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Feuerökologie und Erdgeschichte

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Joachim Maier:

--- Zitat von: Tuff am 27-Juli-2008, 14:53 ---Ferner hat Sequoiadendron ziemlich schlecht fliegende Samen (wie jeder ausprobieren kann) und das ist ebenfalls merkwuerdig, es spricht nicht fuer die typische Wiedereinanderungs-Strategie von Fireweed, und eine denkbare Verbreitung durch Chickarees spielt aus mehreren Gruenden praktisch keine Rolle. (Die in der Literatur zu findenden kalkulierten 400m Flugbahn beziehen sich m.E. auf einen Sturm, in dem auch meine Hose so weit fliegen wuerde wenn ich sie von der Spitze eines Sequoiadendron fallen lasse. Von einer speziellen Anpassung an Ferntransport kann hier keine Rede sein.)


--- Ende Zitat ---

Hast Du Dein Flugexperiment auch schon von 60 m Höhe aus gemacht, wo der Wind besser durchfegt und die leichten kleinen Flocken spielend weit trägt, was er auf der windstillen Höhe von bis zu 2 Metern (oder vielleicht 4 m, wenn von Balkon) niemals machen würde?

Laut Steve Sillet ist es in den Baumwipfeln recht windig und die stämmigen Riesen biegen sich sogar leicht im Wind!

...

Bischi:
Aber dennoch sind die Sequoias recht isoliert in ihren Groves, somit können die Samen keine Langstreckenflieger sein. Beim Artenvergleich, wie fliegen denn Douglasiensamen-was schonmal angesprochen wurde.
Weiß da jemand etwas drüber?

Tuff:
Hi,

Hier ist ja mittlerweile eine Menge geschehen !
Ich kommentiere mal ein paar eurer Antworten in einem Rutsch:


--- Zitat ---Pflanzen entwickeln nicht aktiv eine Ausprägung zu einem bestimmten Zweck. Die Pflanzen, welche sich in einer bestimmten Weise weiterentwickeln, welche für die zukünftigen Anforderungen in der Umwelt erforderlich sind, überleben.
--- Ende Zitat ---

Genau ! Man unterscheidet Adaption und Adaptation. Aber in der Umgangssprache reden wir halt von 'Anpassung' - wie es genau funktioniert ist oft erstmal nicht so wichtig.

Aus Hartvey 1980: GIANT SEQUOIA ECOLOGY

Schubert (1962) reported that the seeds fall at a rate of about 120 cm/sec (4 ft/sec) and may be blown laterally as much as 177 m (580 ft).

Irgendwo war mal von maximal 400m die Rede. Jeder kann es selber ausprobieren von einem Hochhaus aus, mit und ohne Wind. Habe ich noch nicht gemacht, aber wenn ich die Samen hoch in die Luft werfe sehe ich doch auch wie sie fliegen, im Vergleich zu Kiefern oder Fichten zum Beispiel.
Natürlich fliegen sie auch. Aber eben nicht besonders gut, so daß man von einer Anpassung an Ferntransport reden könnte. Das ist eine wichtige Frage wenn es um die Feuerökologie geht.

Natürlich ist es manchmal sehr windig oben im Kronenbereich. Aber Sequoiadendronsamen sind eher 'schwere Gleiter' und nicht 'leichte Segler' wie die Samen anderer Koniferen, welche richtige Segel-Flügel haben. Man muß sie sich ja nur anschauen. Es ist wie der Unterschied zwischen einem Jagdflugzeug und einem Segelflugzeug.

Sequoiadendronsdamen fliegen eigentlich nur in einem Sturm etwas weiter, und das passt zu der Art wie sie in den Zapfen 'eingebaut' sind. Sie gleiten am besten bei Erschütterungen heraus. In einem Sturm werden die Zapfen geschüttelt und geschlagen, und genau dann haben die Samen auch gute Aussichten weit zu kommen.

Nun sind die meisten Stürme in der Sierra aber im Spätherbst und Winter. Ob die Samen wirklich daran angepasst sind, monatelang im Schnee zu liegen - angesichts der Tatsache daß sie sich mehr als 40 Mio Jahre ohne diesen entwickelt haben ? Es könnte sich höchstens um eine sehr junge Anpassung handeln - vieleicht work in progress ... Es wurde aber bisher von keinem Sierraforscher berichtet, daß im Frühjahr (Mai/Juni) auch ohne vorheriges Feuer besonders viele Sequoiadendron keimen. Alle berichten hingegen daß sie in den Wochen nach einem Brand keimen, und zwar zu jeder Jahreszeit.

Die Keimlinge entwickeln sich am besten in offenem Boden, typischerweise etwa nach einem Brand. Durch das Feuer sterben Äste und ganze Kronenbereiche ab. Dann verbraunen und öffnen sich Zapfen in großer Zahl, und die Samen fallen heraus. Sie haben aber nur wenig Zeit, denn einmal Luft und Luftfeuchte ausgesetzt, beginnt die Zeituhr zu ticken. Samen die zu lange im Zapfen bleiben, oder ohne zu keimen am Boden liegen, verlieren rapide an Keimfähigkeit. Optimal wäre es wenn ein paar Wochen nach einem Feuer regelmässig ein Sturm folgen würde. Vieleicht ist das ja sogar der Fall, aber eben sehr spät im Jahr. Dann müssen Keimlinge geschützt unter der Schneedecke überwintern. Wie gesagt, es könnte funktionieren - aber 40 Mio Jahre lang waren sie es anders gewohnt.

Wahrscheinlich hat die Art, die ja in der außerordentlich langen Zeit ihrer Evolution verschiedene klimatische Bedingungen erlebt hat, mehrere Strategien. Seit langem scheint aber nur mehr die Fortpflanzung nach Feuer zu funktionieren, und zwar im Durchschnitt über relativ geringe Entfernungen.

Rundel (1971, 1972a) has stated that there is no evidence of any change in grove boundaries during the last 500 years or longer. No remnants of sequoias between the present disjunct populations have been found, although individuals or only a few trees exist a kilometer or so beyond the closest grove. There is a lone 150 year old tree, for example, at Rabbit Meadow over a kilometer north of Redwood Mountain Grove. (...) The question of how long downed giant sequoia may persist is related to the above question of grove expansion or contraction. If dead giant sequoias may persist standing for over 2000 years, as determined by Hartesveldt (1964), then evidence should be available to infer grove contraction in this case.

Die Frage wie weit sie sie sich ausbreiten können lässt sich aber schwer beantworten, weil die Keimlinge nur in den Groves geeignete Bedingungen zu finden scheinen. Anderswo, etwa auf einer regenreichen vulkanisch aktiven (oder irgendwie anders feuergeprägten) Pazifikinsel, könnten sich die Bäume vieleicht ganz gut ausbreiten.

Zu Deinen Gedanken, Jürgen: Sequoia-Wälder (Urwälder wie Wirtschaftswälder) sind auf einen zwar schmalen, jedoch langen Bereich entlang der relativ niedrigen westlichen Küstengebirge Nordamnerikas beschränkt, insgesamt soll das Areal um die 7000 km² groß sein, dazu kommen noch zahlreiche forstliche Pflanzungen außerhalb des natürlichen Areals. Sequoiadendron-Urwälder bedecken nur etwa 140 km² in der weiter im Inland gelegenen Sierra Nevada, und die forstliche Anpflanzungen sind eher marginal.


--- Zitat ---Auch der Küstenmammutbaum hat schon Feuerfestigkeit bewiesen. Leider kann ich die Quellen dafür im Augenblick nicht explizit nennen, aber es hängt jedenfalls mit Höhe, Blitzeinschlägen und der ebenfalls sehr dicken Borke (bis zu 30 cm dick) zusammen.
--- Ende Zitat ---

Das ist ganz sicher richtig. Es gibt auch in den Coast Ranges öfter Feuer - ich vermute in den tieferen Lagen, hatte aber tatsächlich Schwierigkeiten hier Genaueres zu erfahren. Immerhin gelten die Sequoiawälder ja als besonders luftfeucht. Im Gegensatz zu Sequoiadendron, ist Sequoia aber offensichtlich in der Fortpflanzung nicht abhängig von Feuer, und die Sequoia-Groves sind m.W. nicht bekannt dafür feuergeprägt zu sein. Das demonstriert, daß die dicke, rötliche, luftig-steinwolleartige Rinde auch einem anderen Zweck dienen kann. Sie isoliert zum Beispiel auch gegen Pilze und Kälte, und es ist denkbar daß eine solche Isolations-Schicht auch im Sumpf oder mitten im Wasser ein guter Schutz ist. Gerät eine solche Pflanze in ein Feuer-Regime, ist sie 'prädisponiert' und kann sich in diese Richtung weiterentwickeln. Umkgekehrt ist es ebenfalls denkbar daß Sequoia früher, zu Zeiten weiter Verbreitung, auch in einem Feuer-Regime leben konnte, diese Fähigkeit in den feuchten Coast-Ranges aber nicht mehr zum Tragen kommt.

Wir sind beim Gebirgsmammutbaum bezüglich Feuer aber noch nicht komplett. Es fehlt noch ein wesentliches Merkmal von Sequoiadendron, durch welches diese Art auch heiße Feuer überleben kann, und in dem sie sich von anderen Baumarten abhebt.

Kann es sein daß es zu selbstverständlich ist um darauf zu kommen ?

Bischi:

--- Zitat von: Tuff am 30-Juli-2008, 07:03 ---Wir sind beim Gebirgsmammutbaum bezüglich Feuer aber noch nicht komplett. Es fehlt noch ein wesentliches Merkmal von Sequoiadendron, durch welches diese Art auch heiße Feuer überleben kann, und in dem sie sich von anderen Baumarten abhebt.

Kann es sein daß es zu selbstverständlich ist um darauf zu kommen ?


--- Ende Zitat ---
Diese Eigenschaften sind beim BM doch bekannt, eine dicke Rinde sowie die Eigenschaft durch schlafende Knospen schnell wieder austreiben zu können. Mehr braucht es dafür eigentliche nicht.
(Die Wurzeln können hier außer Betracht gelassen werden, da sich der Boden nur in der allerobersten Schicht bei einem Feuer erhitzt)
Die dicke Borke schützt den Stamm vor Hitze und bewahrt darin die Energie die der Baum benötigt, um möglichst schnell genügend neues Grün für das Überleben, bzw, Weiterleben zu entwickeln.
Beim Artenvergleich: die Fichte z.B. hat diese Eigenschaft nicht, weder eine dicke Rinde, noch die Fähigkeit am Stamm neu auszutreiben. Sie wäre nach einem Waldbrand aus der betroffenen Gegend verschwunden und könnte sich dort nur durch Samenflug neu ansiedeln. Sie treibt in der Regel nichtmal nach einem Kronenbruch neu aus.
Nochmal zum Artenvergleich: KM und BM haben sich wahrscheinlich in der Baumstruktur selber durch o.g. Merkmale
den gelegentlichen Waldbränden angepasst. die Bäume sichern als Ganzes den Bestand und somit das Überleben der Art. Sie sitzen das Feuer sozusagen 'Vor Ort' aus. Beim KM ist es die Eigenschaft, besonders stark aus den Wurzeln auszutreiben und so neue Bäume zu 'produzieren'.
Andere Arten haben eine andere Strategie entwickelt, sie haben in der Evolution keine 'eingebauten' Brandschutzmaßnahmen entwickelt, sondern besiedeln die betroffenen Flächen durch flugfähigere Samen neu.
Dies könnte auch der Grund für die relative Fluguntauglichkeit der BM-Samen sein. Sie fallen einfach auf die freien,
frisch abgebrannten Flächen (auf denen vorher Pflanzen anderer Gattungen verbrannt sind), und haben dieses Areal duch Samen als erstes neu erobert. Dazu braucht es denn auch keinen starken Wind. Im Gegenteil, sehr flugfähige Samen würden sogar über die verbrannten Flächen weggetrieben werden.
Durch diese Eigenschaft kann sich der BM sogar noch ausbreiten indem er Waldbrände nutz um diese Flächen zu besiedeln.
Durch die Asche ist der Boden sogar noch frisch gedüngt, erinner mich das Bernhard Asche unter seine BM streut.
Übrigens vielleicht mal ein guter Anhaltspunkt ums sich Gedanken über die Zusammensetzung von BM-Dünger zu machen?

Joachim Maier:

--- Zitat von: Bischi am 29-Juli-2008, 22:09 ---Aber dennoch sind die Sequoias recht isoliert in ihren Groves, somit können die Samen keine Langstreckenflieger sein. Beim Artenvergleich, wie fliegen denn Douglasiensamen-was schonmal angesprochen wurde.
Weiß da jemand etwas drüber?

--- Ende Zitat ---

Vielleicht fliegen sie doch weit, haben aber dort nicht die passenden Keimvoraussetzungen, nämlich freier Boden und mineralischen Boden wie nach Waldbrand!

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