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Frage zur Genetik der Wilhelma Bäume

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xandru:
Hallo Bernt,

Schön, dass du dich mal wieder zu Wort meldest. :D :D

Und wieder, wie gewohnt, mit einem fachlich sehr fundierten Beitrag :D :D :D

Ich entnehme dem, dass die Keimquote mit zwei höchst verschiedenen Aspekten zusammenhängt:
* bei nördlichen US-Herkünften ist die „Verjüngungsfreudigkeit“ deutlich geringer,
* bei „deutschen Herkünften“ ist der Inzuchtkoeffizient (oder der Ahnenschwund) höher.
Der erste Punkt könnte für mich als Laien für einen „genetischen Flaschenhals“ sprechen: Die Individuen sind sich genetisch ungewöhnlich ähnlich, stammen also vermutlich von sehr wenigen Vorfahren ab.

Wobei du hier die spontane Varianz ins Gespräch bringst, die für die Anpassungsfähigkeit gerade im Klimawandel extrem wichtig ist. Und irgend ein Klimawandel ist ja ständig; deshalb stehen die Arten ja in einem andauernden Fließgleichgewicht. Offenbar war die Varianz der Vorfahren in Europa aber zu gering oder der Klimawandel und der Selektionsdruck der Bedecktsamer war für ihr Überleben zu groß.

Der zweite Punkt gilt vermutlich für alle Exemplare außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets, also auch für die schweizerischen, irischen oder gar neuenglandstaatlichen Bäume: Die generell starke Inzucht bei exotischen Kulturbäumen begünstigt wohl immer rezessive Erbanlagen und Erbkrankheiten.

Gut, dass du die Wernhalde in Stuttgart ins Gespräch bringst; an keinem anderen Ort in Württemberg stehen so viele Wilhelma-Mammutbäume zusammen. Die Anzahl „44“ im Register umfasst allerdings sicher auch jüngere Exemplare. Weiterhin zu erwähnen wäre Hemmingen mit 13 ungestörten Wilhelmas.

Typisch an Welzheim hingegen ist, dass der Wellingtonienpark auch zahlreiche BMs aus späteren Zeiten umfasst, so dass die Vielfalt des Saatguts größer sein dürfte. Ein ähnlich interessanter Standort gegenseitiger Befruchtung im badischen Raum dürfte die Insel Mainau sein, wo laut Register 58 BMs stehen. Davon dürfte aber nur etwa ein halbes Dutzend aus dem 19. Jahrhundert stammen.

Vielfältige Grüße,
Wolfgang

Odysseus:
Hallo Bernt,

danke für die Quellenangabe.
Ich habe mir das mal durchgelesen und auch die Tabelle zu den Ergebnissen bei Wuchshöhe und Stammvolumen mal angeguckt.

Meine Meinung: Vieles nicht sehr sinnvoll und nicht verwertbar, weil überhaupt keine Parameter zu den Standortbedingunen angegeben sind.
9-jährige Bäume wurden miteinander verglichen, wenn ich mich nicht irre.
Eigentlich kann man mit der Studie nichts anfangen.
(Eine recht gute Studie ist beispielsweise die von Jochen einmal vorgestellte. Ich hab's jetzt vergessen zu welcher Mammutbaumart).

Zu den Wuchsleistungen und der Krankheitsanfälligkeit, auch Saatgutqualität:
Die Standortbedingungen sind absolut entscheidend: welche Exposition (extrem wichtig), bis wann Spätfröste (auch ganz wichtig), unter Schirm gepflanzt (auch wichtig), Wasserversorgung (wann wie viele Niederschläge, Versorgung durch Hang/-Grundwasser in niederschlagsarmen Zeiten...

Der Standort Bad Grund beispielsweise wurde u. a. mit dem Giant Forest verglichen:
- Bad Grund (das hab ich mir mal angeguckt) scheint mir dauerfeucht. Die Bäume stehen am Hang, sehr dicht beieinander.
- Giant Forest (war ich auch mal) schien mir Anfang Juni sehr trocken. Wie die untersuchten Bäume da stehen: keine Angaben.

Zur genetischen Varianz: Insgesamt scheint es gewisse statistisch relevante Unterschiede zwischen den Groves zu geben, ebenso aber auch deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Bäumen innerhalb der Groves.

Für die Praxis verwertbare Angaben kann ich nicht entnehmen.
Bedeutet: Will man einen Mammutbaumwald pflanzen, holt man sich am besten Saatgut aus unterschiedlichen Herkünften.

Viele Grüße
Walter

Waldläufer:
Hallo,
ansich dachte ich das Thema wäre hinreichend klar geworden, aber offensichtlich muß ich noch einige Erläuterungen nachschieben.
Meine vorgenannten Darstellungen beruhen auf dem zitierten Artikel u. den Quellenartikeln.
Nun ist Libby der weltweit anerkannte Mammutbaumforscher der die ganze Welt bereist hat u. Fins ebenfalls ein überragender Wissentschaftler.
Lieber Walter, diesen zu unterstellen sie hätten einen unbrauchbaren Artikel abgeliefert löst bei mir schon mittelschweres Befremden aus.

Mal eins nach dem anderen:
Daß die Mammutbäume sich in den nördlicheren Groves schlechter verjüngen mag mehrere Ursachen haben. Die Groves liegen räumlich weit auseinander,
so daß der genetische Fluß unterbrochen ist. Bei kleinen Groves kann dies zu verstärkten Inzuchttendenzen führen, die eine erfolgreiche Verjüngung
beeinträchigen können. Zusätzlich wird das Klima weiter nördlicher ungünstiger. Voraussetzung sind sowieso Waldbrände.
Die genetische Varianz ist logischerweise in großen Groves die zusätzlich miteinander vernetzt sind oder waren größer, also im Süden des Verbreitungsgebietes.
Verfrachtet man eine Samenpopulation die womöglich nur von einer handvoll Mutterbäumen stammt in andere Länder stehen hier quasie Verwandte nebeneinander. Daher ist es wichtig hierzulande auf eine ausreichende Anzahl der Samenbäume zu achten.
Nun zu den Provenienztests die Walter bemängelt:
Hierbei werden repräsentative Samenproben aus Teilarealen des Herkunftsgebietes entnommen, in diversen Wiederholungen angepflanzt und in komplizierten
statistischen Berechnungen ausgewertet. Typische Boden u. klimaverhältnisse werden hierbei erfaßt, da sie im Erbgut der Mutterbäume verarbeitet werden.
In einem mittelgroßen Areal findet durch weiträumige Bestäubung immer eine Nivellierung des Erbgutes statt die jedoch durch die Individuen weiter untergliedert
wird. Bei aller Komplexität haben sich die diversen Versuche als sehr aussagekräftig erwiesen.
Es ist allgemein üblich auch sehr junge Versuche auszuwerten da hier bereits signifikante Trends ablesbar sind.

                                                                VG      Bernt

Waldläufer:
....

Waldläufer:
Hallo,
zweimal hält besser. Hier nochmal ein Foto zweier gleichalter Gebirbsmammutbäume aus einer Absaat aus Lorch/Bwttg. wo ca. 6 Altbäume der Wilhelmasaat stehen.
Der vordere kleinere hat eindeutig Symptome der Selbstbestäubung. Da bei mir nicht gedüngt wird steht auch der hintere nicht so übertoll da, leichte Frostverbräunungen inklusive. Der Unterschied ist aber schon gravierend.
Je nach Samenquelle sollte man diesen Aspekt im Auge behalten. Je nach späterem Verwendungszweck sollte man sich aber auch durchaus überlegen ob die
vielfach gepriesene Verwendung zusätzlicher exklusiver Bodenverbesserungsstoffe u. überreichlichem Dünger diese Symptome verschleiert u. die böse
Überraschung eben nach dem Auspflanzen kommt. Wobei das Aussortieren von verdächtigen Sämlingen den allermeisten verständlicherweise schwerfällt.
                                                   VG          Bernt

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