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Mammutbäume (öffentlicher Bereich) => Wissenswertes & News => Experten- und Fachbeiträge => Thema gestartet von: Odysseus am 09-November-2013, 13:22

Titel: Wipfeldürre
Beitrag von: Odysseus am 09-November-2013, 13:22
Liebe Baumfreunde,

ich habe den Eindruck, bis zum Alter von vielleicht 20 Jahren (bei manchen auch 30, 40 oder 50 Jahren) wachsen viele BM normal und gut, und dann setzt plötzlich - gleichzeitig! - in einem Bestand (oder auch bei einzeln stehenden Bäumen) ein komisches Phänomen ein. Der Wipfel wird dürr. Um die dürren Äste wird viel Harz ausgeschieden, das in großen Tropfen an den Ästen entlang fließt. - Ich bin ein paar Mal an etwa 10 bis 15 m hohen Bäumen hochgeklettert, um mir das genau anzugucken.

Der Wipfel stirbt langsam zurück. Manche Bäume bilden nach dem Zurücksterben des Wipfels um 1 bis 2 Meter wieder neue Kronen aus, andere gehen nach und nach ganz ein.

Eine Sache scheint mir auch interessant: Bei alten Bäumen (über 100 Jahre) hab ich das noch nicht beobachtet. - Habt ihr das auch so gesehen, oder kennt ihr alte Bäume, die das auch haben? - In Heidelberg im Arboretum stehen z. B. alte Bäume von 1876. Die haben stark unter der Trockenheit von 2003 gelitten. Da wurden aber viele Äste von oben nach unten dürr. Die Wipfel sind zwar struppig, aber noch intakt.

(Mir ist es zu einfach zu sagen, okay, die kriegen halt einen Pilz, der die dann kaputt macht. Kriegen die alten (auch gestressten) Bäume dann den Pilz nicht, oder was?)

Bild 24: rechts läuft Harz herunter
Bild 19: typische Erscheinung

Grüße
Walter
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bernhard am 09-November-2013, 15:36
Hallo Walter,

in Schotten gibt es ein ähnliches Phänomen. Die Wipfeldürre ist höchstwahrscheinlich durch eine länger andauernde Trockenperiode verursacht.

Gibt es zu diesem Falle Recherchen ?

VG

Berni
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Klaus am 09-November-2013, 15:41
Hallo Walter,

ich habe letzt einen Hinweis auf Schlauchpilz gegeben.Bin ich gemeint ?
Das nächstliegende bei Wipfeldürre ist natürlich Wassermangel.Darauf scheint auch
hinzudeuten je näher ich ,von Stuttgart aus mit wenig Niederschlag, dem Schwarzwald
mit viel Niederschlag komme je weniger wipfeldürre Bms sind zu sehen.Da ich aber am Niederschlag nichts ändern kann, so sehe ich eher den Mangel am Pflanzmaterial.
Auch den Boden kann ich nicht austauschen ,vielleicht örtlich wenn er verseucht ist
aber nicht auf der ganzen Fläche.Meine These : falsche Abstammung, sprich aus falschem Grove.
In einem großen Grove gibt es bestimmt noch einmal örtliche Unterschiede.
Wenn man z.B. auf die mit 150 Jahren noch jungen Wilhelmabäume ,bei  1500 (3000 ?) Jahren Lebenserwartung, schaut  dann sind von ursprünglich 4000 nicht mehr viel übrig.
Die sind richtig selektiert.Darvin läßt grüßen.Was da noch übrig ist, das ist die Sahne.
Ach ja,da war vor kurzem von der Gaussischen Normalverteilung die Rede.
Übrigens ,zum Harzen brauchen die Bms auch sehr viel Wasser sonst gibt es keinen Harzfluß. 
Ich habe nur geschrieben dass die Badische Zeitung von einem Schlauchpilz berichtet hat.
Wie weit der Journalist recheriert hat ,dies ist mir unbekannt.Da er über einen Wald
der Forstlichen Versuchanstalt in Freiburg berichtet hat, so nehme ich an er hat
Kontakte zu verantwortlichen Personen gesucht.Die Herren der Versuchsanstalt
lassen bestimmt keine Falschberichterstattung zu.Oder hat sich der Schreiber
die These aus den Fingern gesaugt ? Der Hinweis zum Bericht war von meiner
Seite so gedacht dass die Gedanken nicht in eine Einbahnstraße münden.

VG
Klaus
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: TaunusBonsai am 09-November-2013, 15:43
Hallo zusammen,

die Wipfeldürre und/oder  die Botryosperia sind im Forum schon diskutiert worden. Chris hatte dazu diesen Thread (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=5186.0) eröffnet.

Bärni, der Schottener Gigant fiel mir auch gleich ein, da sind auch Bilders von der "abenen Spitze". Siehe hier (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=5500.0).


verweisender Gruß aus'm Taunus vom Ralf
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bernhard am 09-November-2013, 15:50


Bärni, der Schottener Gigant fiel mir auch gleich ein, da sind auch Bilders von der "abenen Spitze".

Stimmt, Ralle !

Die Ähnlichkeit des Schadbildes ist schon sehr auffallend.

Einfallender Gruß ausm Ringgau innen Taunus,

Bärni
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Waldläufer am 09-November-2013, 19:11
Hallo,
interessantes Thema. Man staunt nicht schlecht was im Thread zum erwähnten Mammutbaumtriebsterben alles schon von einem
selber und von anderen ausgebreitet wurde wenn man es nachliest.
Ich sehe folgende Hauptursache:
Der Gm ist eine Baumart mit hohem ganzjährigem Wasserbedarf. Dieser Wasserbedarf wurde als der Gm noch in der Gegend des
Coloradoplateaus wuchs durch relativ gleichmäßig verteilte Niederschläge von ca. 1500mm im Jahr gestillt.
In seinem neuzeitlichen Refugium in der Sierra Nevade herrscht im Gegensatz eine ausgesprochene Sommerdürre die er normalerweise nicht überstehen würde. Da aber Zuflüsse aus höheren Lagen stattfinden, sog. Drainagebahnen, kann er diese im Sommer anzapfen. Diese Drainagebahnen finden sich in der Regel nur in den Groves soweit nicht andere Faktoren zusätzlich das
Gedeihen ausschließen. Der Gm ist darauf programmiert durch ein flaches weitreichendes netzartiges Wurzelwerk diese Wasserbahnen anzuzapfen. Senkrechte Wurzeln spielen nur soweit eine Rolle als das Wasser in der richtigen Tiefe gefunden wird.
Bei uns steht der Gm meist auf lehmigen Böden und das netzartige Wurzelwerk ist oberflächennah. In starken Trockenperioden fällt aber diese bevorzugte Schicht trocken und der Gm hängt quasie ohne Wasseranschluß in der Luft. Verschärft wird diese Situation natürlich durch Reinbestände wo auf der Fläche noch mehr Wasser benötigt wird. Auf diese Hauptschädigung durch Wasserstreß springen dann Sekundärschädlinge wie Hallimasch, Triebsterben etc. auf. Das heißt der Gm ist dort anzubauen wo durch Topographie
und Tiefgründigkeit überdurchschnittlicher Wassernachschub gegeben ist. Vom Reinbestandsanbau ist bei uns grundsätzlich abzuraten.
Ob die Pflanzen aus dem oder jenem Grove kommen dürfte keine Rolle spielen, da die Standorte an sich identisch sind. Glaube auch nicht, daß bei uns eine große Anpassung Überlebender stattgefunden hat. Die Häufung in bestimmten Höhenlagen deuten eher darauf hin, daß dort öfters zusagende Bedingungen vorliegen.
                                                             Viele Grüße              Bernt
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bakersfield am 09-November-2013, 20:17
Hallo zusammen,

letztendlich läuft es immer auf eine Kombi aus Trockenheit und Pilz hinaus. Welcher Pilz? Darum müssen sich die Labors kümmern. Das Resultat ähnelt sich jedenfalls sehr stark.

Wie Klaus schon richtig sagte, findet bei uns eine Auslese statt. Es wurde in den letzten 150 Jahren sehr viel gepflanzt. In alle möglichen Situationen hinein. Bodenbeschaffenheit und Wasser (von oben und unten) entscheiden darüber, wie lange die Bäume es dann schaffen.

Manche geraten schon im Alter von 30-40 Jahren an die Grenze dessen, was ihr Standort hergibt. Andere trifft es dann erst später.

Die Reaktion auf den Pilz ist das Harz, welches eine zusätzliche Belastung für den Baum ist, da es ihn ja Wasser kostet. Wenn dann (erneut) nicht genug Niederschläge fallen, geht's weiter abwärts in der Spirale.

Und die Genetik kommt dann noch hinzu. Wobei nur die BMs der ersten Jahrzehnte (1850er bis 1860er) noch mehrheitlich aus dem genetisch eingeengteren Saatgut der nördlichen beiden Calaveras Groves stammen dürften.

Danach sollten die genetischen Voraussetzungen für alle Pflanzungen herkunftsmäßig gleich sein.

Soweit finde ich das alles ganz logisch. Doch was (noch) unerklärlich bleibt: welcher BM-Typ kommt mit welchen Bedingungen am besten zurecht? Wenn man die Tausenden von Fotos von BMs aus dem Register ansieht, findet man eine Handvoll verschiedener Wuchsformen in den verschiedensten Altersgruppen. Manche wirken im höheren Alter zunehmend dürr und gestresst, andere bleiben vital. Wieviel davon ist der Standort und wieviel Genetik?

Außerdem wäre es interessant zu wissen, was unter der Erde passiert. Könnte es sein, dass ab einem gewissen Punkt das unterirdische Wachstum mit der oberirdischen Entwicklung nicht mehr schritthalten kann? Und dass deswegen der Wasserbedarf nicht mehr ausreichend gedeckt wird?

Ich finde es jedenfalls großartig, dass wir hier soviele interessierte Leute, Erfahrungen und Datenmengen sammeln können, um noch mehr über die Bäume lernen zu können.

Danke, Walter, für diesen Gedankenanstoß... :)

Viele Grüße aus'm WML,
Frank
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Odysseus am 09-November-2013, 20:32
Hallo,

Wassermangel scheint naheliegend.

1.) Aber warum haben die alten Bäume in Deutschland nicht dieses Phänomen? - Ich kenne keinen alten BM, der das hätte.

2.)----> Im Odenwald fallen im Schnitt 1000 mm Niederschläge im Jahr: Wipfeldürre.

3.) In Großbritannien fallen im Süden um die 600 mm, an der walisischen Küste 850 mm, etwas weiter im Landesinneren, z. B. in Welshpool um die 1000 mm Niederschläge. ------> Überall stehen BM in der Gegend rum. Aber keiner mit Wipfeldürre (Und ich bin tatsächlich ziemlich herumgekommen). Warum ist das so?

4.) In Heidelberg steht ein BM 30 Meter vom Neckar entfernt, dünn wie ein Bleistift. Schätze ihn auf 50-60 Jahre. Der war immer gesund und grün. Letztes Jahr: Wipfeldürre. Unterm Wipfel bis zum Boden ist er noch genauso grün wie vorher.

Kurz zusammengefasst: Warum haben's bei uns die alten Bäume nicht, und warum haben's, so scheint es mir, die englischen Bäume nicht?

(Übrigens, 1976 war's in England genauso trocken, und genauso lange trocken wie bei uns. Der 1976er Jahresring ist in ganz Europa auffällig dünn (Weiserjahr). Wie's 2003 in England war, weiß ich nicht. England ist im Sommer häufig genauso trocken wie hier. ----> Fast jedes Jahr gibt es in vielen Gegenden einen "Hosepipe Ban": Es ist dann das Autowaschen verboten und das Wässern des Gartens mit einem Schlauch).

---> Bernhard, du bist doch auch öfter in England und Schottland rumgedüst, hast du dort dürre BM-Wipfel gesehen?

Grüße
Walter
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bernhard am 09-November-2013, 21:01
Hallo Walter !



---> Bernhard, du bist doch auch öfter in England und Schottland rumgedüst, hast du dort dürre BM-Wipfel gesehen?

Grüße
Walter

Nein, habe ich nicht. Ich denke aber, daß die Niederschlagsmenge von oben nicht der alleinige Faktor ist.
Der Dicke in Schotten zeigt deutlich, daß trotz reichlicher Niederschläge, der Standort entscheident sein muß, denn: er steht auf einer Kuppe, wo nach allen Seiten das Oberflächenwasser schnell abläuft, also sich nicht lange im Einzugsbereich hält.
Es liegt nahe, daß er in einer Senke, keine Wipfeldürre erlitten hätte. Um das zu beweisen, müßten noch weitere Beispiele untersucht werden.

Grüße Bernhard
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bakersfield am 09-November-2013, 21:04
Hallo Walter,

zum klimatischen und ansichtsmäßigen Vergleich zwischen D und UK kann ich nichts beisteuern. Zu den Bodenverhältnissen werden sich andere hier äußern.

Aber zu deinem Punkt 1) fällt mir ein: das was du für die jüngeren BMs beschreibst ist eine Vorauslese, die unsere alten BMs bereits erfolgreich bewältigt haben. Und manche der jüngeren BMs werden es auch bis dahin schaffen.

Außerdem gibt es bestimmt auch bei den alten Bäumen mehr dürre Wipfel, aber da kommen ja die Sturm- und Blitzprobleme noch hinzu, welche die jungen BMs noch nicht haben. Soll heißen, so manchen dürren Wipfel hat ein Sturm heruntergerissen, bevor er uns aufgefallen sein könnte. Nur so ein Gedanke. Danach wird - wie immer - ein neuer Wipfel gebildet und der Alte ist Vergangenheit.

Viele Grüße,
Frank


Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: denniz am 09-November-2013, 21:30
Zitat
Verschärft wird diese Situation natürlich durch Reinbestände wo auf der Fläche noch mehr Wasser benötigt wird.

Ich habe vor einiger Zeit einen 100 jährigen BM gesehen der auf eine Wiese relativ freistehend
weitstreichende Wurzeln von fast 30m Länge gebildet hatte, diese wurden immer wieder
von dem Rasenmäher beschädigt. In der Sequoiafarm sind die BM die direkt am Rand der Gruppe
die Fläche der Wiese ausnutzen können deutlich dicker, die Bäume im Inneren der Gruppe
sind teilweise abgestorben. Man sollte darüber nachdenken, den Weg der durch diese Gruppe führt,
dick zu mulchen oder sogar mit einer Brückenkonstruktion zu versehen, damit der Boden nicht
unnötig verdichtet wird, was wiederum die Wasseraufnahme behindert.
Auch der Eingang direkt neben der BM-Gruppe ist suboptimal, da Fahrzeuge den Boden deutlich
stärker verdichten als Füsse.

auch schon eine kahle Stelle am Kopf bekommend
Denniz

Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Waldläufer am 09-November-2013, 21:39
Hallo,
ich denke man solle bei der Situation in Deutschland bleiben. Die Wuchsbedingungen sind in England nun mal andere in einem
milderen feuchteren ozeanischen Klima mit wolkenreichem Himmel. Auch in England war ich vor über 20 Jahren enttäuscht als ich
einige forstliche Versuchsflächen sah. Diese kränkelnden ebenso. Daß dort die Solitäre weitgehend gesund sind mag sein,
das ist aber auch weitgehend aus den von mir beschriebenen Gründen bei uns so. Ein Solitär ist in der Regel auf zusagendem
Standort in der Lage seinen Wasserbedarf auch auf Kosten seiner Nachbarschaft zu sichern. Auf gleichhohe Konkurrenz ist er aufgrund
seines Lichtbedarfs mit steigendem Alter nicht eingestellt und er wird dadurch geschwächt. Jeder Einzelfall kann natürlich nicht schlüssig geklärt werden. Jedem Forstmann ist aber klar, daß bestimmte anspruchsvolle Arten zumindest im Reinbestand nur an den
Standorten langfristig gedeihen die ihre Ansprüche erfüllen. Außerdem ist nicht jede Art reinbestandsfähig. Es kommt auch niemand auf die Idee die Bergulme flächenhaft anzubauen, lassen wir mal den Splintkäfer weg. Der Gm bildet  keine Schlußwaldgesellschaft wie z.B die Buche bei uns, sondern ist eine langlebige Pionierholzart. Das nicht zufriedenstellende Gedeihen des Gm im Reinbestand ergibt sich aus der Summe der angeführten Einschränkungen. Das Verbreitungsgebiet des Gm ist viel zu klein als daß die Genetik eine große Rolle spielen könnte.

                                                          VG                Bernt
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Odysseus am 09-November-2013, 22:52
Liebe Mitdiskutanten,

noch Folgendes: In Heidelberg im Arboretum auf der Sprunghöhe stehen Mammutbäume seit 1872. In einem Bestand, in dem auch noch ab und zu eine Hemlocks steht, eine Thuja, ein paar Götterbäume, ein paar hohe, dünne Atlaszedern, alte Nordmänner und noch anderes exotisches Gewächs. Alle etwa so alt wie die Mammutbäume. Die Bäume sind also etwa 140 Jahre alt.
Ich kenne den Bestand seit 1972 und bin dort etwa 10 Mal im Jahr.
Die Mammutbäume stocken auf sehr sandigem oberen Buntsandstein.
Im Moment sind's, wenn ich mich recht erinnere, noch 23 Bäume. Nach 2003 sind 2 oder 3 ausgefallen. Komplett dürr geworden. Die anderen sehen seit 2003 nicht ganz toll aus, sind aber soweit okay.

50 Meter weg stehen wieder Mammutbäume. Schätze mal, sie wurden Anfang der 1960er Jahre gepflanzt. Darunter auch ein paar fremdländische Gehölze. Sie sind also etwa 50 Jahre alt.
Der Boden ist dort der gleiche. Es ist sogar eher feuchter, wie man an den Farnen, Moosen und anderen Feuchtezeigern sehen kann.
Die Bäume haben nahezu alle vor etwa 15 Jahren, vielleicht war's auch vor 18 oder 20 Jahren, jedenfalls deutlich vor 2003,  gleichzeitig die Wipfeldürre bekommen. Ich hab das nicht fassen können. Manche Bäume sind abgestorben oder entnommen worden. Dürre Wipfel haben noch viele. Gut aussehen tun sie auch nicht.
Ich betone: Es sind nicht einzelne Bäume, die krank sind, sondern der ganze Bestand.

Jetzt guckt euch einmal das Niederschlagsdiagramm von Mannheim an. Es geht von 1892 bis 1998 (Der Pfälzer Neumayer hat als einer der ersten in Deutschland mit der systematischen Klimaaufzeichnung begonnen. Nach ihm auch benannt Neumayer Station auf der Antarktis. Siehe auch "Mannheimer Stunden", zu denen die Meteorologen weltweit zu gleichen Zeiten ihre Wettermeldungen abgesetzt haben).

Das Mannheimer Diagramm kann man nicht auf Heidelberg direkt übertragen. Aber die Tendenz müsste in Heidelberg, das ja nur 13 km weg ist von hier, gleich sein.
(Ich habe im Moment keine Langzeitdaten von HD, sonst könnte ich das direkt vergleichen. Letztes 30jähriges Mittel sind 800 mm für HD).

Wenn man also annimmt, die Tendenz des Mannheimer Diagramms gelte auch für HD, dann hätten die Altbäume in HD die ersten 50 Jahre mit etwa 100 mm Niederschlägen weniger auskommen müssen, als die jetzt wipfeldürren Jungbäume, und seien trotzdem nicht abgestorben.

Insgesamt sieht man auf dem Diagramm sowieso eine klare Tendenz: Es wird feuchter. Von 1890 bis 1940 gab es in MA durchschnittlich 500-550 mm Niederschläge im Jahr, von 1940 bis heute sind es mehr als 100 mm im Jahr mehr.

Und obwohl es feuchter wird, sterben jetzt Jungbäume ab, aber Altbäume haben das damals gepackt mit 100 mm weniger Feuchtigkeit und packen es jetzt weiter! Aber die Jungbäume sterben, und der Grund für das Absterben der Jungbäume heute ist mangelnde Feuchtigkeit (in Verbindung mit einem Pilz)? - Macht das Sinn?

Und in England geht's allen gut? Jungen und alten?

- Interessant wäre zu sehen, gibt's unsere Art der Wipfeldürre in den USA?
- Gibt es sie in Neuseeland, wo es meist feuchter ist als hier?
- Gibt es sie in Norwegen oder Schweden?
- Gibt es sie in südlichen Ländern?

Viele Grüße
Walter


Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bakersfield am 09-November-2013, 23:29
Hallo Walter,

die Niederschlagsentwicklung ist interessant. So gesehen ist es schon kurios. Aber weißt du denn wieviele BMs 1872 gepflanzt wurden? Und wieviele waren 1922 noch im Rennen? Nur so könnte man das wirklich vergleichen. Und wie wurden die Pflanzen gezogen? Von den Drehwurzeln wusste man vielleicht noch nichts. Könnte ja sein, dass die jüngeren BMs dort alle durch solche Wurzeln gehemmt werden, was jetzt langsam fatal wird. Wie eng stehen sie denn dort? Zu hohe Dichte ist ja auch ein großes Problem.

Viele Grüße,
Frank
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Tom E am 09-November-2013, 23:38
Hallo Walter,
ich würde mich nicht zusehr auf den Jahresniederschlag konzentrieren, sondern mehr auf die Aufteilung der Niederschläge.
Zudem werden es immer mehr - für unser Klima - extrem warme Tage. Während es um 1980, z.B. in München, nur Jahre gab
in denen es kaum Tage gab mit Temperaturen über 30°C, gibt es inzwischen fast jeden Sommer mindestens 10, wenn nicht
sogar bis deutlich über 20 Tage mit solcher "Hitze". Was natürlich auch deutlich höhere Verdunstungen mit sich bringt. Wenn
jetzt dazu noch weniger Regen in Frühling und Sommer fällt, dafür aber mehr in Herbst/Winter könnte das durchaus auch
dazu beitragen, dass es den aktuellen Bäumen trotz "mehr" Niederschlag schlechter geht.
Klar ist Heidelberg nicht München, wahrscheinlich gibt es dort aber eine ähnliche Veränderung der sowieso schon höheren
Temperaturen.

Ich kenne mich jetzt nicht wirklich mit den Heidelberger Beständen aus, aber stehen die 23 Altbäume denn genauso dicht
wie die Jungbäume? Reinbestände von BM sind bei uns wohl ohne darunterliegende Quelle nicht gesund überlebensfähig.

Bezüglich packen oder nicht... ich würde mich nicht auf irgendetwas festlegen. Der Abbauprozess bei einem alten Baum
kann sich sehr lange ziehen und endet doch irgendwann im Tod.
Zudem habe ich mal einen Bericht gelesen bezüglich der Nebelproblematik bei den KMs, worin geschrieben stand, dass
die alten KM den weniger werdenden Nebel besser verkraften würden als die Jungen. Ob sowas auch beim BM gilt kann
ich natürlich nicht sagen. Womöglich zeigt es sich auch nur später.

Für alle ein Stückchen Spekulatius.  ::)

Gruß
Tom
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Waldläufer am 10-November-2013, 00:24
Hallo Walter,
ich glaube irgendwo dreht sich deine Argumentation im Kreis.
Es wurde richtigerweise darauf hingewiesen, daß natürlich die Klimaerwärmung mit ihren Extremen
eine Rolle spielt. Gleichzeitig ist entscheident in welchem Pflanzabstand die Gm aufgewachsen sind und ob in Mischung oder als
Reinbestand. Der Weinheimer Altbestand war schon immer ein Mischbestand mit Nordmannstannnen die überwachsen wurden.
Der ca. 60 jährige Gm Bestand oberhalb des Km Altbaumes war ein relativ enger Reinbestand und ist vor 5 Jahren kollabiert.
Interessanterweise war dieser jüngere Bestand aus Samen des Altbestandes begründet worden. Also Darwin nicht überstrapazieren.
Mit ein bißchen Selektion läßt sich an den grundlegenden Eigenschaften des Gm nichts ändern.
Was nützt es nach anderen Ländern zu fragen, wenn dort andere Boden- und Klimabedingungen vorliegen.
Es deutet doch alles darauf hin, daß abhängig von der Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, der zugeführten Feuchtigkeit, der Verdunstung, des Dichtstandes ein kritischer Wert erreicht wird wo zumindest Reinbestände irgend wann anfangen sich aufzulösen.
Dies ist auch in Californien so. Die Frage ist doch eher wieso man hierzulande wuschdenkt, man könne einen Fichtenbestand imitieren.
In Amerika unterscheidet man verschiedene Höhenstufen die mit steigenden Niederschlägen synchron gehen.
Angefangen bei tief und trocken mit Kiefer, dann Douglasie, dann Hemlock und Thuja. Setze ich Hecklock als Reinbestand in Douglasienstufe stirbt die auch sukksessive ab. Der Gm lebt nun mal in einer sehr speziellen Umgebung in einer ursprünglich
halboffenen Waldgesellschaft.
                                                           Viele Grüße              Bernt
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: lodda 41 am 10-November-2013, 12:20
hallo zusammen. vor jahren ist mir aufgefallen, dass alle um in meiner gegend  versmold Dreieck Bielefeld münster Osnabrück Niederschlagsmenge 770 mm alle, die spitzen abstarben. es war ein shr heises jahr mit immer shr hoch gemeldeten ozon-werten. auch das müsste man bei der Beurteilung mit bedenken. mit fg. Lothar.
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Odysseus am 10-November-2013, 15:34
Ich habe mir den anderen Thread (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=5186.0) zum Wipfelsterben jetzt auch mal durchgelesen. Da steht auch einiges Interessantes. Zusammen mit meinen Erfahrungen und dem, was ich dort entnommen habe, scheint mir folgender Sachverhalt wahrscheinlich:

1.) Die im Wipfeltrieb absterbenden BM werden von einem Pilz (Botryosphaeria dothidea) befallen (zu trockene Gegebenheiten sind nicht maßgebend, da Bäume, die feucht genug  stehen, auch befallen werden).

2.) Bäume bekommen dieses Phänomen gleichzeitig ----> Pilzinfektion breitet sich aus.

3.) Auch Bäume in den USA und Neuseeland sollen diesen Pilz bekommen haben. (Literaturliste des Plant Disease-Links)

4.) Wo der Pilz nicht ist, ist, gibt es auch nicht das durch ihn verursachte Triebsterben.

5.) Seit den 1980er Jahren oder vielleicht sogar von früher gibt es wissenschaftliche Versuche mit dem Pilz an BM und KM. Man hat gesunde, zweijährige Sämlinge mit dem Pilz versehen, und die Bäumchen zeigten die typischen Symptome. Artikel: https://www.forestpathology.org/pdfs/worrall1986botryo.pdf

6.) Um den Pilz zu bekämpfen, könnte man es an Einzelbäumen mit der Methode versuchen, die schon seit den 1940er Jahren bei der Ulmenkrankheit angewandt wird, nämlich Fungizide in den Stammm zu injizieren (Man wendet diese Methode z. B. präventiv und kurativ zur Gesunderhaltung der 100jährigen Ulmen im Boston Common an. Mündliche Mitteilung eines Bediensteten von dort.): http://www.na.fs.fed.us/spfo/pubs/misc/ded/ded.htm

7.) Warum die alten Bäume weitgehend vom Pilz verschont zu bleiben scheinen, ist unklar.

Viele Grüße
Walter

Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Michael D. am 10-November-2013, 15:54
...in Schotten gibt es ein ähnliches Phänomen. Die Wipfeldürre ist höchstwahrscheinlich durch eine länger andauernde Trockenperiode verursacht.

Der Schottener Baum hat seinen Wipfeltrieb durch die ungünstige Wetterkonstellation in den Monaten zuvor verloren.Zuerst kam der recht trockene Winter 2008/09,dann folgte,ohne das nennenswert Regen gefallen wäre,ein ungewöhnlich warmer Frühling (März/April schon über 20 Grad).
Ich finde es ziemlich beeindruckend,mit welcher Kraft der BM die Ersatzspitze nachbildet.2012 hat der Schottener BM gut 1 m geschoben :o.Wie der Zuwachs dieses Jahr ausgefallen ist,kann ich bei Gelegenheit überprüfen,wenn ich dort in der Gegend bin.

Schottische Grüße ! Michael
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Waldläufer am 10-November-2013, 16:32
Hallo,
bevor man sich wieder in Mutmaßungen ergeht, sollte jetzt mal jeder ernsthaft Interessierte den unten angehängten Artikel
über das Triebsterben durchlesen.
Hier wird klar formuliert, daß die Krankheit durch Vorschädigungen wie Frost und Trockenheit ausgelöst wird. Alle ungünstigen Standortfaktoren wie auch zu luftarmer Boden, beengter Standort, ungünstiger Witterungsverlauf etc. fördern den Befall.
Natürlich fördert auch ein für den Gm ungünstiger Dichtstand wie beschrieben die Sache. Die Details sind im Artikel erwähnt.
Es wird wie von mir vorgeschlagen als Prävention bestmögliche Standortwahl empfohlen. Das bedeutet im Forst auch eine sinnvolle
Vergesellschaftung. Natürlich werden sowohl junge als auch ältere Gm befallen, wie man in Weinheim sieht.

                                                         Viele Grüße       Bernt


http://bfw.ac.at/400/pdf/fsaktuell_57_58_9.pdf
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Bernhard am 10-November-2013, 17:46
Sollten wir Sequoiadendron für den forstlichen Anbau abschreiben?   

Die Frage stelle ich mal an dieser Stelle.

VG

Bernhard
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: denniz am 10-November-2013, 22:08
Gute Frage!

Wie Bernt schon richtig bemerkte muss die Standortfrage im Vordergrund stehen.
Jede Baumart hat ihre Schwachstellen, diese zu kennen und die Stärken der Baumarten zu benutzen
ist des Försters Brot.  Es gibt für forstliche Zwecke Vorgaben zum Saatgut des BM und Empfehlungen
für Pflanzabstände, Kulturführung und Standortwahl, resultierend aus meheren Jahrzehnten Versuchsanbau.
Das Rad muss also nicht neu erfunden werden ... ;)

VG

Denniz






Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Odysseus am 10-November-2013, 22:10
Danke, Bernt, für den Artikel.

Es wird von den Autoren nicht gesagt, dass die Krankheit durch Vorschädigungen ausgelöst wird, sondern dass Trockenheit und Rindenschäden den Pilzbefall zulassen würden.

Das Interessante ist aber, dass der erste Befall in Österreich erst 2001 festgestellt wurde - und zwar bei 10jährigen Bäumen. Vorher hatten die Bäume auch Trockenstress und waren nicht befallen.

Mir scheinen nur 2 Gründe in Frage zu kommen: Es gab den Pilz vorher nicht, oder er war nicht so virulent.

Viele Grüße
Walter
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Tuff am 11-November-2013, 00:56
Was in Deutschland Ulmensterben gennant wird ist i.d.R. der Befall durch einen asiatischen Splintholz-Pilz (Ophiostoma) welcher durch Borkenkäfer ins Holz gebracht wird. Der Pilz blockiert schließlich die Leitbahnen im Holz.
Das kann man mit einem Rindenpilz wie Botryosphaeria, dem nur einzelne Triebe zum Opfer fallen, nicht direkt vergleichen.
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: TaunusBonsai am 11-November-2013, 06:57
Moin zusammen,

Bernt's Link funzt (im Moment?) nicht:

Zitat
No Response from Application Web Server


unerreichter Gruß aus'm Taunus vom Ralf
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: xandru am 11-November-2013, 07:24
Hallo Ralf,

Zitat
Bernt's Link funzt (im Moment?) nicht:

Gestern hat er bei mir noch funktioniert. Heute aber ist die ganze Domain nicht erreichbar!

Unerklärliche Grüße,
Wolfgang
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: TaunusBonsai am 11-November-2013, 10:14
Moin Wolfgang,

nun geht es wieder. War wohl'n temporärer Ausfall.


ausfälliger Gruß aus'm Taunus vom Ralf
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: TaunusBonsai am 11-November-2013, 10:31
Moin zusammen,

habe  mir gerade den sehr interessanten wissenschaftlichen Artikel über Botryoshaeria dothidea durchgelesen.

Ich lehne mich jetzt mal mit meinem botanischen Unwissen gaaanz weit aus'm Fenster:

Möglicherweise werden hier zwei Sachen miteinander vermischt: meines Erachtens muss eine Wipfeldürre nicht unbedingt was mit diesem Pilz zu tun haben. Das Schadbild betrifft alle möglichen Stellen am Baum und nicht nur die Spitze.

Bezüglich der Wipfeldürre meine ich gelesen oder gesehen zu haben, dass dies eine "programmierte" Sicherungsmaßnahme des Baumes ist, wenn er nicht die gesamte Blattmasse mit Wasser versorgen kann. Er verzichtet dann auf eine Versorgung des oberen Wipfels, zugunsten der leichter zu versorgenden unteren Äste. Paradebeispiel: General Sherman (http://mbreg.de/wiki/index.php/General_Sherman).


vermutender Gruß aus'm Taunus vom Ralf
Titel: Re: Wipfeldürre
Beitrag von: Waldläufer am 11-November-2013, 12:50
Hallo Ralf,
vorausgesetzt du bist beim Linkausfall völlig unschuldig muß ich dich jetzt loben.
Walter hatte das Phaenomem der Wipfeldürre beim Gm berichtet und gleichzeitig das Mammutbaumtriebsterben
als Ursache benannt. Ich würde jetzt auch meinen, daß nur bei Vorliegen von weiteren braunen Kronenteilen ein abgestorbener
Wipfel dieser Krankheit zuzuordnen ist. Selbstverständlich gibt es auch reine Trockenschäden mit Wipfelverlust ohne weitere Krankheit. Daher bin ich auch langatmig anfangs auf mögliche Trockenschäden beim Gm eingegangen.
Ändert allerdings nichts daran, daß der Gm auf für ihn ungünstigen Standorten oder Situationen öfters empfindlich reagiert mit oder
ohne weiteren Sekundärbefall.
                                                         Viele Grüße               Bernt