Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge
Küstenmammutbaum Sequoia sempervirens - Frosttoleranz der Herkünfte und Klone ?
Tuff:
Teo,
Diene Erfahrungen mit dem Pflanz-Zeitpunkt kannst Du ja vielleicht mal hier unterbringen ?
http://mbreg.de/forum/index.php/topic,2723.0.html
Wer KM waldbaulich anpflanzt, also wohl in größerer Zahl, hat sicher ein großes Interesse daran, das richtig zu machen, denn Winter-Schutzverpackungen kann man hier wohl vergessen ...
Holger:
Hallo Tuff: Frostschäden bei Organismen entstehen allgemein durch die Ausdehnung des Wassers beim Gefrieren. Das kann zum Reißen/Platzen der Zellwände führen. Ein weiterer Effekt ist die Kristallbildung selbst. Die Kristalle durchbohren während ihres Wachstums Zellwände und Zellorganellen. Beim Auftauen sind die dann hin. Daher gibt es einmal eine Art Frostschutzmittel wie bestimmte Zuckerarten, die den Gefrierpunkt erniedrigen und falls doch alles durchfriert, gibt es Inhaltsstoffe, die das Kristallwachstum auf kleinste Kristalle begrenzen. Es gibt ja einen Frosch, den kann man komplett durchfrieren und nach Auftauen hüpft er plötzlich munter los (wurde erstmals bei Hoimar von Ditfurth im Fernsehen gezeigt - dramatisch mit Schweißbrenner gegen Eisklotz mit Frosch drin).
Wäre ich eine Pflanze, würde ich die Wassermenge in Zellen und Gefäßen reduzieren - sozusagen ein wenig anwelken, damit Platz für die Ausdehnung bleibt und gleichzeitig viel Frostschutz-Zucker bilden.
Holger:
Mechanismus des Abhärtens -noch ein Wort dazu. Es ist ja nicht so, dass Mutationen stattfinden. Die kommen nicht häufig vor und sind eher schädlich. Es ist noch nicht so lange her, da hat man festgestellt, dass Erfahrungen vererbt werden können, sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen. Das ganze nennt sich Epi-Genetik. Jedes Lebewesen schleppt Unmengen an genetischen Code mit sich herum. Früher dachte man unnötiger Balast. Ich glaube der Wasserfloh hat 20 mal mehr Code als der Mensch. Es ist wohl eher ungenutztes Potenzial. Das Ablesen der Gene kann abgeschaltet werden. Und so blockierte (stillgelegte) Teile aber auch wieder reaktiviert werden. Welche das nun sind, wird tatsächlich durch die Umwelt geprägt. Diese Änderungen (chemisch sind es Methylierungen und De-methylierungen) sind so dauerhaft und umfassend, dass sie vererbt werden. Das heißt, dass trotz gleicher Gene sich sehr unterschiedliche Individuen ausbilden können. Bei Pflanzen wären es eher Standortanpassungen, bei Tieren und Menschen sind es oft Verhaltensweisen.
Tuff:
Das ist faszinierend oder ? Man nennt diese Gen-Schalter auch Histonkomplexe glaube ich. Bekannt sind sie schon lange (ich habe darüber schon vor 30 Jahren auf der Uni gelernt) aber daß ihre Muster sich vererben können, ist mir neu ! Offensichtlich ist es auch ein wirklich neues Gebiet auf dem vieles noch ungeklärt scheint.
Weil KM einen 6-fachen Chromosomensatz haben, in dem die verschiedenen Allele (Variationen) eines Genes wohl nicht so schnell verloren gehen können, und weil die Gattung schon extrem alt ist, wäre KM eigentlich prädestiniert, aus seinem hoffentlich reichen Fundus zu schöpfen und sich durch diesen Mechanismus an neue Umwelten anzupassen. Das bedeutet aber nicht daß es holter-di-polter von einer Generation auf die nächste geht. Es könnte vielleicht doch eher graduell in Schritten stattfinden ?
Tatsächlich wären dann aber 'Frost-Erfahrungen' wertvoll für die züchterische Selektion.
An den Methoden ändert sich hier aber generell nichts - man wird diejenigen, die Fröste relativ gut überstanden haben, weiterzüchten. Wie immer.
Tuff:
Übrigens verdichten sich für mich die Hinweise, daß die eigentliche Schadreaktion (das Vergilben und eventuell auch Absterben) nicht eine direkte Auswirkung der tiefen Temperatur ist in dem Sinne, das diese die Zellen bis in ins Chlorophyll hinein direkt zerstört; sondern daß es sich um ein Vertrocknen handelt, welches bei Sonnenschein stattfindet nachdem die Außenschicht ('Haut') der Nadeln durch den Frost aufgerissen sind.
Wäre es nicht so, wie könnte man dann grün bleibende Zweige erklären welche dieselbe Temperatur erlitten, sich jedoch im Schatten befinden ? Die Sonne spielt auf jeden Fall eine entscheidende Rolle !
Bei tiefem Frost ist die Luftfeuchte generell extrem niedrig (einfach weil der Wasserdampf auskristallisiert) und wenn dann die Sonne auf die in dieser Weise geschädigten Nadeln brennt, ist das fatal.
Und ich möchte hier nochmal auf die Methode im Weinbau zurückkommen, bei Frost zu beregnen. Und auch auf meine eigenen Beobachtungen daß im Freiland angezogene BM-Keimlinge / Sämlinge auch im Winter vertrocknet sind, jedoch nie unter Schnee.
Die meisten kennen vielleicht im Frost aufgesprungene Lippen. Wir schützen uns davor durch Lippenbalsam. Ein Nadelbaum hat seine Wachsschicht. Ist diese besonders 'dick' oder frisch, hält der Baum dem Frost besser stand. Ist sie schwach ausgeprägt oder stark erodiert (zb. durch Hagel oder einfach Dauerwind) dann ist schlecht. Daher sollte man mal darauf schauen, was die Ausbildung der Wachsschicht fördern kann. Ich denke da in erster Linie an Nährstoffe wie Kalium, und vielleicht bestimmte Spurenelemente. Und natürlich kann es auch eine genetische Komponente geben.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln