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Mammutbäume in Mythologie und Sage

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Tuff:
Ich habe mich vor ein paar Jahren zum ersten mal mit diesem Thema beschäftigt. Mir ging es in erster Linie um die kalifornischen Ureinwohner, ich wollte herausfinden ob diese in prähistorischen Zeiten Einfluß auf die Groves hatten, etwa indem sie Feuer legten oder sogar Sämlinge verpflanzten. Daß Feuer gelegt wurden, davon geht man heute eigentlichg aus, obwohl die Nachweise eher aus dem Osten des Kontinentes stammen.

Ich wollte nun sehen was die Ureinwohner selber darüber wissen. Daher interessieren die Ältesten Berichte und das sind 'Sagen und Legenden'.

Ich konnte online bisher aber in dieser Hinsicht nichts über Mammutbäume finden. Nur daß der Bergmammutbaum von den Miwok 'Wo-Wo-Nah' genannt wurde was den Ruf einer kleinen Eule nachahmt (Sierra Spotted Owl? Da diese in den Altbeständen häufiger vorkommt, macht der Name Sinn.) Möglicherweise also 'wowo-baum' (mit offenem 'w' wie in 'wow').
Es ist ein wenig erstaunlich daß hier kein Name gefunden wurde, der auf den Riesenwuchs abzielt.

Selbst wenn man annimmt daß es in prähistorischen Zeiten auch gewaltige Bäume anderer Arten gab, muß ein Wald wie der Giant Forest die 'First People' doch beeindruckt haben. Es kann aber sein daß derartige Erzählungen einfach nicht online sind, oder sogar nie aufgezeichnet wurden.

In zweiter Linie könnte man hier auch ersatzweise mal diskutieren, was besonders große Bäume generell für den Menschen 'psychologisch' bedeuten, denn es gibt ja weltweit einige Legenden dazu. Stichwort Yggdrasil.

Tuff:
Hier meine kleine Link-Sammlung. Natürlich konnte ich das alles gar nicht aufarbeiten; ich habe also nur stichprobenartig reingeschaut. Es ist aber generell zuviel Material um es 'durchzusehen'. Zu diesem Thema müsste man eher eine systematische Websuche machen, dann kommt es auf die Schlüsselwörter an.

http://en.wikipedia.org/wiki/Valley_and_Sierra_Miwok
http://www.cr.nps.gov/history/online_books/berkeley/steward2/index.htm
http://www.yosemite.ca.us/library/indians_of_the_yosemite/
http://www.yosemite.ca.us/library/miwok_material_culture/bibliography.html
http://en.wikipedia.org/wiki/Yokuts_traditional_narratives
http://www.yosemite.ca.us/library/dawn_of_the_world/
http://www.yosemite.ca.us/library/pohonichi_miwok_myths/
http://www.sacred-texts.com/nam/ca/scc/
http://www.sacred-texts.com/nam/ca/index.htm
http://www.sacred-texts.com/nam/index.htm
http://books.google.de/books?id=tgxQ1FBkbowC&printsec=frontcover&source=gbs_navlinks_s&redir_esc=y
http://www.fourdir.com/tfc_toc.htm
http://www.fourdir.com/california_indians_index.htm
http://www.nps.gov/history/history/online_books/series/archeology-anthropology.htm

Tuff:
Kann es einen Zusammenhang gegen zwischen Mammutbäumen und mythologischen 'Weltenbäumen' ?

Die mythologischen Wurzeln der Baumverehrung reichen generell so weit in eine Zeit der rein mündlichen Tradierug zurück, daß ein Beginn nicht mehr erkennbar ist.

Durch die versuchsweise Zuordnung mythischer Tiere wie dem Australischen Bunyip oder dem mittelamerikanischen Donnervogel zu (dann eben nicht mehr) prähistorischen Tieren hat sich der für möglich gehaltene Zeithorizont von Urmythen inzwischen auf mehrere zehntausend Jahre erweitert. Man könnte diese Idee auf die Baumverehrung übertragen und auch zu ihrer Entstehung ein quasi frühmenschliches Environment postulieren.

Werfen wir zunächst mal einen Blick auf eine Auswahl 'großer' mythologischer Bäume, die sich in den meisten Kulturen der Erde finden.

Mythische Bäume werden in der Anthropologie - nach bekannten Vorbildern aus dem indogermanischen Raum - oft Weltenbaum oder Lebensbaum genannt.

Man kann versuchen, Konzepte oder Klassen zu unterscheiden, dabei sind die Grenzen allerdings oft fließend. Ich versuche hier mal testweise eine ganz persönliche und (als Fachfremder) improvisierte Klassifizierung, die mir zur Orientierung dienen soll.


I. Yggdrasil-Klasse: Göttliche Wesen

Baumähnliche Wesen mit quasi-göttlichen Qualitäten, die sich 'in der realen Welt' (als Kosmos) befinden, diese aber nicht definieren. Ihre Eigenschaften sind oft sehr urtümlich, was sie in die Nähe von Naturgottheiten stellt.

Beispiele:

*  http://de.wikipedia.org/wiki/Yggdrasil

Yggdrasil erfüllt ebenfalls viele Kritereien der nächsten Klasse (Weltenbaum).

Jedoch werden die 9 Welten, die er berührt, nicht durch ihn beeinflusst oder definiert. Man erkennt zwar ein ordnendes Prinzip, es ist aber nicht systematisch. Vielmehr scheint es, als sei ein ursprünglicher Baumkult organisch um immer mehr Aspekte erweitert worden (was der Skaldentradition entspricht, Geschichten immer weiter auszubauen). Folgerichtig gibt es über die genannten 9 hinaus noch weitere Welten - das Gebilde umfasst oder definiert also nicht den ganzen Kosmos.

Zugleich sind einige seiner Attribute urtümlich-konkret (etwa Zweige an denen Hirsche äsen) worin ich ebenfalls eine Eigenart der Skalden vermute, Geschichten mit vertrauten Alltags-Elementen auszuschmücken um sie 'glaubhafter' zu machen. Das sind Geschichten für einfache Wikinger Menschen, keine theologischen oder kabbalistischen Konstrukte.

Es ist übrigens eigenartig mit wieviel Hingabe in der modernen Literatur versucht wird, einem mythologischen, nicht irdischen Gebilde eine irdisch-biologische Baumart zuzuordnen. Es fällt schwer, sich (als Norse) die Verehrung eines konkreten Baumes anstelle von Yggdrasil vorzustellen, weil Yggdrasil doch real und überall vorhanden war. Als Analogie, wer würde eine Marien-Ikone verehren wenn Maria im gleichen Haus wohnt.

Ähnliche Qualitäten hat der Simurgh-Baum.



II. Weltenbaum-Klasse:  Weltordnungs-Systeme

Symbolische oder abstrakte Bäume, die eine Weltordnung repräsentieren (Axis mundi) und damit den gesamten Kosmos umfassen oder durchdringen. Möglicherweise führte die Ähnlichkeit der Ordnung zu essentiellen Baum-Eigenschaften (etwa eine typische Dreiteilung odert iterativer Wuchs) zur Bezeichnung 'Baum'. Man könnte es mit der Verwendung des Wortes im 'Baumdiagramm' oder 'Stammbaum' vergleichen.

Ich würde sie, rein begrifflich, die eigentlichen Weltenbäume nennen. Solche Weltenbäume können in einem realen Baum symbolisch verehrt werden. Es ist dann jedoch klar, daß dieser nur als Stellvertreter fungiert, ähnlich wie eine Marien-Ikone ja nicht die 'himmlische Mutter' selbst ist. Selbstverständlich spielt die biologische Baumart dabei fast keine Rolle.

Beispiele:

*  http://de.wikipedia.org/wiki/Heiliger_Baum_von_Eridu

Der Baum von Eridu scheint eine einfache Weltordnung zu symbolisieren (Krone = Himmel mit Sonne, Stamm = Menschenwelt, Wurzel = Unterwelt). 

*  http://de.wikipedia.org/wiki/Sephiroth

Eiin abstraktes System in kabbalistischer Verschlüsselung (die ich nicht verstehe). Es scheint sich aber nicht um eine mythische Gottheit zu handeln.

*  http://de.wikipedia.org/wiki/Austras_koks



III. Eden-Klasse:  Sagengestalten

Besondere Bäume die aber nicht göttliche Wesen sind und auf den Bereich einer bestimmten Sage beschränkt bleiben. Sie haben eine tiefergehende symbolische Bedeutung, die jedoch nicht explizit erklärt wird, sondern reine Deutungssache ist. Beispiel Eden: Erkenntnis und Vertreibung aus dem Paradies = Bewußtwerdung der Frühmenschen und Verlassen der animalischen Sphäre.

Beispiele:

* Apfelbaum der Hesperiden

*  Apfelbaum von Eden

Tuff:
Das eigentliche Ziel soweit war es aber, herauszubekommen, was die Mammutbäume für uns so faszinierend macht, daß man schon von einem Kult (aber eher im modernen Sprachgebrauch der Jugend) oder im literarischen Sinne von einem 'Mythos' sprechen kann.

Gibt es einen Mythos Mammutbaum in unserer modernen Welt ? Ich möchte dabei zunächst mal nur auf meine eigenen Gefühle zurückgreifen. Leider kann ich diese jedoch nicht in einem der vorgenannten mythologischen Konzepte wiederfinden. Mit anderen Worten, was sie für mich so besonders macht, hat rein gar nichts damit zu tun.

Ich habe mich heute mal vor so einen Bergmammutbaum gestellt (nicht besonders groß, vielleicht 50 Jahre, mit hochgeastetem Stamm) und mich quasi selber beobachtet. Was ich zuerst wahrnehme und was meinen Eindruck auch insgesamt bestimmt, sind vor allem zwei Merkmale:

Die rote, dicke, weiche und innen fast 'flauschige' Borke; und die bizarr gebogenen Äste.
 
Diese Merkmale fesseln meine Aufmerksamkeit in einer Weise, die ich als 'einprogrammiert' empfinde. Die dazu passende Vorstellung ist mir schon früher - im Gespräch mit Kindern - aufgefallen: Die Rinde erinnert an ein dickes Fell, und die Äste an Stoßzähne eines Elefanten. In der Tat stelle ich die unbewußte Wahrnehmung des Baumes als Tier fest. Die Assoziation mit einem Mammut liegt auf der Hand, und insofern ist der deutsche Name ein genial Intuitiver und kann diesen Effekt nur noch verstärken.

Ich gehe davon aus, daß eine seltsame Ähnlichkeit zu urtümlichen, großen, felligen Tieren bei mir irgendwelche ebenso urtümlichen Instinkte anspricht. Ich würde mich dabei nicht unbedingt nur auf Mammuts festlegen aber sie dürften das Urbild sein. Es gab aber in der Megafauna der Eiszeiten noch andere große rotbraunpelzige Tierarten, wie das Wollnashorn, Riesenhirsche, oder Büffel.

Meine Theorie ist also, die Faszination der Mammutbäume kommt von tief begrabenen 'neolithischen Prägungen' die auch der moderne Mensch anscheinend noch hat, und wegen der er schier nicht anders kann, als von einen Mammutbaum fasziniert zu sein.

Weitere Faktoren kommen hinzu:

* Selbstverständlich die gewaltige Größe, die selbst auf Fotos nicht anders als beeindrucken kann;

* Die fremdartige Ökologie, die auch heute noch die Ökosysteme längst vergangener Erdepochen wiederspiegelt, und die sich als 'Gondwana-Charakter' eines Mammutbaumwaldes (egal ob Coast Range oder Sierra) direkt fühlen lässt;

* Der rapide Wuchs, der den Baum in seiner ständigen Veränderung einfach interessanter, lebendiger macht.

Wenn diese Theorie (die aber nur auf meinen eigenen Gefühlen beruht) stimmt, würde m.E. die Gattung Metasequoia nicht in der gleichen Weise Eindruck machen, weil ihre Borke weder so dick noch so deutlich rot ist, und ihre Äste - auf mich jedenfalls - weniger 'stoßzahnartig' wirken. Was nicht bedeutet daß ich sie nicht schätze. Mit ihrem wunderbrarem hellem Grün und den gelb herabhängenden Blütenständen ist sie für mich die Birke der Nadelbäume, und ich bringe ihr durchaus 'mythologische Gefühle' entgegen. Aber ich würde nicht an Mammuts dabei denken.

Jetzt wäre ich gespannt zu hören, wie es euch geht :)

ps. Frank, dein Kommentar passt doch gut, kannst ihn ja noch ergänzen..

Bakersfield:
Hallo Tuff,

sagenhafte Idee... :) Bis auf Yggdrasil hatte ich ich mit dem Thema noch nicht so recht beschäftigt.

Ich muss aber zugeben, dass ich bei den Mallornbäumen und den großen Immergrünen, die den Treffpunkt der Ents im Fangornwald säumen (HdR - Die zwei Türme), immer an die Bergmammuts denken muss. Ob Tolkien auch an sie gedacht hatte?

Viele entische Grüße,
Frank

Edit: Dieser Beitrag wird sich später selbst zerstören... ;)

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