Ihr habt die Auflösung meiner Frage schon mehrfach genannt, aber es wird meiner Meinung nach nicht ausreichend beachtet und ist wert einmal genauer angeschaut zu werden.
Das ist was man normalerweise denken würde (Zitat:) ...
Diese Eigenschaften sind beim BM doch bekannt, eine dicke Rinde sowie die Eigenschaft durch schlafende Knospen schnell wieder austreiben zu können. Mehr braucht es dafür eigentliche nicht.Aber da gibt es einen Haken: Die Rinde ist nicht
feuerfest.Schaut euch mal die Bilder aus der Sierra an. Alle großen Bäume haben gewaltige Brandlöcher !
Die Mammutbaum-Borke ist offensichtlich nur
feuerabweisend, nicht
unbrennbar. Heiße Feuer, welche sich durch diese dicke Borke hindurch brennen und metertief in den Stamm hineinfressen, würden jeden anderen Baum verbrennen. Die große Menge herabfallender Triebe und Äste vom Mammutbaum selbst bildet den Grundstock für das Bodenfeuer rings um den Altbaum, dazu kommen natürlich kleinere Bäume und Gebüsch. Gerade am Stammfuß hangaufwärts sammeln sich große Mengen an 'Litter' an, vor allem auch abgebrochene Äste und Kronenteile anderer Bäume, und genau dort befinden sich meistens die großen Brandhöhlen.
Es stellt sich die Frage wieso die Alten überhaupt noch stehen. Die Antwort lautet: Das Feuer erstickt im Inneren an Sauerstoffmangel. Das funktioniert aber nur bei einem außerordentlich
dicken Baum, und das ist die Art und Weise wie Sequoiadendron
heiße Feuer überstehen kann. Damit wird plötzlich klar, wieso der Gebirgsmammutbaum von klein auf ein unglaubliches Tempo beim Dickenwuchs an den Tag legt, sich durch schier gar nichts davon abhalten lässt (nicht mal durch schlechten Boden) und lieber eingeht, als im Halbschatten langsam zu wachsen. Sie sind sozusagen darauf 'geprägt' (sorry, Jo) daß ein Baum unter 2-3m Dicke noch extrem gefährdet und somit für die Population sozusagen noch gar nicht richtig vorhanden ist. Kinder und Teenager in einer sehr harten Umwelt, sozusagen.
Das aber hat gravierende Konsequenzen für das Verständnis der Art und Weise, wie diese Art mit Feuer 'umgeht'. Im Gegensatz zu den 'Fernfliegern' ist der Kurzstrecken-Besiedler Sequoiadendron offenbar darauf angewiesen, mitten im Feuer stehen zu bleiben. Das ist die Schmiede seiner Evolution, der Ort wo sich die Spreu vom Weizen trennt
Während andere verbrennen, und von außerhalb wieder einwandern, so daß extrem große dicke und damit alte Exemplare kaum eine Rolle spielen, ist Sequoiadendron auf die Alten Recken
angewiesen.
Man muß sich das mal in Ruhe vor Augen führen. Eine Holzpflanze die zu ihrer Vermehrung darauf angewiesen ist mitten ins Feuer zu gehen und dort fast zu verbrennen. Ich finde das sehr beeindruckend.
(Disclaimer: Es folgt ein Absatz mit bewusst vermenschlichter Ausdrucksweise)
Nun wird niemand behaupten wollen daß sie diese äußerst harte Lebensweise Spaß macht. (Ralf wird das sicher besonders gut verstehen
) Ich gehe davon aus, daß sie es vor den Eiszeiten irgendwie leichter hatten und daß es es die Prädisposition an diese Lebensweise war, die ihnen ein Überleben in der Sierra ermöglicht hat. Andersherum gesagt, wenn sie das nicht geschafft hätten, würden sie einfach nicht mehr existieren. Es ist sehr hart und funktioniert auch nicht besonders gut, aber ihnen blieb nur die Wahl zwischen dem Feuer und dem Aussterben.
Es fragt sich unter welchen Bedingungen Sequoiadendron diese verblüffenden Eigenschaften erworben haben mag. Es ist normalerweise so: Eine Art zieht sich vor einem feindlichen Einfluß zurück. Eine vitale Population die jenseits dieses Einflussbereiches lebt, stellt zahlenmäßig den Genpool der nächsten Generationen. Einige wenige (aufgrund bestimmter Gene) im Katastrophengebiet Überlebende spielen dann fast keine Rolle, ihr Input vermischt sich in den nächsten Generationen und verschwindet schließlich wieder. Eine Anpassung an eine feindliche Umwelt (als Folge der Selektion) kann also nur erfolgen, wenn es keine weitere Population 'außerhalb' gibt, wenn es populatioßnsgenetisch kein Ausweichen geben kann. Dann sind die Überlebenden der Katastrophe der Genpool der nächsten Generationen.
Wenn man im Falle von Sequoiadendron einmal testweise annimmt daß das Feuer 'überall' war, würde das auf ein relativ klar begrenztes Verbreitungsgebiet hinweisen, vergleichbar mit einer Insellage. Die Sierra hat erst vor 10 Mio Jahren begonnen zu existieren. Sequoiadendron war vorher über 40 Mio Jahre lang im 1000-2000m hohen vulkanischen Inlandplateau im gebiet des heutigen Great Basin-Idaho-Arizona-Utah-Nevada zuhause. Dieses Plateau war im Westen vom Interior Seaway, einem Meeresvorstoß aus dem Süden begrenzt (bzw. in Zeiten mit niedrigem Meersepsielgel von einem ausgedehnten Sumpwald), im Osten vermnutlich von sehr trockenen Gebieten. Über den Norden weiß ich nichts, aber in diese Himmelsrichtung werden die tertiären fossilen Funde immer weniger und aus Canada sind mir bisher nur ganz wenige aus dem Quartär bekannt (habe sie aber noch nicht validiert). Im Süden war das Meer. Man kann die Situation also als Insellage auffassen.
Ich vermute, daß die Vorfahren sich an ein Leben diesen höheren Lagen angepasst haben (etwa, indem sie mit dem Inland-Plateau zusammen aufgestiegen sind) und gegenüber der Tiefland-Sumpfwälder konkurrenzschwach wurden. Wenn dort 'oben' regelmäßig großflächige Feuer wüteten, haben wir genau die oben beschriebene Situation.
Solch extrem großflächige Feuer könnten sehr gut durch eine hohe vulkanische Ausbruchfrequenz mit regelmäßigen Ascheregen bedingt sein. Bei einer Art die mehr als tausend Jahre alt wird, kann ein Ausbruch alle hundert Jahre schon ein starker Selektionsfaktor sein. Es kann auf diesem Plateau natürlich auch sehr großflächige blitzinduzierte Feuer gegeben haben. Zumindest wird dort, der einzigen nennenswerten Erhebung in diesen Breitengraden, sicher häufig der Blitz eingeschlagen haben. Aber aus demselben Grund wird es auch viel Wolken-Nebel gegeben haben, und das damals grundsätzlich subtropisch-feuchte Klima spricht auch nicht gerade dafür.
Wie auch immer das Feuer ensteht: Je öfter ein Baum überlebt, desto stärker wird sein Anteil am Genpool. Bäume ohne ausreichende Wuchsgeschwindigkeit und ohne dicke Borke werden immer seltener.
Ferner enthält Asche viele Salze, insbesondere Kalium. Daher mussten sich die fernen Vorfahren, vermutlich ganz ursprünglich Sumpfwaldpflanzen maritimer Bereiche, nie daran gewöhnen, diese Salze besonders effizient aufzunehmen. So würde sich der hohe Salzbedarf von Sequoiadendron-Keimlingen erklären lassen.
Das ist zunächst mal nur eine gute Story. Für eine profunde Theorie fehlen hier noch jede Menge Belege, und die Zusammenhänge sind auch sehr stark vereinfacht. In der Natur gibt es immer viele Ursachen gleichzeitig. Insbesondere der Vergleich mit anderen Arten muß die Geschichte auf den Prüfstand stellen.
Warum haben andere Baumarten in derselben Gegend nicht dieselbe Strategie entwickelt ?
Gibt es irgendwo in der Welt Pflanzen die eine ähnliche Anpassung zeigen ? Wie funktioniert Feuerökologie woanders ? Und warum genau ist Sequoiadendron eigentlich überall sonst ausgestorben. Es gab doch immer Blitze, Feuer und auch Vulkanismus irgendwo.
Und wie haben sie die Eiszeiten überlebt ? Sind sie 'gewandert' und bedeutet daß, sie konnten sich zu dieser auf einmal Zeit ohne Feuer ausbreiten ? ODer hat es auch inden Eiszeiten gebrannt ? Wie mag es funktioniert haben ?
Es gibt ein historisches Beispiel guter Verjüngung ohne Feuer, aus der Zeit um 1900. Damals wurde das große Converse Basin vollständig entwaldet. Dabei wurde der Boden heftig aufgwühlt. Es sah hinterher aus wie ein verwüstetes Schlachtfeld. Nur der (nach dem Chef der Logging-Company benannte) Boole-Tree blieb übrig. Von ihm, aber vor allem auch von den Kronen am Boden fielen Millionen Samen auf den Boden, und sehr rasch wuchs wieder ein ausgesdehnter Sequoiadendronwald heran. Der Boole-Tree ist mittlerweile aus der Ferne nicht mehr zu sehen, so viele hohe Bäume stehen um ihn herum. In dem Gebiet hat es später mehrmals heftig gebrannt, so daß es heute kein gleichförmiger Wald ist.
Ich schlage vor sich die Bäume aus der Sierra mal in einer anderen Umwelt vorzustellen, beispielsweise in den Anden, auf vulkanischen subtropischen Pazifikinseln, im Mittelmeer, im hohen Norden (etwa in Schottland oder sogar in den Vulkangebieten Islands), in den Kalkalpen, im Nebelwald der Anden Ecuadors. Und sich dann herabfallende Samen und Keimlinge vorzustellen. Was könnte funktionieren ? Wie würden dort Feuer aussehen, oder wie kann es dort sonst zu 'offener Erde' kommen ?
Runterscrollen, unten kommt eine Liste von Carols Exkursionen
http://www.tarol.com/sequoias.htmlEine lesenswerte Geschichte:
http://www.tarol.com/washington_tree.htmlFederal Forest Service Entry
http://www.fs.fed.us/database/feis/plants/tree/seqgig/all.html#FIRE ECOLOGYps. Ich gehe davon aus daß die unteren Äste von Altbäumen durch die nach einem Feuer wieder aufwachsende Konkurrenz (Douglasien, Calocedrus, Kiefern) beschattet werden und absterben. Das kann genausogut auch schon bei Jungbäumen passieren. Ab einer gewissen Borkendicke treibt Sequoiadendron nicht mehr aus dem Stamm neu aus.
In einem heißen Feuersturm (bei Wind) können relativ junge und weniger hohe Nachbarbäume (meistens wohl anderer Arten) bis in ihre Kronen entflammt werden. Dann verbrennen die Flammen ebenfalls die unteren Mammutbaumäste. Vielleicht treibt der Baum auch aus einiegen dieser Äste wieder aus, und das Spiel wiederholt sich nach Jahrzehnten. Irgendwann hat der Altbaum unten einfach keine Äste mehr, oder nur noch ein paar Starkäste, die dem Feuer widerstehen konnten und dann immer dicker werden, was zu den bekannten skurrilen Gestalten führt.