Ich möchte noch einmal auf die oben angegebene Untersuchung an Fichten von Senser & Beck 1977 zurückkommen.
Hier steht in der Zusammenfasung, nochmal zusammengefasst, folgendes:
Es wurde die Photosyntheseaktivität von isolierten Chloroplasten (der 'grüne Stoff' in den Nadeln) unter idealen Laborbedingungen gemessen. Aus Sommerzweigen isoliert, war diese (logisch) hoch. Aus Winterzweigen war sie sehr niedrig. Die Chloroplasten sind also im Winter irgendwie anders als im Sommer, und reagieren kaum noch auf Sonnenlicht.
Ferner wurden die zu unterschiedlichen Jahreszeiten geernteten Zweige im Labor -20°C ausgesetzt. Während die Winterzweige dies ohne größere Probleme überstanden, wiesen die Sommerzweige Frostschäden auf: Trotz vorsichtigem Auftauen 'degradierte' das Chlorophyll der Sommerzweige. Die aufgetauten Sommer-Chloroplasten waren zudem allesamt 'tot' (inaktiv). Die Winterchloroplasten überstanden den Prozess ohne Schaden.
Die Forscher gehen davon aus, daß Frostschäden bei Fichtenchloroplasten nicht auf direkte Schädigung durch die Temperatur zurückzuführen ist, sondern durch toxische Stoffe bewirkt wird, welche die Chloroplastenmembran ('Haut') angreifen und zersetzen. Diese Stoffe entstehen in den Zellen erst beim Auftauen. Also nicht die Chloroplasten selber werden durch die Kälte angegriffen, sondern andere Zellbestandteile, und deren Zerfallsprodukte greifen die Chloroplasten an.
Die Frosthärte der Fichte sei, in Auswertung ihrer Versuche, auf mindestens 2 Faktoren zurückzuführen: 1. Eine Veränderung in den biochemisch aktiven Membranen der Chloroplasten (was für eine Veränderung die meinen erschliesst sich mir aus der Zusammenfassung aber nicht) und 2. zusätzlich eine Stabilisierung dieser Membranen durch isolierende Schichten, welche sie vor besagten aggressiven Substanzen schützen (cryoprotecting compounds).
Letztere Annahme wird durch den Versuch unterstützt, Chloroplasten mit Salzsäue zu behandeln. Danach waren die Winterchloroplasten deutlich besser in Schuß als die Sommerchloroplasten.
Die Veränderung der Nadeln und Chloroplasten gegen den Winter hin ist den Autoren zufolge nicht auf direkte Frosteinwirkung (freezing injuries) zurückzuführen, sondern die Folge eines Abhärtungsprozesses (frost hardening process). Hier gehts um die kausale Reihenfolge: Nicht der erste Frost bewirkt die Frosthärte, sondern die gesamten Witterungs-Bedingungen über den Herbst bis zum Winter bewirken eine (langsame) Anpassung.
Was bedeutet das für den KM - falls es vergleichbar wäre ?
Sollten die Mechanismen prinzipiell übertragbar sein, dann wäre ein KM wohlberaten im Herbst zeitig 'Ladenschluss' zu machen und im Rahmen seiner wohl eher bescheidenen Möglichkeiten eine Abhärtung zu durchlaufen. Man kann sich dann vorstellen, welches Klima *mit Winter* für den KM am besten wäre: Zum Winter hin langsam immer kälter und kein ständige hin-und-her. Und Nordhang besser als Südhang ! (Fas gilt wohl für die meisten Koniferen.)
Es wäre dann auch gut möglich, daß die Verfärbung ins Orange-Rote (egal auf welche Art das 'Grün' nun tatsächlich verschwindet) eine Möglichkeit der Anpassung sein kann, die den KM zur Verfügung steht, und also positiv zu sehen wäre. Allerdings ist die Verfärbung - je nach Temperaturen - anscheinend nicht zwingend notwendig, wie andere Beispiele hier bald zeigen werden.
Es ist aber leider alles nur spekulativ, weil Fichten und Mammutbäume eben doch sehr verschieden sind: Fichten verfärben sich ja normalerweise gar nicht. Die typische KM-Verfärbung fand außerdem, soweit ich das mitbekommen habe, überwiegend erst _nach_ dem tiefen Frost statt. Eine langsame Frosthärtung hätte doch eher vorer bereits stattfinden sollen - es hätten sich die KM also bereits Dezember - Janur langsam orange färben müssen. -> Hat irgendjemand hier mal so etwas beobachtet ?
Und es fehlen Vergleiche: Vor allem die Frage, haben orange gefärbte KM in der Folge weitere tiefe Fröste gut überstanden -- oder wurden sie dann doch noch dürr ? Wenn es so wäre, dann wäre die Verfärbung die allerletzte Notrettungs-Bastion nach der dann aber nichts schlimmes mehr passieren darf. Quasi mit dem Rücken zur Wand.
Ich hoffe wir können dazu hier mal Beobachtungen sammeln !
Wichtig bleibt aber festzuhalten, daß zum Winter hin ein biochemischer Anpassungsprozess auch innerhalb der Koniferennadel stattfindet.