merkmal auf, welches einem anderen Klima entspricht.
Um das Phänomen zu verstehen muß man wahrscheinlich bei Pflanzen beginnen, die ausgesprochen wenig Apikaldominanz aufweisen. Etwa Bärlapp oder Selaginella (Moos). Mir fällt auf Anhieb nicht viel mehr ein, aber eines weiß ich sicher, um mehr Beispiele zu finden würde ich ins Tropenhaus gehen
- vor allem bei den epiphytischen Pflanzen im Kronen-Schatten des 'Dschungels' kommt es darauf an, jedem womöglich noch wandernden Lichtflecken entgegenzuwachsen; die Konzentration auf einen Haupttrieb war dort nie notwendig.
Das warme Klima mit ständig guter Wasserversorgung macht eine relativ schnelle Bewegung (sei es durch Wachstum oder aktives Wenden) erst möglich. Bei Wüstenpflanzen oder in höheren Gebrigslagen findet man diese aufgrund der verlangsamten Stoffwechselvorgänge, und der Notwendigkeit zu massivem Schutz- und Stützgewebe, nicht. Zwar kann die Zerstörungskraft dieser unwirtlichen Umwelten ebenfalls zu Vielstämmigkeit führen, hier jedoch aufgrund absterbender Knospen und Spitzen.
Wie kommt man nun von dieser 'tropischen' Situation zu den Mammutbäumen ? (Zunbächst mal nur BM und KM; bei Metasequoia u.a. sah ich bisher keine Astel oder Wuzel, bei Cryptomeria auch nicht, halte sie hier aber für sehr wahrscheinlich)
Beim KM ist das nicht so schwer, die Coast Ranges werden ja auch temperierte Regenwälder genannt und die Situation (Schatten, wenige lichte Öffnungen) ist vergleichbar. Allerdings scheinen sich beim KM (nach den Bildern die mir zur Verfügung stehen) 'Astel' eher aus Knospen waagerechter Starkäste, direkt aufwärts wachsend, zu entwickeln, anstatt aus sich an den Enden umbiegenden Seitenästen. Ich sehe ansonsten eher eine Veranlagung zum wiederholten Zwiesel (Iterationen). Hierzu fehlt mir aber einfach Bildmaterial.
Beim Bergmammutbaum denken wir an beigemischte Douglasien und Kiefern und meterhohen Schnee, das passt so ganz und gar nicht. Unter Schneelast auseinanderbrechende Kronen sind ja nicht wirklich clever, und Douglasien und Kiefern sind an Trockenheit angepasst. Trotz regelmässiger Wärmegewitter zeitweise knochentrockene Sommermonate wecken überhaupt keine tropischen Gefühle: Auch wenn wir wissen, wie die BM ihr Wasser bekommen, müssen sie doch zumindest in der Krone ein 'Trocken-Klima' erdulden. Sonnenlicht ist bei einer Reproduktion in offenen Flächen nach Waldbrand auch keine Mangelware. Wozu also immer noch diese schlangenhafte Agilität ?
Ich kann nur immer wieder betonen, daß dieser Baum urtümliche, tropische (oder genauer,
neo-tropische) Merkmale aufweist, weil er sich erdgeschichtlich gesehen noch nicht so lange in der heutigen klimatischen Situation befindet. Ein paar tausend Jahre im 'modernem' Sierra-Klima und davor die für mich immer noch rätselhafte Selektion während der Eiszeiten haben die Apikaldominanz vielleicht flexibler gemacht, aber nicht in dem Maße intensiviert (also auf 'stark' beschränkt) wie das offenbar bei unseren einheimischen 'Koniferen der Fall ist.
In der modernen Welt scheinen sich die Giant Sequoias vor allem aufgrund ihrer Größe und ihres Alters noch halten zu können - sie entziehen sich damit ein Stück weit dem täglichen Konkurrenzkampf der schnelllebigeren Arten 'Downtown'. Sie können es sich leisten, auf gelegentliche Katastrophen zu warten, nach denen sie eine neue Generation starten.
Die Eiszeiten haben die Bäume vielleicht ebenfalls nur aufgrund ihrer Größe und Langlebigkeit überdauert. Ob nun in 20m Schnee begraben (nicht mehr als ein weißer Stiefel für einen Riesen) oder in Kältesteppen in tiefen Lagen, aber immer in fühlbarer Nähe zu den hohen Gletschern der High Sierra -- bei sehr kühlen Temperaturen und verjüngungsfeindlicher Trockenheit könnten sie Tausend Jahre überdauert haben bis endlich einmal ein paar wärmere Jahre kamen.
Aus dem Eitlen Hochmuth wird aber schnell eine fatale Schwäche, wenn das Damokles-Schwert eines trocken-heißen Klimas zuschlägt, werden auch die letzten Riesen schließlich fallen.