Es ist das typische Denken eines 'Sensations-Technikers', zuerst den Sherman-Wall zu bauen und dann mit dem Kran den Baum hineinzusetzen.
Ein Biologe hätte zuerst den Baum gepflanzt, ihn anwachsen lassen, und zwei oder drei Jahre später den Wall drumherum gebaut. Das wäre ohne die Kran-Aktion leider weniger publikumsträchtig gewesen. Das dadurch gesparte Geld wäre vielleicht durch den Mehraufwand des Drumherum-Bauens wett gemacht worden. Es wäre aber eine Vorgehensweise, die dem lebendigen Baum mehr Respekt erweist als der toten Schau-Installation, die ja eigentlich nur auf das Lebendige hinweisen soll.
Lieber Michael,
einen Baum wachsen zu lassen, um dann später eine Mauer in Sherman-Ausmaßen drum herum zu bauen, hätte nicht funktioniert. Ein normal wachsender MB hat zu weit ausladendende Äste. Wie man gut an den 20 Meter entfernt stehenden MBs sehen kann. Der hätte da nicht reingepasst.
Der Baum, der da reinkam, muss im Dichtstand aufgewachsen sein. Was auch bedeutet, er könnte vielleicht mit dem wenigen Licht, das da reinfällt, zurechtkommen.
Ich persönlich hätte den Sherman gebaut wie der Prof. Und dann auf jeder Seite noch einen MB gepflanzt.
Der Mann, der das alles konzipiert hat, ist seit den achtziger Jahren ehrenamtlicher Chef des Arboretums. Er ist mehr als ein normaler Gärtner oder Gartenarchitekt. Da hat er beispielsweise ein Stück mit Blumen und Sträuchern in vielen Schattierungen der Farbe Blau angelegt - wunderbar harmonisch mit den nötigen kleinen Disharmonien -, mit einem Hinweisschild auf Picasso, für den Blau die Farbe aller Farben war. Bei den Mammutbäumen am See finden sich verkieselte Taxodienstücke aus der Braunkohle, dann hat er Bernsteinklumpen nachgebaut, in die Viecher eingeschlossen sind, und dort mit Erklärungen ausgestellt. Daneben die Erdzeitalterabfolge (ab etwa Karbon) mit ihrer Verbindung zur Entwicklung der Lebewesen usw.
Der Mann ist unheimlich rührig, ein absolutes Unikum - und weil das so ist, kommen auch viele Besucher; daher finden sich auch immer Sponsoren, die ihn unterstützen. Ich kenne auch Schlaftabletten-Direktoren von Botanischen Gärten, wo außer beschaulichen Kaffekränzchen an den Weihnachtstagen nicht viel läuft.
Ich hab einen der Offiziellen gefragt, wo denn das ganze Geld für diese Aktion herkäme. Der hat gesagt, der Mann kennt Gott und die Welt. Die helfen ihm alle.
Warum hat er den Kran genommen und das Fernsehen eingeladen? Na, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, um noch mehr Besucher anzuziehen, um dadurch auch noch andere Ideen umsetzen zu können.
Ich finde, die Sherman-Kopie ist gut gelungen und steht gut da. Und sie vermittelt einen Eindruck von der Wucht eines solchen Riesenbaumes. - Und was soll daran schlecht sein?
Ob der Baum innen ordentlich weiterwächst, wird sich erweisen. Und wenn nicht, die Sherman-Kopie bleibt auf jeden Fall stehen.
Ich bin vor Weihnachten noch einmal in Wedel/Holstein. Mal sehen, vielleicht kann ich noch mal hinfahren, um mir den Innen-Baum in ausgepacktem Zustand anzugucken.
Viele Grüße
Walter