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Autor Thema: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen  (Gelesen 108619 mal)

lodda 41

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #45 am: 06-Februar-2013, 12:02 »

haallo denis, wieso hat die wollemia in australien,in einem engen tal, wahrscheinlich alles inzucht-b äume, solange überlebt?auch im tierreich wird durch inzucht und selektion  hervorragendes gezüchtet. aberbei bäumen ist die warteziet , um selektieren zu können eine zu  lange zeit.ausserdem ist das zuchtziel auch bei bäumen endscheident. will ich wachstum alsoholz oder wie beim küstrnmammut frostresistens. ich habe in buchholz km gesehen die nach 50 jahren einen stamburchmesser von gut 1meter hatten. mfg. lothar.
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Bakersfield

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #46 am: 06-Februar-2013, 13:16 »

Hallo zusammen,

bei aller ernstzunehmender Warnwirkung und zum Nachdenken anregender Hintergrundinformation zum Thema "Genetik" sollten wir bei der Übertragung auf unsere Praxis irgendwie auch die "Kirche im Dorf lassen".

Ich hatte es ja bereits geschrieben, dass aus meinen BM-Aussaaten von heimischen Kleingruppen und Einzelbäumen nur wenige Sämlinge resultieren. Momentan sind es genau 5 (fünf, five, vijf, cinque,... ;)  ) Stück, die das Pikieren überlebt haben. Und wieviele von den Paar überhaupt das Auspflanzalter erreichen bleibt ebenfalls noch abzuwarten.

Sie werden kein Stück anders behandelt als die US-Sämlinge. Jedenfalls nix mit verhätscheln oder so... ;) Und wenn sie irgendwann schwächeln sollten, dann werde ich sie auch nicht ins "Sauerstoffzelt" verfrachten. Schade wäre aber trotzdem... ;)

Ich habe sie halt nur schon jetzt ausgesät, da ich für die Keimung mehr Zeit eingerechnet hatte. Plus den Umstand, dass die tatsächlich genetisch schwachen Sämlinge nur wenige Tage leben. Das heißt, man braucht schon ewig um überhaupt ein oder zwei Sämlinge vom z.B. Hofstetter Riesen zu erhalten.

Ob ich damit dann die Art gefährde, wenn ein paar solcher "Inzuchtbäume" in Kleingruppen mit US-Bäumen auf Weiden, Straßenrändern oder Waldlichtungen zu stehen kommen? Oder als Solitär in einem großen Garten?

Lukas hat es hier auch einmal so ausgedrückt. Die Gene dieser "besonderen"  Bäume wären auch verloren, wenn man sie gar nicht vermehren würde. Und ein zukünftiger Nachkomme mit Hofstett- und "frischen" US-Genen könnte doch ein erhebliches Potenzial in sich tragen, oder? Immer nur als Einzelvermehrung für das Privatvergnügen zu verstehen... :) ;)

Ich denke auch da sind wir wieder beim altbewährten Knackpunkt. Wir können hier keine forstwirtschaftlichen Dimensionen erreichen. Wollen wir auch nicht. Wir können aber experimentieren und querdenken. Und auch vordenken.

Soll heißen, wenn ich eine große Waldfläche zu bepflanzen hätte, dann wäre ein BM-Saatgutherkunftsverhältnis von "heimisch zu USA" besser bei 10:90 anzusetzen als 50:50. Und vegetative Vermehrung würde für mich ganz ausscheiden.

Also lasst uns bei aller "mahnenden Vorsicht" die Bodenhaftung nicht verlieren und den Leuten hier den Enthusiasmus verderben.

Denn eines kann auf gar keinen Fall zum Nachteil unserer Baumarten sein. Identifikation. Wenn ich mich mit einem Solitär identifiziere, dieser mich für die Mammutbäume und die Natur überhaupt öffnet, dann ist das immer positiv. Und wenn daraus der Wusch entsteht, diesen Baum zu vermehren, dann kann das im Normalfall auch gar kein Problem sein. Dafür sorgt Mutter Natur schon alleine durch die o.g. Fallstricke. Das möchte hier sicher auch niemand schön reden.

Wer also schnell und erfolgreich BMs züchten möchte, braucht professionell gesammeltes Saatgut aus den USA. Punkt. Der Rest ist Liebhaberei der fortgeschrittenen Art. Willkommen in der Nische, scherzhaft "Sequoianoia" genannt... :)

So und nun wieder zum großen Alphabet der Baumgenetik. Ich lese interessiert mit und mache weiter wie gehabt... ;)

SichaufdieFreiluftsaisonfreue nde Grüße,
Frank

 



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TaunusBonsai

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #47 am: 06-Februar-2013, 14:04 »

Hallo Frank,

Zitat
scherzhaft "Sequoianoia" genannt...

scherzhaft? Wir machen das hier ja nicht zum Schbass!!!


ernster Gruß aus'm Taunus vom Ralf

*hmpf*

Pee Ess: Klasse Posting von dir, kann ich mich komplett anschließen :)
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Wayne

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #48 am: 06-Februar-2013, 14:41 »

Sehe ich genauso.....tolles Statement von Frank!  :)

Gruß Wayne


Ps. Hab übrigens heute eine Lieferung über 1 kg Saatgut des UM aus China erhalten.....
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die Väter des Waldes sterben stehend

denniz

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #49 am: 06-Februar-2013, 14:46 »

Hallo Lothar,

Die Wollemia ist bis auf ganz wenige Pflanzen ausgestorben.
Es ist wirklich interessant, dass diese verbleibenden Exemplare genetisch identisch sind.
So wird dieser Bestand vielleicht von einer einzigen Überlebenden abstammen.
Der kleinstmögliche genetische Flaschenhals.

Da es aber von Metasequoia noch viele Exemplare gibt, muss man diesen Flaschenhals ja nicht künstlich,
und wohlgemerkt durch eingeschränkte Möglichkeiten oder Unwissen, herstellen.

Zitat
Ps. Hab übrigens heute eine Lieferung über 1 kg Saatgut des UM aus China erhalten.....
Super, Wayne! Den Weg werde ich auch einschlagen..

resistenten Gruß
Denniz
« Letzte Änderung: 06-Februar-2013, 15:10 von denniz »
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lodda 41

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #50 am: 06-Februar-2013, 15:28 »

  hallo frank  , ein bericht  den  ich ganz hervorragend finde.  man sollte zwischen hobby und  baumschulen sehr unterscheiden. 
hallo denniz , du hast natürlich recht, wenn du darauf hinweist, dass bei bepflanzung von grösseren flächen , auf genetische vielfalt , geachtet  werden  muss.  mfg. lothar
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sequotax

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #51 am: 06-Februar-2013, 15:55 »

Liebe Genetiker,

einen Gedanken möchte ich hier noch loswerden:
Inzuchtpflanzen sind nicht notwendigerweise krank. Nein, sie können kerngesund und bestens angepasst sein !
Nach dem Forstvermehrungsgesetz (oder so ähnlich) dürfen bestimmte Baumarten ja nur gepflanzt werden, wenn ihre Abstammung bekannt und die Erntebäume regionaler Herkunft sind.
Dadurch engt man künstlich und gewollt die genetische Vielfalt ein !
Man will den örtlichen Gegebenheiten angepasste Bäume, manche Gene stören da bloß !
(In der Wüste brauche ich keine schattentoleranten Pflanzen usw.)

Das Problem liegt woanders:
Mit der Einengung der Diversität verringere ich die Möglichkeit der Anpassung an sich ändernde Verhältnisse.
Wird ein Baum von einem spezialisierten Parasiten angefallen, dann rafft selbiger vermutlich alle dahin...
Ändert sich nichts, ist aber alles in Ordnung !

Also:
Viele Nachkommen bei Inzucht sind primär nicht lebensfähig.
Die anderen variieren von kränklich bis kerngesund (je nachdem, wie viele schlechte Anlagen jetzt reinerbig auftreten).
Den kerngesunden (mit reinerbig fast nur guten Anlagen) fehlen jetzt lediglich Anpassungspotenzen. Es sind gute Z-Bäume...

Wenn man einfach züchtet und die Natur selektieren lässt, passiert nichts Schlimmes !
Die Nachfahren eines einzelnen Ausgangsbaums werden allerdings kaum die Äonen überdauern, denn irgendwann wird mal etwas passieren auf das keiner eine passende Antwort hat...  :'(

Dewegen:
Genetische Vielfalt:  ja !
Aber nicht an jedem Ort alle Gene, nur die passenden.

Wenn es hier wärmer werden sollte, können wir ja KM-Samen aus Kalifornien besorgen. Sollte es dort kälter werden, könnten hingegen unsere Sämlinge auswandern...

LGs vom Remi
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Tuff

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #52 am: 09-Februar-2013, 23:40 »

Interessante Diskussion !

Ich habe bei meinem 'Eichengrove' (zukünftiger Urwald) absichtlich und experimentell Eicheln von verschiedenen, aus meiner Sicht besonders interessanten Bäumen Deutschlands gesammelt, um einen neuartigen Genpool zu schaffen. Die Ergebnisse geben allerdings der forstlichen Lehre bisher Recht: Die regionalen Herkünfte wachsen generell besser, würde ich nicht eingreifen wäre der Endbestand ganz von selber zu 99% regional. Allerdings beabsichtige ich einzelne Bäume absichtlich etwas zu fördern.

Einige Exemplare zeigten erwartungsgemäß auch deutlich, daß sie NICHT an das regionale Klima angepasst sind, etwas durch buschigen Wuchs (wegen ständig erfrierender Knospen) oder zu lange geile Triebe die umfallen.

Was will ich damit sagen ? Daß zumindest im Bergischen Land das Klima noch lange nicht so verändert ist, daß die regional angepassten Arten nicht mehr optimal angepasst wären. In anderen Regionen Deutschlands mag das eventuell anders sein (ist mir aber nicht bekannt).

Nun noch zu Remis 'Inzuchterholung' (Purging). In der Tat kann man durch Rückkreuzen (über mehrere Generationen, das bedeutet mindestens viele Jahrzehnte) mittelfristig alle 'nachteiligen' Gene ausfallen lassen. In der Praxis bedeutet das, bei Sterblichkeiten von über 90%, daß am Ende ein sehr reinerbiger Bestand entsteht (in Remis Beispiel also alle AA BB CC ...).

Diesem Bestand fehlt dann aber auch jede ökologische Flexibilität. Es kann ja sein, daß nach Einwandern eines neuen Schädlings, oder einer Klimaänderung, die vormals nachteiligen Gene a,b,c auf einmal einen Vorteil bedeuten. Nehmen wir mal an, sie verlangsamen das Wachstum, dafür wird aber auch festeres Gewebe gebildet (weniger Stickstoff, weniger Wasser...), dann könnte das vor Pilzbefall retten.

Solche Rückkreuzungen sind aber auf jeden Fall eine valide Bereicherung eines auf Diversität angelegten Genpooles, vorausgesetzt, es gibt viele verschiedene 'Typen'. Das Ergebnis der gegenseitigen Bestäubung wird dann aber wieder ein zufälliges Set sein, sozusagen ein Kuddelmuddel, der nicht mehr automatisch eine spezifische Anpassung bedeutet. Aus diesen Nachkommen könnte man dann aber für verschiedene Standorte neue 'Varietäten' finden. Man hätte vermutlich relativ viele 'extreme' Varianten dabei.

Die insgesamt verfügbaren Merkmale dürften aber (Mutationen mal beiseitegelassen) immer noch weitgehend denen der urheimatlichen Groves entsprechen, und man könnte dieselben Varietäten auch direkt aus diesem Genpool heraus finden. Wobei man dann vielleicht sehr viel größere Mengen braucht, um ähnlich viele 'extreme' Varianten zu finden.

Eine ganz neue Situation ergibt sich eigentlich nur, wenn man Herkünfte verschiedener Groves mischt, die sich in einigen Genen unterscheiden (was m.W. auch bei BM noch nicht belegt eindeutig wurde), oder wenn Mutationen auftreten (die übrigens auch durch Crossing over entstehen).

Genau das macht man aber, wenn man Nachkommen hier angepflanzter Bäume anzieht, da diese Bäume wenigstens anteilig ursprünglich unterschiedlicher Herkunft sein dürften. Wobei diese Herkunft oft total unbekannt und sehr oft auch nie dokumentiert wurde.

Es wäre aber effizienter, direkt Samen aus verschiedenen Groves zu beziehen, weil dieser Unterschied dann erst gesichert ist.

Egal welche Herkünfte man wählt, ob ein Individuum für eine bestimmte Region was taugt kann man nur sehen, wenn es auch den typischen, unter Umständen sehr harten, Bedingungen ausgesetzt wird. Diese Selektion von  Individuen ist aber immer nur für eine bestimmte Umwelt (inklusive Boden) gültig, und ob die Nachkommen dieser Individuen diese Kern-Eigenschaften noch aufweisen, ist eher Glückssache.

Meine kleine BM-Anpflanzung (von insgesamt circa 20 Bäumen im 'Altbestand') ist als Genpool angelegt, ohne daß ich vom Resultat klare Vorstellungen habe, einfach weil es interessant ist und Spaß macht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Purging

Noch kurz zum nativen Metasequoia-Bestand in China. Ein Grund warum es dort praktisch keine Naturverjüngung gibt, ist, weil die Einheimischen bei sehr vielen, vor allem den großen Bäumen regelmässig und bis in die Krone alle Äste abschneiden (ich bin nicht sicher warum, vermute aber Brennholz und eventuell Viehfutter ? - verboten ist nämlich nur das Fällen und sie nutzen diese 'Lücke' in den Vorschriften aus Peking) und (evtl. im gleichen Arbeitsgang?) praktisch alle Zapfen ernten die sie kriegen können, weil es eine große Nachfrage nach diesen Samen gibt. Auch Naturverjüngung wird sofort ausgegraben.
 
Übrigens handelt es sich auch hier um ein Refugium, nicht um ein Relikt einer ehemals sehr weiträumigen Population. Metasequoia war vor mehr als 2 Mio Jahren in Asien bis auf eine Restpopulation auf den Japanischen Inseln ausgestorben, von der die jüngsten Fossilien circa 1,5 Mio Jahre alt sind. Das definitive Aussterben der letzten kleinen Population (Grove) auf den Japanischen Inseln könnte natürlich auch viel später gewesen sein, ohne daß es Spuren davon gibt.

Interessanterweise deutet das genetische Muster und die Altersstruktur der kleinen, sogenannten Ur-Population in Südchina auf eine Erstbesiedlung durch Pioniere hin, die noch nicht solange zurückliegen kann, vielleicht sogar weniger als 2000 Jahre. Damit wäre (und das ist jetzt meine Idee) sogar eine ursprüngliche Anpflanzung durch Menschen möglich (man bedenke das Alter der Chinesischen Kultur) oder jedenfalls mutualistische Beziehungen wie etwa beim Ginkgo.

[]  Cindy Q. Tang, Yongchuan Yang, Masahiko Ohsawa, Arata Momohara, Masatoshi Hara, Shaolin Cheng and Shenghou Fan (2010): Population structure of relict Metasequoia glyptostroboides and its habitat fragmentation and degradation in south-central China. Biological Conservation Vol. 144, Issue 1, January 2011, Pages 279-289.
« Letzte Änderung: 13-März-2014, 21:25 von Tuff »
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TaunusBonsai

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #53 am: 10-Februar-2013, 08:57 »

Moin Micha (Tuff),

zum Glück hast du sauber und ordentlich die Quellenangabe gemacht.
Wer weiß, vielleicht wäre sonst dein "Dr. dend." in Gefahr gewesen ...    ;) :D ;D


plagiatischer Gruß aus'm Taunus vom Ralf
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Tuff

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #54 am: 11-Februar-2013, 00:00 »

Hallo Ralf,

Ich gebe zu: Ich habe mich bezüglich Metasequoia etwas provokativ ausgedrückt. Aber ich möchte dazu anregen, nicht immer alles als gegeben hinzunehmen, was man zu lesen bekommt.

Um das noch klarzustellen: Die Population in China kann erst 'vor kurzem' eingewandert sein, ohne daß der Mensch etwas damit zu tun hat. Wahrscheinlich war die 'Einwanderungs-Quelle' auch nicht Japan, sondern eine andere Reliktpopulation  'nebenan', die danach verschwand. Das alles kann tausend, oder auch hunderttausend Jahre her sein. Man müsste in der ganzen Gegend gezielt nach Fossilien suchen um das zu entscheiden.

Die Idee daß Menschen vor tausend Jahren einen Einfluß gehabt haben könnten, ist eine wilde - aber, irgendwie machen solche Fantasien die Spezies auch spannend oder ?
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denniz

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #55 am: 11-Februar-2013, 11:04 »

Hallo Tuff,
Ich finde deine Idee garnicht so abwegig. Wenn man bedenkt, dass der Mensch seit tausenden von Jahren
Pflanzenzüchtung zur Lebensmittelgewinnung betreibt, warum nicht auch zur Holzgewinnung?
Bzw. im Fall von Metasequoia Viehfutter.
Ich las erst gestern einen Artikel zur Poliploidität von Kulturpflanzen. Man versucht offenbar durch
Kreuzung wüchsigere Populationen aufzubauen, Schwerpunkt waren in dem Zusammenhang Pappelhybriden.
Dort wurde erwähnt, dass Poliploidität in Randgebieten einer Population ( z.B KM in Oregon) entsteht, wenn
durch ungünstige Temperaturschwankungen die Meiose beeinflusst wird.
Durch diese Mutation entstehen aber auch grössere Pflanzen (siehe Weizen).

gruß
Denniz
« Letzte Änderung: 11-Februar-2013, 14:28 von denniz »
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sequoiaundco

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #56 am: 11-Februar-2013, 12:08 »

Hallo Tuff,

ich wiederum halte deine These von der evtl. sogar menschlich initiierten kürzlichen Einwanderung ausgerechnet ins jetzige natürliche Verbreitungsgebiet für mehr als gewagt bzw. provokativ. Schließlich finden sich, wie auf der ganzen Nordhalbkugel, auch in China überall fossile UM-Reste (z.B. 11 000-jährig unter der Stadt Wuhan, ca. 500 km entfernt). Selbst in der kanadischen Arktis entsprach die Metasequoia-Biomassenproduktion im Tertiär der der heutigen old-growth Sequoiawälder oder der Cordillerenwälder in Südchile (Williams et al. 2003).

Deine Eichenerfahrungen (Standortrasse) zeigen, wie wichtig die Kenntnis und Beachtung der Entwicklungsgeschichte und Genetik einer anzupflanzenden Baumart ist. Leider ist das auch in China bisher zu wenig beachtet worden. Bei einer Reliktpopulation ist erwartungsgemäß die genetische Variation gering (UM: Hs= 0, 2341) gegenüber dem Durchschnitt der Gymnospermen (Hs = 0,386) (Li et al. 2005); aber sie ist erkennbar vorhanden, wie Kuser u.a. 1991 feststellten, als sie Allozymvergleiche bei den verschiedenen lokalen Herkünften machten. Verschiedene aktuellere Untersuchungen (z.B. Li et al. 2005) zeigen leider, dass diese genetische Variationsbreite bei den millionenfachen Anpflanzungen deutlich abgenommen hat. Die Massenverbreitung war sicher „gut gemeint“, aber durch Herkunftsmischung, Bevorzugung ausgesuchter Mutterbäume bei der Beerntung, Inzucht u.a. wurde zugleich langfristig gesehen die Anpassungsfähigkeit der Art gefährdet.
Die von dir zitierte Literatur (Tang et al. 2011) macht außerdem deutlich, wie im natürlichen Verbreitungsgebiet durch Umwandlung in Kulturland die Naturverjüngung ausbleibt und somit die Ursprungspopulation vom Aussterben bedroht ist.
Beide Entwicklungen belegen, wie durch planloses Handeln und Nichtbeachtung genetischer Voraussetzungen Eingriffe in die Natur katastrophale Folgen mit sich bringen können.
Seit 1984 beziehe ich immer wieder Saatgut vom gleichen Standort. Früher wollte ich mal dahin fahren. Dank dem von dir zitierten Tang u.a. erahne ich jetzt, wie es dort aussieht, und bin endgültig demotiviert.

chris  (sequoiaundco)
« Letzte Änderung: 11-Februar-2013, 12:44 von sequoiaundco »
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Tuff

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #57 am: 11-Februar-2013, 17:06 »

Hallo Chris!

Das war mir nicht bekannt, es ist ist sehr interessant ! Ich habe bisher leider nur wenig zu Metasequoia lesen können. Ich habe aber jetzt nochmal ein wenig im Internet gestöbert und folgendes gefunden:

[] Christopher J. Williams (2005): The Geobiology and Ecology of Metasequoia, Chap 9: Ecological Characteristics of Metasequoia glyptostroboides. Edited by B. A. LePage, C. J. Williams and Hong Yang. Springer 2005.

Darin: Chapter 9.2: Christopher Williams (2005): Ecological Characteristics of Metasequoia glyptostroboides: HABITAT AND NATIVE RANGE

"Most of the native population of M. glyptostroboides is found in an enclosed or blind valley at an elevation of 1050 m. The valley floor is relatively flat, predominantly underlain by Jurassic sandstone and has a drainage system dominated by the Modao River. This river terminates at the base of a Permian limestone cliff and re-emerges at the surface 10–20 km to the southeast.
(...)
Several populations of M. glyptostroboides exist as isolated stands within an approximately 800 to 1000 km2 region of Hubei, Sichuan and Hunan Provinces. It occurs as a constituent of the Mixed Mesophytic Forest and grows at elevations ranging from 800 to 1500 m (Fu & Jin, 1992). In extreme cases, unique, single-tree outliers exist away from the main populations (see Leng, this volume). Chu & Cooper (1950) reported that the largest population was centered in a 25 km long and 1.5 km wide area along the Modao River in the Shui-sha-ba Valley, Lichuan County, Hubei Province. Small stands (often less than 30 individuals) are scattered throughout this strip of land. (...) There are also scattered individuals in the Lonshan area of Hunan Province (ca. 100 km south east of the Shui-sha-ba Valley) and in Shizhu, Sichuan province (ca. 75 km south west of the Shui-sha-ba Valley). (...)
Several lines of evidence suggest that M. glyptostroboides may have been more widely distribution in the recent past. These include: (1) the aforementioned single tree outliers that may pre-date extensive human settlement of the region about 200 to 300 years ago and (2) sub-fossil remains of Metasequoia wood found in peat deposits in the Shui-sha-ba Valley and as far away as Wuhan, China (Bartholomew et al., 1983; Kuser, 1999; Yang et al., 2004). Finally, there is historical evidence (see Litoff, this volume) that M. glyptostroboides may have existed in other areas of China as late as the 1920s. There is a general consensus that human activity and expansion of agricultural activities played some role in the recent range contraction of M. glyptostroboides. This idea is supported by palynology studies that have correlated decreases in the amount of forested land cover with the expansion of agriculture in neighboring regions of China (Jiang & Piperno, 1999; Ren, 2000; Yi et al., 2003)."


Ich muß sagen, wahrscheinlich hast Du recht. Die Idee (bitte nicht These nennen!) daß Menschen an der Verbreitung beteiligt sein könnten, lässt sich nicht belegen und ist sehr unwahrscheinlich.

Allerdings, und deswegen habe ich das geschrieben, lässt sie sich auch nicht sicher ausschließen. Meine Idee war ja, daß vielleicht die Haupt-Population im Shuisha-Valley von Menschen eingeführt wurde, weil (1) der älteste Baum 'nur' ca. 400 Jahre alt ist, und die meisten bedeutend jünger sind; und (2) eine genetische RAPD Analyse nahelegt, daß die Bäume sich erst 'in jüngster Zeit' (auf die sich aber niemand festlegen mag) ausgebreitet haben, von einer kleinen Startpopulation aus. Zwar wurde das Tal erst vor 200 - 300 Jahren intensiv besiedelt; aber natürlich gibt es keinen Beleg dafür daß nicht früher schon eine Besiedelung stattfand, die danach weitgehend erloschen ist. So etwas ist oft klimabedingt, und in der Historie von Germanien etliche male vorgekommen (zB. alte Keltensiedlungen).

Die Frage die sich stellt, ist ja, wie kommen die Bäume in das abgelegene Hochtal, also flußaufwärts und hangaufwärts von eventuellen früheren Populationen ? Daß einzelne Samen 70 km weit fliegen, und sich dann auch noch ansiedeln können, halte ich für extrem unwahrscheinlich.

Also hätten wir folgende hypothetische, aber wahrscheinliche Situation: Eine größere Population, vermutlich im südlichen? Tiefland?, verschwindet, möglicherweise auch durch menschliche Landumwandlung (Reisfeldbau) bedingt. In Randbereichen überleben einzelne kleine Groves und von einem dieser Rest-Groves aus wurde dann das Hubeui-Gebiet besiedelt. Die vormaligen Rest-Groves verschwinden inzwischen, bis auf die genannten Outlier, ebenfalls

Das muss aber durch fossile Funde in direkter Nachbarschaft (100 km?) belegt werden (was ich in meinen Original-Posting ja bereits nahegelegt habe) und solche waren mir bisher nicht bekannt. Von den Quellen die mir zur Verfügung stehen, war die Neueste Yang, H. (1998) (From fossils to molecules: the Metasequoia tale continues) worin steht:

"The youngest Metasequoia fossils found in China are from Middle Miocene deposits (about 15 million years before present) in Jilin Province, more than 2,000 kilometers (1,240 miles) northeast of Metasequoia Valley, and in Taiwan, an island more than a thousand kilometers (620 miles) east of the present native opulation. Despite fifty years of intensive searching (Li 1995), no post-Miocene Metasequoia has ever been found in China."

Daher ist Dein Statement, daß es 11.000 Jahre alte Fossilienfunde gibt, äußerst interessant ! Hast Du für diese Aussage eine Referenz ? Falls es in "Geobiology and Ecology of Metasequoia" steht: Das Werk ist außerhalb meines finanziellen Rahmens und ich kann momentan auch keine Bilbiotheksbesuche machen (zuviel zu tun). Wenn Du daraus die entsprechenden Seiten scannen/kopieren könntest, wäre ich Dir sehr dankbar ! (Email steht in meinem Profil)

lg - tuff
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Tuff

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #58 am: 11-Februar-2013, 17:22 »

Mir fällt gerade auf, daß wir hier dabei sind, vom Thema des Threads abschweifen :) obwohl andererseits Metasequoia ein hervorragendes Beispiel für Inzuchtdepression ist. Aber zur Paleobiologie von Metasequoia sollten wir lieber einen eigenen Therad aufmachen - falls Interesse besteht. Ich muß aber leider jetzt schon sagen daß ich in diesem Jahr wahrscheinlich nicht mehr viel dazu schreiben oder recherchieren kann. Ich würde meinen Beitrag aber gegebenenfalls dorthin migrieren.

Um noch einmal auf die Selbstbestäubung zurückzukommen. Kleine Pionier-Populationen, die in mikroklimatisch / standörtlich verschiedene Gebiete vordringen, können dort über viele Generationen genetische Unterschiede entwickeln, welche die genetische Bandbreite der Art in der Summe sogar erhöhen, obwohl die Variabilität jeder kleinen Teilpopulation gegenüber der zentralen 'Großpopulation' geringer wurde.

Die leichten Unterschiede darf man übrigens nicht pauschal als Anpassung deuten. Sie können auch zufällig, aufgrund der geringen Individuenzahl, durch den Ausfall weniger Bäume zustande kommen und dann auch am gegebenen Standort nachteilig sein.

Solche 'Varietäten' oder 'Subspecies' (?) kann man natürlich bei der Saatgutgewinnung / Anpflanzung mischen. Ob man aber die spezifischen Typen, als solche, am Standort erhalten soll, ist eine spannende und fast schon moralische Frage. Für den Bergmammutbaum hat der NPS die klare Entscheidung gefällt, daß in einen Grove keine Fremdherkünfte eingebracht werden dürfen (dort wurde punktuell zu wissenschaftlichen Zwecken gesät oder gepflanzt.) Der Forest Service hingegen, verantwortlich für die Groves des GSNM, vertritt m.W. die Ansicht, daß die Genetik 'angereichert' werden soll.
« Letzte Änderung: 11-Februar-2013, 17:24 von Tuff »
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sequoiaundco

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Re: Selbstbestäubungsproblematik/Genetik bei Mammutbäumen
« Antwort #59 am: 11-Februar-2013, 19:11 »

Hi Tuff,

hier kurz die Quelle:  http://arnoldia.arboretum.harvard.edu/pdf/articles/523.pdf
John E. Kuser. Metasequoia glyptostroboides: Fifty Years of Growth in North America.
"Professor Li Minghe of Huazhong University in Wuhan, who was responsible for the 1991 seed shipment, reported that the species’ range had been much more extensive until quite recently; indeed, 11,000-year-old Metasequoia logs have been found buried under the city of Wuhan, about five-hundred kilometers (three hundred miles) from Modaoqi, the center of the species’ present range. This may help to explain the amount of genetic variation that still exists."

Unter  http://www.openisbn.com/preview/1402026315/  sind übrigens einige ganze interessante, allerdings lückenhafte Seiten zum Thema Verbreitungsgeschichte aus "Geobiology and Ecology of Metasequoia" als Read online lesbar.

Wichtig in diesem Zusammenhang der genanalytische Nachweis von Li u.a. 2003, dass genetischer Drift und Inselbildung schon lange vor der Entdeckung 1941 durch menschliche Kulturmaßnahmen stattfanden. 


chris  (sequoiaundco)
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