Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge
Nutzung der Mammutbäume durch Tiere (Eichhörnchen, Insekten, Vögel)
Joachim H.:
Die Kritik der Naturschützer an gebietsfremden Arten halte ich trotz der schönen Fotos und interessanten Beobachtungen für gerechtfertigt. Bei den hier gezeigten Beispielen handelt es sich meist um die Nutzung der Bäume als Habitat und weniger als Nahrungsgrundlage.
Was die einheimischen Bäume so wertvoll macht, ist ihre Funktion als Nahrungsgrundlage für Insekten, welche die 1. Stufe der Konsumenten im Nahrungsnetz darstellen. Auf den Fotos der Seqouiafarm sind die Vögel überwiegend auf Nicht-Mammutbäumen zu sehen. Und selbst wenn sich Eulen oder Spechte in Mammutbäumen aufhalten, heißt das nicht, dass sie dort Nahrung/Beute finden, welche sich von Mammutbäumen ernährt. Das Eigelege auf dem oberen Bild kann z.B. gut auch ein "Fehlgelege" sein. Sowas kommt häufig vor. Die geschlüpften Insekten gehen dann einfach zugrunde.
Um wirklich zu beurteilen, ob Mammutbäume einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität leisten, reichen solche Fotos nicht aus, sondern man muss ermitteln, welche Insekten sich vom Baummaterial ernähren. Die ganzen Tiere könnten sich etwa nur deshalb ansiedeln, weil in der Umgebung sich Insekten von anderen, einheimischen Bäumen ernähren. Einheimische Baumarten haben gerne mal eine ellenlange Liste an Fraßfeinden, wie hier zum Beispiel. Die Mammutbäume zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie kaum "Schädlinge" haben. Deshalb glaube ich auch nicht, dass ein Mammutbaumforst gut für die Biodiversität wäre.
Tuff:
Joachim,
Ich kann was zu den Bergmammutbäumen sagen. Für die Küstenmammutbäume trifft dies aber nur teilweise zu und es handelt sich ja bei diesen generell auch um ein ganz anderes Ökosystem.
Also, es gibt Untersuchungen genau zu dieser Fragestellung, und die Ergebnisse sind unegfähr so, wie Du es hier darstellst. Es gibt in Europa - bisher - fast keine Nutzung direkt als Nahrungsbaum, und auch in Kalifornien ist die Zahl der beteiligten Tierarten sehr überschaubar.
Große, alte Bergmammutbäume haben Höhlungen aller Form und Größe und bieten vor allem eines: Schutz. Das ist ihre Stärke, und darin sind sie fast unschlagbar. Etwa wohnen in Kalifornien eine Unmenge Vögel, und hier gerade die kleinen Eulenarten (Stichwort "Spotted Owl") und potentiell der Kondor, in den großen Bäumen, sowie eine große Zahl von Kleintieren wie Eidechsen und sogar Amphibien. Viele ernärhen sch auch von Insekten die in und an der Borke leben.
Das trifft natürlich prinzipiell auch für Duglasien und Kiefern zu. Aber man muss einfach sehen, daß der Lebenraum (sagen wir mal vereinfacht, die Oberfläche einschliesslich der Höhlen) eines Mammutbaumes pro Standfläche um ein Vielfaches größer ist. Allein seine schiere Größe macht also schon den Unterschied aus, dazu kommt dann die spezielle tiefrissige Borke (welche durch rasanten Wuchs bzw. Blitzschlag partiell vom Holz abheben kann wodurch wiederum Höhlungen entstehen) in welche Vögel und Insekten zudem leicht einarbeiten können, sowie die Tendenz nach Blitzschlag von oben herab auszubrennen ("Telescope Trees"), wodurch viele m lange große Hohlräume entstehen.
Man hätte die Bergmammutbäume daher eigentlich "Höhlenbaum" nennen sollen :D denn dies ist ein wesentliches Merkmal.
Ansonsten kommt diese Baumart in der Sierra selten im Reinbestand vor und auch bei uns sollte man sie in Mischungen anpflanzen, eben um die Biodiversität der Tiere zu fördern, und natürlich auch aus dem Prinzip der Ausfallsicherung (Stabilität bei Katastrophen wie zB. ein plötzlich auftretender Schadpilz oder ein Klimawandel). In meinem Mikogrove mische ich die BM mit Eichen als zweiter Hauptbaumart, diese würden wenn alles gut läuft eines Tages quasi im Unterstand stehen. Eichen wwerden von unseren einheimischen Baumarten mit weitem Abstand von den meisten Tierarten "genutzt" (also befressen) und sie sind aufgrund ihrer sehr dichten harten Borke und ihrere starken Regenerationskraft auch nicht übermässig empfindlich gegen Feuer - falls das jemals eine Option wäre in einem "deutschen Grove".
Lärchen scheinen mir auch gut geeignet (ich kenne ein Beispiel) weil sie viel Licht durchlassen und bei raschem Wuchs und großen Höhen in der Kronenschicht mithalten können.
Natürlich sollte man alle Gelegenheiten nutzen, auch weitere Baum- und Straucharten einzumischen.
Michael D.:
Hallo,Joachim !
Da du so gerne das Wort "einheimisch" verwendest : In der Natur gibt es keine "einheimischen" Pflanzen oder Tiere,da sich die Natur ständig verändert.Mammutbäume hat es ca.150 Millionen Jahre lang auf der nördlichen Erdhalbkugel gegeben,so auch in Deutschland (Ginkgo sogar weltweit ).Dies ist z.B. durch Funde in Ostdeutschland oder auch in Wächtersbach/Hessen belegt.
Ich denke mal,daß sich die Tierwelt erstmal wieder an die zurückkehrenden Arten "gewöhnen" muß.
Viele Grüße ! Michael
Tuff:
Michael, der Begriff "heimisch" ist immer problematisch vor allem wenn es um Abgrenzungen geht. Man sollte aber doch respektieren daß Worte aus gutem Grund und mit einem bestimmten Sinn erschaffen wurden.
Bei Menschen wird die Eigenschaft zu einem großem Teil durch die Muttersprache definiert 8warum eigentlich nicht von der Vatersprache, hahaha); bei Pflanzen eher durch die Anpassung an die Bedingungen einer Region, vor allem ein bestimmtes Klima, sowie durch die Integration in eine Lebensgemeinschaft. Das bedeutet bei einer Pflanze, daß sie von Tier- und Pflanzenarten "genutzt" wird (als Nahrung, Habitat, Schutz), und zwar bis zu einem Grad den man bereits als dauerhafte Anpassung bezeichnen kann.
Wir leben innerhalb des Känozoikums in einem Interglazial des Quartärs, welches Holozän getauft wurde. Die Bedingungen sind nicht annähernd vergleichbar mit dem Tertiär, in dem Sequoien noch sehr verbreitet waren. Es spielt für die Frage "heimisch" leider keine Rolle, ob eine Gattung in einem vergangenen Erdzeitalter zu ganz anderen klimatischen Bedingungne bereits einmal in Europa vorkam. Man muss schauen, ob sie hier und heute wirklich funktional zum Ökosystem dazugehört oder eher als Fremdkörper bloß auf demselben Stück Land vorkommt. Letzteres kann theoretisch übrigens auch bei einer Art vorkommen, die schon lange da ist. Nach meiner Definition ist sie dann eben niemals "heimisch" geworden.
Ob dies tendenziell auch für die Bergmammutbäume in der kalifornischen Sierra Nevada zutrifft, ist eine offene Frage. Es ist eine Tatsache, daß sie in vielerlei Hinsicht nicht sehr weitgehend in die dort typische Pflanzen- und Tiergemeimschaft integriert sind, was u.U. ihrer Feuerökologie geschuldet ist: Sie leben dort, wo alles andere wegbrennt; und sie "brauchen" im Grunde niemanden. Viel eher "heimisch" wären sie in eienr Umwelt, in der noch viele andere Arten von Feuer abhängig sind, oder in der sie zur Verjüngung nicht ausschliesslich von Feuer abhängig wären; und in der es auch direkte Fressfeinde gibt. Dies war im Tertiär sehr wahrscheinlich der Fall.
Ich persönlich sehe Bergmammutbäume (und tendenziell auch Küstenmammuts und Metasequioa) eher als Relikte an die in einer Zeitepoche, die absolut nicht ihre ist, auf ihre letzten Refugien dringend angewiesen sind. Die Frage ob sie "heimisch" sind ist daher für mich ein unfairer Maßstab. Man könnte sie vielleicht 'Ehrengäste' nennen. Dennoch ist es wichtig, zu schauen, ob und wie sich diese Baumarten integrieren, denn die Natur ist ständig in Bewegung, und was gestern noch galt, gilt schon heut oder morgen nicht mehr ... :D
Tuff:
Hornissen nutzen die Borke eines BM für Nestbau (mit Dank an den Entdecker Michael D.)
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