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Mammutbäume (öffentlicher Bereich) => Wissenswertes & News => Experten- und Fachbeiträge => Thema gestartet von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:11

Titel: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:11
Vorwort
Es handelt sich nicht um einen systematisch angelegten Versuch. In einem ständigen Lernprozess wurde das ursprüngliche Ziel, herauszufinden wie man ohne Anwesenheit vor Ort Bäume anziehen kann, ständig erweitert. Eine Auswertung der Ergebnisse ist deshalb nur sehr beschränkt möglich, soll aber dennoch versucht werden, denn sie kann wertvolle Hinweise geben für die Gestaltung und Durchführung weiterer Versuche.

Die sukzessive entwickelten Ziele des Versuches:

(1) Einsaat verschiedener Herkünfte 'einheimischer' Bäume zur Prüfung der Keimrate.

(2) Testen von vulkanischem Granulat hinsichtlich der Keimung und des Wachstums der Sämlinge.

(3) Erfahrungen mit der experimentelle Anzucht im Freiland ohne weitere Pflege, hier in einem Becken mit natürlichem Durchfluss zur Wasserversorgung, der Witterung (insbesondere Regen) und Schädlingen schutzlos ausgesetzt, mit Nährstoffversorgung über das durchfließende Wasser (Sumpf) bzw. durch den Mineralsalzgehalt des Substrates.


Methodik

Von 32 Standorten in der Umgebung von Freiburg i. Brsg. und Bonn wurden Zapfen gesammelt. Im Regelfall handelte es sich um Einzelbäume oder kleine Baumgruppen im Stadtgebiet. Dazu kamen Zapfen des Kleinbestandes Liliental bei Ihringen am Kaiserstuhl, der aus über 100 Bäumen besteht. Bei den Standorten Bad Godesberg - Theodor Heuss Str. und - Redoute Park wurden die Einzelbäume einer Gruppe unterschieden. Zudem wurden von einigen Standorten sowohl im Spätsommer als auch im Winter gesammelt, diese erhielten dann ein separates Einsaatfach mit eigener Nummer. So ergab sich schließlich eine Anzahl von 47 Herkunfts-Nummern, dazu 2 Kontrollgruppen (Mountain Home Grove, CA) sowie 2 Mischungen Freiburger Herkünfte, insgesamt wurden also 51 Saatfelder angelegt.

Sammeln der Zapfen und Einsaat geschah in 4 Intervallen zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 2007-08 und 2008-04. Es wurden sowohl grüne als auch braune Zapfen vom Boden aufgelesen, schonend getrocknet, und die Samen bis zur Einsaat kühl gelagert. Die Behandlung der Zapfen und Samen hing von den Umständen ab. So variierte etwa die Art des vorhandenen Trockenraumes, und braune Zapfen wurden anders behandelt als Grüne. Insbesondere wurden braune Zapfen vor dem Trocknen einige Tage in einer Schwefel-Kupferkalklösung eingelegt, in einigen Fällen lediglich in einer Kochsalzlösung. Auch Saatgefäße und Substrat waren unterschiedlich:

Einsaat                Saatgefäß (Oberfläche cm)     Substrat
-------------------------------------------------------------
2007-08-13      Blumenkästen 100x15            A
2007-10-05      Blumenkästen 100x15            A
2008-01           4x Mörtelkasten 70x40           B
2008-04-27      2x Mörtelkasten 70x30           B

A = { Maulwurferde + Blumenerde + Flußsand + grobe Holzasche } in offenem Feuer sterilisiert
B = Vulkanisches Granulat.

Eine genaue Beschreibung des vulkanischen Substrates und der Ausgestaltung der Mörtelkästen (mit Abbildungen) findet sich unter Referenz [1] (http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1434.0).

Alle Einsaaten wurden mit Kupferkalk und Netzschwefel (Neudorff) eingesprüht um einer Verpilzung vorzubeugen. Die bereits im Herbst bzw. Winter eingesäten Kästen wurden in einer kühlen Kammer überwintert, in der die Temperatur den Winter über meist um den Nullpunkt lag, bei seltenen kurzzeitigen Extremwerte von -4 oder +10°C.

Die überwinterten Kästen wurden 2008-04-15 zusammen mit den frisch angelegten und eingesäten Kästen 5 und 6 in das vorbereitete Sumpfbeet gestellt, unglücklicherweise gerade zu den letzten beiden Frostnächten mit Temperaturen bis zu -4°C. Das Beet wurde für diese 2 Nächte mit einer Plane abgedeckt. Eisbildung war in dieser Zeit nicht zu erwarten (in den massiven Kästen und im Boden gespeicherte Sonnenwärme, fließendes Wassser) und wurde auch nicht beobachtet.

2008-06-01 wurden bei der Zustandskontrolle die Flächen zwischen den Keimlingen auf der Suche nach Nachzüglern durchgewühlt. Dabei wurden nur einige wenige entdeckt, leider zT. aber gleichzeitig auch zerstört. Dieser Eingriff war jedoch unbedingt notwendig um die Tauglichkeit des Substrates zu beurteilen, und um zu sehen ob Keimlinge in der 1,5 cm hohen Bedeckung aus Erde und Granulat (zum Schutz vor UV und Auftreiben im Regen) 'stecken bleiben'.

Dabei wurden alle Kästen bis auf 1-4 umgestellt. Die kleinen Mörtelkästen wurden auf die 'Stufe" gestellt, ungekeimte Kästen entfernt.

Aufgrund der trockenen Witterung in den Wochen zuvor war der Wasserstand 0; der Boden jedoch noch feucht. Das Becken wurde einmal mittels Schlauch bis zum Überlauf aufgefüllt (ca. 20 Minuten, ca. 100l), das Wasser stand nach 2 Tagen noch fast ebenso hoch.

Die Vegetation um das Sumpfbeet wurde zurück geschnitten, insbesondere das Mädesüß, welches immer stark von Mehltau befallen wird. Diese Flächen wurden dann zum großen Teil mit Dachpfannen abgedeckt um Luftfeuchte und Verdunstung zu verringern. Die gelben Schwertlilien wurden jedoch größtenteils belassen.


Ergebnisse

In der relativ trockenen Überwinterung, bis zum Ausbringen der Kästen in das Sumpfbeet am 15. April zeigte sich lediglich ein Keimling. Nach dem Ausbringen konnten 2008-04-28 etwa 10 Keimlinge aus der Mountain Home Saat entdeckt werden.

Die nächste Zustandskontrolle konnte erst 2008-06-01 durchgeführt werden. Dabei wurden die lebendigen Keimlinge und die abgestorbenen separat erfasst. Zur Abschätzung der Keimrate werden die beiden Werte jedoch wieder zusammengefasst.

Am 1.6.2008 wurden 196 vitale und 38 fast ausschließlich durch Prädation eliminierte Keimlinge (als übrig gebliebene Stängel) vorgefunden, verteilt auf 6 Mörtelkästen und 12 Blumenkästen mit einer totalen Einsaatfläche von rund 2600 cm².

Leider war ein Abzählen der Samen vor der Einsaat nicht realisierbar, daher kann lediglich die eingesäte Fläche als sehr grober Maßstab für die Keimrate herangezogen werden. Als Indikator wird die Zahl der Keimlinge pro cm² verwendet, zur besseren Lesbarkeit mit 100 multipliziert. Näherungsweise kann man diesen Indikator mit 'Keimlinge pro 10x10cm' übersetzen. Weil die Einsaaten keineswegs immer gleichmäßig dicht waren, lässt sich aber nur die Aussage ableiten welche Herkünfte überhaupt gekeimt sind, und vielleicht noch die Einteilung in 'viele' und 'wenige' Keimlinge. Dabei könnte die Keimrate der zu 100 Stück abgezählten Samen aus der Herkunft 'Mountain Home' (CA) als Trennlinie dienen. Sie betrug 32% (Einsaat 2008-01) bzw. 38% (Einsaat 2007-04-28).
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:26
Tabelle 1: Auszug aus den vorhandenen Daten, absteigend geordnet nach K/F*100

B=Blumekasten, sonst Mörtelkasten.  † = abgebissene Keimlinge.  F=Einsaatfläche. K/F*100=Keimlinge pro 10x10cm.

Kasten Schild  Stadt Straße     Keimlinge   † F cm² K/F*100 Einsaatdatum
------------------------------------------------------------------------------------------------
6   38 Bonn-Beuel Prof. v. Neu Str14 9 2 60 18,33 2008--04--27
6   36 Bad Godesberg Redoute Park 15 0 168 8,93 2008--04--27
5   42 CA MountainHome 23 15 490 7,76 2008--04--27
6   35 Bad Godesberg Redoute Park 14 3 225 7,56 2008--04--27
6   37 Bad Godesberg Redoute Park 2 3 98 5,1 2008--04--27
3    0 CA MountainHome 31 1 720 4,44 2008--01
B   16 Freiburg Habichtweg7-9 4 0 90 4,44 2007--10--05
B   13 Freiburg Wilmersdorferstr 19 3 0 90 3,33 2007--10--05
B   10 Ihringen Kaiserstuhl Liliental 30 4 1140 2,98 2007--10--05
5   41 Freiburg gemischt 6 7 630 2,06 2008--04--27
3   20 Ihringen Kaiserstuhl Liliental 3 0 160 1,88 2008--01
2    5 Freiburg Schauinslandstr136 6 0 360 1,67 2008--01
B   11 Freiburg Schauinslandstr136 4 0 240 1,67 2007--10--05
3   14 Freiburg Ebneterstr LW 4 0 240 1,67 2008--01
6   31 Bad Godesberg TheodorHeuss2 1 0 90 1,11 2008--04--27
B   14 Freiburg Bundschuhstr20 1 0 105 0,95 2007--10--05
6   40 Bonn Auf dem Huegel 3 0 323 0,93 2008--04--27
3   12 Freiburg Eulenweg1 1 0 120 0,83 2008--01
3   13 Freiburg Frankenweg LW 1 0 120 0,83 2008--01
4   2 Freiburg Winterer12 18 2 2800 0,71 2008--01
2   7 Freiburg Albertstr23a 2 0 440 0,45 2008--01
6  34 Bonn Malteserstr16 1 1 455 0,44 2008--04--27
2   6 Freiburg Winterer17 4 0 1160 0,34 2008--01
1   3 Freiburg Maximilianstr 4 0 1200 0,33 2008--01
2   4 Freiburg Schwaighof 1 0 680 0,15 2008--01
5  23 Freiburg Wildbachweg11 4 0 3520 0,11 2008--04--27
1   1 Freiburg Waldhof 1 0 1400 0,07 2008--01

Die Tabelle steht im csv Format (lesbar für Windows Excel und Openoffice) zum Download zur Verfügung. Bitte herunter laden und die Endung von .txt nach .csv umbenennen - danach kann die Datei als normales Excel oder Open Document Spreadsheet gespeichert werden. (Dieses Webinterface erlaubt leider nur den Upload einer sehr beschränkte Anzahl von Formatendungen.)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:27

Bei folgenden Einsaaten konnte keine Keimung beobachtet werden (Tabelle 2):

Kasten Schild  Stadt Strasse     Keimlinge   † F cm² K/F*100 Einsaatdatum
------------------------------------------------------------------------------------------------
B   8 Freiburg Waldhof 0 0 570 0 2007--10--05
B   9 Freiburg Sschützenallee15 0 0 570 0 2007--10--05
3  15 Freiburg Waldhof 0 0 16 0 2008--01
5  25 Freiburg Winterer24 0 0 224 0 2008--04--27
B   6 Freiburg Bundschuhstr20 0 0 675 0 2007--08--13
B   7 Freiburg Mischung 1-6 0 0 570 0 2007--08--13
3   9 Freiburg Silberdobel 0 0 100 0 2008--01
B  15 Freiburg Eulenweg1 0 0 210 0 2007--10--05
3   8 Freiburg Hansastr2a 0 0 280 0 2008--01
3  11 Freiburg Bundschuhstr20 0 0 120 0 2008--01
B  12 Freiburg Gemischt 0 0 300 0 2007--10--05
3  10 Freiburg Sschützenallee15 0 0 120 0 2008--01
5  24 Guenterstal Rehhagweg21 0 0 182 0 2008--04--27
6  39 Bonn Botan. Gart. 0 0 9 0 2008--04--27
6  33 Bonn Rheinische Kliniken 21 0 0 9 0 2008--04--27
6  32 Bonn Raiffeisenstr 0 0 102 0 2008--04--27
6  30 Bad Godesberg TheodorHeuss2 0 0 210 0 2008--04--27
B   3 Freiburg Humbergweg14 0 0 1500 0 2007--08--13
B   4 Freiburg Ebneterstr LW 0 0 120 0 2007--08--13
B   5 Freiburg Eichberg LW 0 0 210 0 2007--08--13
5  22 Freiburg Winterer17 0 0 224 0 2008--04--27
B   1 Freiburg Waldhof 0 0 1500 0 2007--08--13
B   2 Freiburg Wiehre Turnseestr 0 0 1515 0 2007--08--13
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:33
Die Sämlinge machten einen guten Eindruck. Der Stiele scheinen überweigend kurz zu sein, was jedoch mit der Tiefe der Einsaat erklärt werden kann. Bei einigen Herkünften zeigte sich eine auffällige rote Färbung auf der Unterseite der Primärnadeln. Die Keimlinge in den 2 kleineren Mörtelkästen (Nr. 5 und 6) wiesen keine solche Rotfärbung auf und besaßen vergleichsweise schmale Nadeln. Diese Kästen standen bis zum Zeitpunkt der Aufnahme im Gegensatz zu allen anderen Kästen im Halbschatten.

Es wurden einige abgefressene oder abgebissene Stängel entdeckt, und zwar sowohl in den Granulat- als auch in den Blumenkästen. In einem Fall lagen die Nadeln auf dem Boden neben dem Stängel. Bei einigen wenigen Keimlingen waren die Spitzen der Nadeln abgefressen.

In den Kästen konnten Spinnen und Ameisen in größerer Zahl beobachtet werden, ferner abends und nachts Schnecken, jedoch nur vereinzelt. Bei punktuellen Beobachtungen zogen die Schnecken zwischen den Keimlingen hindurch ohne sie anzurühren. Testweise habe ich daraufhin eine geringe Menge Schneckenkorn (auf der Basis von (Eisenphosphat) ausgestreut, wodurch die Schnecken aber eher noch angelockt wurden.

Es folgt eine Fotostrecke zur Veranschaulichung der Versuchsanlage.

Erstanlage im Winter
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:37
So vorgefunden am 30. Mai, am gleichen Tag unverändert Inventur und Fotos.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:42
Nach Wochen ohne Regen, ohne zusätzliche Bewässerung, war das Beet gerade erst trocken gefallen. Der Grund war noch feucht. Leider konnten nun Schnecken in die Kästen kriechen.

Die letztlich hinzugefügten Einsaaten in den kleineren Mörtelkästen (5 und 6) befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch provisorisch im vertieften und aufgestauten Abflußgraben.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:45
Teilweise Umbau und neu arrangieren der Kästen am 1. Juni. Die kleinen Mörtlkästen stehen jetzt auf der 'Stufe' des Hauptbeetes (die ursprünglich nur als Trittstufe konzipiert war).
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:46
Der Wasserstand nach dem Auffüllen bis zum Rand des Abflußrohres. Die Höhe ist regulierbar.
Das Wasser stand nach 2 Tagen trockener Witterung immer noch ungefähr in dieser Höhe.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:47
Impressionen von den Keimlingen am 30.5.2008:

Kaiserstuhl Liliental (1)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:49
Kaiserstuhl Liliental (2)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:52
Kaiserstuhl Liliental (3) - Die Ursache der abgebissenen Stengel konnte nicht geklärt werden.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:56
Samen zugesandt von Wayne:

Mountain Home (1)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:57
Mountain Home (2)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 03:59
Mountain Home (3)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:00
Mountain Home (4)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:02
Freiburg Waldhof und Turnseestraße
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:05
Freiburg Ebneterstraße, Eichberg, und Freiburg gemischt
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:07
Bonn Redoute Park, Mountain Home (Kontrollsaat), und Freiburg Wintererstraße 12
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:09
Freiburg gemischt
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:10
Freiburg Waldhof oder Wintererstr. 12
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:11
Diskussion

Wasserversorgung

Das Becken trocknet aufgrund der massiven Verdunstung durch die umgebende Vegetation bei tagelanger starker Sonneneinstrahlung bis auf den Grund aus. Um diesen Effekt abzuschwächen wurde die Vegetation zurückgeschnitten und teilweise mit Dachziegeln abgedeckt. Wenn das Becken trockenfällt, dürfte die 5cm tiefen Wasserrückhaltung am Grund der Kästen noch für ein oder zwei Tage eine Notversorgung aufrechterhalten. Dennoch ist die Konstruktion in der vorliegenden Form nicht vor dem Austrocknen gesichert und von regelmässigen Regenfällen abhängig.

Keimung

Die relativ massive Bedeckung mit Blumenerde und Granulat hat das Durchstoßen der Keimlinge nicht verhindert, sonst hätte ich beim Durchsuchen der Erde 'Fehlschläge' entdecken müssen. Die wenigen in der Tiefe frisch gekeimten Samen waren sehr wahrscheinlich Nachzügler die es auch noch nach oben schaffen würden.

Mortalität

Schnecken hätten bei ständigem Wasserpegel nicht auftreten dürfen, da sie wohl kaum durchs Wasser kriechen. Wenn das Becken jedoch austrocknet, ist ihr Zutritt über den Beckenboden nicht zu verhindern. Dass sie gezielt Keimlinge abgegrast haben konnte nicht beobachtet werden, es ist jedoch nicht auszuschließen.

Möglicherweise beißen die häufig anzutreffenden braunen Wegameisen aus mir unbekannten Gründen gelegentlich Nadeln ab. Das würde die auf dem Boden liegenden Nadeln erklären, die sauber abgeknipst und nicht angefressen waren. Insbesondere ist mir unklar, wie sich eine aufblühende Ameisenpopulation auf einer periodischen Insel entwickelt und wovon sie sich während der Trennung vom 'Festland' ernährt. Vieleicht ist das Abknipsen eine Stressreaktion ?

Die Ausfälle hielten sich 4 Wochen nach dem Keimen der ersten Samen mit rund 16 % in erträglichen Grenzen. Sollten sie jedoch weiterhin in dieser Größenordnung auftreten, werden Herkünfte mit geringer Keimzahl nicht durchkommen.

Da in den nächsten 3 Jahren sowieso mit erheblichen weiteren Reduktionen zu rechnen ist, haben nur die Einsaaten mit hohen Keimlingszahlen eine reelle Chance auf Nachkommenschaft, also wahrscheinlich Mountain Home, Redoute-Park, Liliental, und Wintererstraße 12.

Keimrate

Die Keimrate der Herkunft 'Mountain Home' ist vergleichbar mit den üblicherweise aus dieser Herkunft erzielten Werten [5]. Das vulkanische Granulat und die Tiefe der Einsaat hatten offenbar keinen negativen Einfluß auf den Keimungserfolg.

Relativ keimfreudig scheinen die Bonner Herkünfte Redoute-Park (Bad Godesberg) und Prof. v. Neu (Beuel), ferner aus Freiburg Habichtweg und Wilmersdorferstr (Anne Frank Schule), sowie vom nahe gelegenen Kaiserstuhl die Herkunft Liliental. Eine statistische Auswertung ist leider nicht möglich, und die Andeutung eines Musters kann ich hier auch intuitiv nicht entdecken. Ich vermute dass die Keimrate hauptsächlich von der Qualität der Zapfen abhing, welche ich leider nicht dokumentieren konnte, denn der Versuch überschritt auch so schon die vertretbaren zeitlichen Ressourcen, aber auch deshalb weil die unerlässliche Altersbestimmung der Zapfen ohne Feinschnittmikroskopie sehr unsicher ist.

Die Bonner Herkünfte wurden sehr spät gesammelt und mehr oder weniger direkt nach dem Trocknen eingesät, was die Keimrate positiv beeinflusst haben kann. Doktor Seehann (mündl. Mitteilung von 2008-04, siehe Fußnoten im Anhang) ist der Ansicht dass die Samen nach dem Herausfallen aus dem Zapfen bei langer Lagerung Gefahr laufen, durch ihren Stoffwechsel an Vitalität einzubüßen, und daher so bald wie möglich eingesät werden sollten. Er berichtet von einem Sequoiadendron-Zapfen, den er vor ca. 10 Jahren im Baden-Badener Kurpark fand und aus dem nach sofortiger Einsaat 70 Keimlinge gewonnen wurden. Eine solch hohe Keimrate habe ich nie mehr berichtet bekommen. Es liegt nahe anzunehmen, dass es sich um einen besonders 'günstigen' Zapfen handelte. Die unter den süddeutschen Herkünfte ebenfalls passabel gekeimten Samen waren jedenfalls länger gelagert worden. Natürlich könnte es sein dass ihre Keimrate bei Einsaat sofort nach dem Ausfallen aus dem Zapfen höher gewesen wäre.


Schlussfolgerungen:

Unter Freilandbedingungen sind gegenüber der Anzucht unter kontrollierten Bedingungen zusätzliche Ausfälle unbestimmter Höhe durch Witterungsextreme und Prädation möglich. Daher ist es hier dringend geboten, mit hohen Keimlingszahlen zu arbeiten. Um nicht zuviel Saatfläche zu vergeuden, ist es unerlässlich, Keimrate und Qualität des Saatgutes zu erhöhen. Es stehen prinzipiell zwei Wege zu diesem Ziel frei: Saatgut aus Kalifornien zu beziehen, oder Zapfen optimaler Qualität von einheimischen Bäume zu ernten.

Um den zweiten Weg gangbar zu machen, müssen weitere Keimungsversuche durchgeführt werden, die belegen können, durch welche Merkmale sich Zapfen optimaler Qualität auszeichnen, wann die beste Erntezeit ist, und wie Zapfen oder Samen sachgerecht gelagert werden können.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:12
Referenzen
      
[1] Substrat und Kästen
http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1434.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1434.0)

[2] Qualität der Zapfen
http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1285.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1285.0)

[3] Zapfen sammeln: Von welchen Bäumen ?
http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1254.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1254.0)

[4] Qualität der Samen
http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1849.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?PHPSESSID=edbqjjrmhchfc80j50e6s8c3k2&topic=1849.0)

[5] Keimrate Mountain Home
http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1476.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1476.0)

[6] Entwicklung von Keimlingen (mit vielen Fotos)
http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1369.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1369.0)

[7] Ökologie der Keimung von Sequoiadendron
http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1509.0 (http://mbreg.de/forum/index.php?topic=1509.0)


Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 09-Juni-2008, 04:17
Fußnoten:

Seehann fand vor 10 Jahren im Kurpark Badenweiler einen vom Sturm herabgeworfenen Zapfen, der noch geschlossen und frisch, aber bereits leicht braun war, aus dem er nach dem Trocknen ungefähr 120 Samen herausschüttelte, die er nach 2 Wochen im Kühlschrank einsäte, und von denen etwa 70 (!) gekeimt sind. (mündl. Mitt. Günther Seehann, Mühlenredder 81, 21465 Reinbeck.)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: TaunusBonsai am 09-Juni-2008, 07:00
Guten Morgen Micha,

ein hochinteressanter Bericht! Die gesamte Aufbereitung und begleitende Dokumentation lässt den Leser sehr gut dein Ansinnen verstehen. Ich wünsche dir weiterhin viel Spass und Motivation bei dieser Versuchsreihe und bin gespannt auf den Fortgang.


Gruß
aus'm
Taunus
vom
Ralf
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Wayne am 09-Juni-2008, 14:38
Sehr geil das ganze!

Micha mach weiter so......

Gruß Wayne
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Bischi am 09-Juni-2008, 15:30
Hallo Micha
Wenngleich ich ja eher mit flaxigen Bemerkungen um mich werfe, möchte ich an dieser Stelle mal meine Achtung vor deiner Arbeit ausdrücken. Große Klasse und Hut ab.
Höchst interessant wie du wissenschaftlich die Thematik angehst und welche Eventualitäten du berücksichtigst. Eine sehr wertvolle Bereicherung für dieses Forum.
Mal ne Frage im Bezug auf das Alter der Bäume von denen die Zapfen stammen und die Keimfähigkeit.
Kannst du in etwa sagen, ab welchem Alter BM keinfähige Samen produzieren, hält diese auch im hohen Alter der Bäume an, und wie alt waren die Bäume aus USA, von denen du die Samen hast?
Die ältesten BM Deutschlands dürften ja nicht wesentlich älter als 150 Jahre sein.
Anerkennende Grüße vom Jürgen
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Odysseus am 09-Juni-2008, 15:35
Hi Tuff,
gut gemacht.
Prima Bilder.

Viele Grüße
Walter
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Joachim Maier am 09-Juni-2008, 16:32
Hallo Micha
Wenngleich ich ja eher mit flaxigen Bemerkungen um mich werfe, möchte ich an dieser Stelle mal meine Achtung vor deiner Arbeit ausdrücken. Große Klasse und Hut ab.
Höchst interessant wie du wissenschaftlich die Thematik angehst und welche Eventualitäten du berücksichtigst. Eine sehr wertvolle Bereicherung für dieses Forum.

Dem schließe ich mich an!

Ich hab leider zur Zeit wenig Zeit für solche Dinge; so interessant wie ich es auch finde, aber die Texte sind aus zeitlicher Hinsicht wegen meines berufsbegleitenden Studiums zu lange. Ich hoffe ich kann das noch nachholen.

Nochmals alle Achtung!

Gruß

Joachim
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Nick am 09-Juni-2008, 21:42
...fertig gelesen. :)

Wirklich beachtlich Micha, wie genau und mit wie viel Mühe du deinen Versuch dokumentiert hast.
Sehr interessant!

Weiter so!!!
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Joergel am 02-Oktober-2008, 23:23
Dieses Thema hatte ich mir vor einiger Zeit abgespeichert, um es mal in Ruhe zu lesen.
Micha, tolle Dokumentation! Wie viele leben denn heute noch?

Viele Grüße
Jörg
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Michael D. am 03-Oktober-2008, 12:28
Hallo,Wayne !
Ich hatte es zwar vor einer Weile woanders schon angeschnitten, möchte es aber zur Erinnerung nochmal vorbringen : Da ich gesehen habe, das es bei Deinem Saatgut auch mal zu Farbvariationen kommt,wäre ich sehr an Saatgut von Dir interessiert.Falls Du noch hast,bitte nach B.-B. mitbringen. DANKE !
Viele keimfähige Grüße ! Michael D.  8)
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Bernhard am 06-Dezember-2009, 15:22
Kaiserstuhl Liliental (3) - Die Ursache der abgebissenen Stengel konnte nicht geklärt werden.


Hallo Micha,

das sieht aber sehr nach Schneckenbiß aus.
Hast Du das mal in Betracht gezogen ?

Gruß
Bernhard
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 12-September-2013, 22:45
Bernhard,

Ja, inzwischen schon :) Weg-Schnecken habe ich mittlerweile öfters beobachtet. Allerdings nicht genau beim Abfressen der Keimlinge, aber das bekommen die garantiert auch hin.

Was hingegen lästig ist, sie können einzelne Samen von einem Fach ins andere mitschleppen ... das stellt die absolute Gewissheit der Herkunft meiner Bäume leider etwas in Frage. Aber hoffentlich nur um Prozentbruchteile, weil sowieso nur wenige Samen keimen.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: sequoiaundco am 13-September-2013, 09:26
Hi Tuff,

Sequoiadendron und Sequoia werden von Schnecken nach meinen Erfahrungen bei Freilandaussaaten völlig verschont. Umso leckerer scheint Metasequoia zu sein und der absolute Hit auf dem Speiseplan: Taiwania.

entsprechend sauer   chris
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: ac-sequoia am 13-September-2013, 15:07
Zitat
Sequoiadendron und Sequoia werden von Schnecken nach meinen Erfahrungen bei Freilandaussaaten völlig verschont.

Das kann ich leider nicht bestätigen. Bei mir haben sich die Schnecken über frisch gekeimte BMs hergemacht. Es müssten Vertreter der Gattung "Arion" gewesen sein ( ich denke die Garten-Wegschnecke (Arion hortensis) ).

Nachdem ich den ersten Fraßschaden endeckt hatte, habe ich den Übeltäter gesucht. Konnte dann unter Steinen (die hatte ich als Begrenzung der Herkünfte in die Saatschale gelegt) die ruhenden Schnecken finden. Eine hing noch draussen an einem Sequoiadendron-Zipfel und an anderen waren noch Schleimreste zu finden.

Interessant ist hier, dass ich schon öfters direkt im Freiland ausgesäht hatte, jeodoch noch nie solche Probleme auftauchten. Nur dieses eine mal, wo ich eben Steine als Begrenzung nutzte. Ich denke mal, dass diese Schneckenart die Steine als Unterschlupf braucht, um sich dann nachts oder bei feuchter Witterung, über das nächst beste Grün herzumachen.

Gruß
Andreas
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: sequoiaundco am 13-September-2013, 15:46
Hi Andreas,

interessant! Ist wahrscheinlich alles eine Frage der Alternativen. Meine Erfahrungen der letzten Jahre: Bevorzugt wurden Taiwania, Metasequoia, Morus und Nandina. Z. T. Hunderte razekahl zur Schnecke gemacht in wenigen unbeobachteten Nächten.

chris
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Michael D. am 14-September-2013, 12:10
Hallo,Chris !
Sequoiadendron und Sequoia werden von Schnecken nach meinen Erfahrungen bei Freilandaussaaten völlig verschont.

Das kann ich so leider auch nicht bestätigen.Gerade dieses Jahr haben Schnecken kräftig bei den Sequoiadendron-Sämlingen aufgeräumt.Aber auch Metasequoia war sehr beliebt :-\...

Abgefressene Grüße ! Michael
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 18-April-2015, 17:52
Hallo, nach einigen Jahren nehme ich den Faden mal wieder auf.

Zunächst mal vielen Dank (nachträglich...) für die wichtigen Infos zu Schneckenfraß. Leider konnte ich meine Saatkisten in den letzten Jahren immer weniger pflegen und das Problem dürfte nur noch größer geworden sein. Insgesamt kamen aber immer noch ausreichend Keimlinge durch.

Obwohl ich zur Zeit unterwegs bin und jetzt keine Fotos posten kann, beginne ich nun endlich mal, nach und nach, weitere Ergebnisse des Experimentes zu schildern.

Meine Zielsetzungen sind im Laufe der Jahre vielfältiger geworden, mittlerweile ist mir aber auch klar daß es bessere Anzuchtmethoden gibt, selbst wenn man selektieren will.

Mein Design ist daher nicht als Vorbild gedacht, sondern zunächst mal ein von der Not ditkiertes Experiment. Ich habe über die Ökologie der Keimlinge und Sämlinge daraus viel gelernt, was schon immer ein wichtiges Ziel war. Insofern war das Ganze sehr erfolgreich.

Da ich meine Bäume an einem anderen Ort anziehe, als mein Wohnort, wo ich auch keine Infrastruktur nutzen kann (kein Leitungswasser, kein Strom, keine zur Verfügung stehenden Gebäude), und ich durchschnittlich nur alle 6 Wochen dort bin, musste ich ein System finden bei dem die Keimlinge allein zurechtkommen. Mein System ist so beschaffen, daß es praktisch überall (auch fernab der Zivilsation) funktionieren kann, sofern es einen Bach oder Teich gibt.

Einen Bodenaustausch betreibe ich fast gar nicht mehr, sondern fülle nur Löcher wieder auf, so daß ich inzwischen, nach Jahren, von (regelmässig gekappter) Begleitvegetation und leider auch von Unkraut intensiv durchwurzelte, ansonsten weitgehend ungedüngte Kisten habe, in denen über die Wintermonate in 20 cm Tiefe bereits das 'Grundwasser' steht. Im Sommer sinkt der Wasserstand, jedoch selten bis zum Trockenfall, und selbst dann bleiben die Kisten innen feucht. Zudem verfügen sie ganz unten über einen 5cm hohen Notvorrat. Nach Regenfällen werden die Kästen dann kurzfristig wieder befeuchtet.

Das ist gar nicht so weit entfernt von den Schmelzwasser-Rinnen und Mulden in denen kleine BM in der Sierra Nevada offenbar sehr gute Überlebenschancen haben.

Nach der Einsaat passiert im Grunde pflegemässig fast nichts mehr bis zum Auspflanzen (idealerweise im 2. Jahr, in einer 600 m entfernten Fläche in der ich nur mit hohem Aufwand (Wasser zu Fuß tragen) gießen kann, und es deshalb nur extrem selten tue. Diese seit 60 jahren nicht mehr bewirtschaftete 'Unland'-Fläche mit schlechten Boden und dichter vielfältiger Grasflora ist eine kleine Wildnis und wird von Rehen, Hasen, Wühlmäusen uva. intensiv genutzt. Sie steht als Insel im Weideland voll im Wind und bekommt sehr viel Sonne.

Als Folge des 'water pruning' und des geringen Nährstoffangebotes erziele ich kleine, aber robuste Pflanzen, welche keine tiefen Wurzeln haben und mit einem festen Ballen ausgestochen werden, aufgrund der Kleinheit nur wenig Wasser verbrauchen, und trotz des extremen Standort-Wechsels nur einen geringen einen Pflanzschock bekommen. Jedoch brauchen sie vor Ort noch für etwa 2 Jahre punktuelle Pflege, vor allem Winterschutz auf- und abbauen sowie, falls vorhanden, Unkraut rupfen). Selbstverständlich bekommen alle kleinen Sämlinge für die nächsten Jahre einen Wühlmausschutz (Mauskragen) und sie müssen gegen Reh und Hase geschützt werden.

Ich hatte auch schon Sämlinge, welche im ersten Jahr > 15 cm erreichten. Diese sind dann in der ersten harten Sonnenstrahlung, Ende Februar / anfang März, sofort vertrocknet. Instinktiv würde ich solche Vorwüchsigen hier in unserem Klima lieber nicht aktiv schützen und fördern.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 18-April-2015, 18:07
Dem eingangs gezeigten ersten Becken habe ich schon bald ein weiteres für maximal 12 große Mörtelkisten hinzugefügt, und nochmal später ein drittes für weitere 8 Kisten. Die drei Becken unterscheiden sich in Tiefe, Wasserstandsverlauf, und Sonnenstrahlung.

Das große zweite Becken wurde stillgelegt, weil eine Anpflanzung des Nachbarn es zu schattig werden ließ. Es wird seitdem von den bei uns eher seltenen Kammolchen (http://de.wikipedia.org/wiki/Kammolch) genutzt, deren Larven dort ungestört aufwachsen können, was mich freut. Somit habe ich noch ein eher schattiges Becken (das erste) und ein Vollsonniges.

Nach den ersten Jahren mit hohem Output (an vielen Arten, auch Laubbäumen) habe ich auf eigenen Flächen fast keinen Pflanzbedarf mehr. In den letzten Jahren betreibe ich regelmässig nur etwa 8 - 10 Kisten, und in manchen sind nur wenige Pflanzen. Generell ziehe ich nur noch wenig Mammutbäume, dafür (ohne bestimmtes Ziel) andere Koniferen, Obstbäume, Wildobst, Ziersträucher, Hickory, Ginkgo und dieses Jahr auch Taxodium. Letztlich schaffe ich es einfach nicht damit aufzuhören :) 

Die meisten Gehölze (auch andere Koniferen) keimen und wachsen in den Becken mühelos, sind vital und werden sehr schnell kräftig und groß. Es war zB. gar kein Problem, sowohl Latschenkiefer als auch Taxodium anzuziehen. Manchmal schlage ich auch irgendwo ausgegrabene Pflanzen dort ein, damit sie sich erholen können bevor sie an Ort und Stelle kommen. (Im Rahmen der Bodenflora-Ansiedlung derzeit etwa Geophyten) Ich habe in den Kisten auch schon Hokkaido-Kürbissse vorgezogen. Es geht alles sehr gut und vor allem fast ohne Pflege (auch kein Wässern).

Nur der BM ! Er keimt zwar gut, und überlebt das Keimungsjahr auch sehr gut (und mittlerweile auch den Winter), wächst dann aber sehr langsam. Noch am Ende des zweiten Jahr sind die meisten Sämlinge nur 5-10 cm hoch, und eher buschig-gedrungen. Das ist für mich, wie bereits erklärt, kein Problem sondern eher günstig. Dennoch sind die Gründe zu hinterfragen.

Ich sehe zwei mögliche Faktoren:

(1) Der hohe Grundwasserstand und der mittlerweile dicht durchwurzelte, selten ausgetauschte und daher nicht besonders lockere Boden führen zu Sauerstoffmangel. Insbesondere fehlt in den Saatkisten-Inseln Wühler und Regenwürmer, welche einen Boden wieder auflockern können.

(2) Sticktoffmangel - die Kisten wurden in über 5 Jahren nie mit Stickstoff gedüngt, aber ständig wird Biomasse entnommen (Unkarut).
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 19-April-2015, 02:13
Der hohe Wasserstand ist notwendig, damit die Feuchte bis in die obere Bodenschicht mit den eingesäten Samen steigt, und die Samen und Keimlinge verlässlich mit Wasser versorgt.

Nach einiger Zeit (6 Monate?) braucht der Sämling aber deutlich mehr Sauerstoff und sollte in der Tiefe mehr Boden zur Verfügung haben.

Hierfür hatte ich von Anfang an keine gute Lösung. Ich musste die Kisten in flacheres Wasser umstellen, das bedeutet, über 80 Kilo (?) aus dem Becken hieven, herumschieben, und woanders wieder hineinhieven. Mittlerweile ist mir das zu ungesund. Man wird ja nicht jünger...

Für einzelne Sämlinge habe ich eine provisorische Lösung gefunden. Ich setze sie einfach 'hoch', indem ich mit einem Stück Ofenrohr ein rundes Stück aussteche, Erde einfülle, und den Pfropf wieder aufsetze. So steht der Sämling nun auf einem Hügel.

Die professionelle Lösung wären mehrere Becken mit regulierbarem Wasserstand. Zu Einsaat hat das Becken den höchsten Wasserstand, dieser wird dann fortlaufend herunterreguliert. Im nächsten Jahr braucht man dann zur neuen Einssat auch ein neues Becken. Idealerweise würden die Sämlinge der ersten Generation Ende des zweiten Jahres bereits ausgepflanzt, jedoch sind viele zu diesem Zeitpunkt noch nicht groß genug und sollten noch ein weiteres Jahr im Anzuchtbecken bleiben. Daher braucht man für eine neue Einsaat im dritten Jahr noch ein drittes Becken.

Alternativ wäre ein riesiges Becken mit Betongrund und Tiefengradient möglich, in dem man einzelne Kisten sehr leicht verschieben kann. Damit die Kisten trotz Gefälle gerade stehen, brauchen sie einen keilförmigen Untersatz ('Schlitten'). Diese Konstruktion wäre besonders flexibel und daher vorzuziehen.

Allerdings haben kleine, dicht besetzte Becken (in denen man nichts schieben kann) einen Vorteil: Sie halten die Kisten im Sommer kühl, und schützen auf die gleiche Weise im Winter vor leichten Frösten.

Mein Design habe ich aber mit der Zielsetzung entwickelt, den natürlichen Keimungsbedingungen auf die Spur zu kommen - nicht, um ein perfektes Anzuchtverfahren zu entwickeln. Daher hat die Lösung dieses Problems keine Priorität, sie führt im Gegenteil eher ab vom Weg. Ein Keimling in der Wildnis kann ja auch nicht einfach seinen Standort oder seinen Wasserstand wechseln.
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 19-April-2015, 14:50
Das Austauschen des Bodens wurde mir einfach zu anstregend (Kisten heausheben und Material heranschaffen), ich habe auch, ohne Auto ,generell ein Problem geeigenete Substrate herbeizuschaffen. Also fing ich an, einzelne BM auszupflanzen und nur die Löcher wieder aufzufüllen. Größere 'freie' Bereiche wurden irgendwann neu eingesät. Es entsteht eine Mischung aus unterschiedlich kleinen BM, Keimungs-Plots, erwünschter Begleitvegetation (Juncus, Calamagrostis), und Gras / Unkraut welches jedes Jahr dezimiert werden muß.

(Leider zieht auch genau diese Situation Schnecken an, sie ist keinesfalls günstig.)

Es sieht sehr unordentlich aus, hat aber auch Vorteile: Die dichte Durchwurzelung schützt vor Bodenfrost, Sämlinge werden sogleich mit Wurzelsymbionten versorgt, kein Pflanzschock durch Pikieren, kein Zeitdruck zum Auspflanzen oder Giessen, kein Herumtragen von schweren Töpfen.
Man kann in Ruhe abwarten bis ein Bäumchen groß und stark genug ist.
Im Waldbau würde man das Verfahren wohl Zielstärke-Nutzung nennen ....

Es ist auch nicht verkehrt, im Herbst das Unkraut ein wenig zuwachsen zu lassen, so daß die Bäumchen etwas geschützter sind.  Aber ist es das wert ? Mittlerweile glaube ich, nein.

Das Unkraut-Problem könnte man mit einer Bedeckung mit handlichen Steinen angehen. Steine machen die Kisten automatisch schwerer und resultieren in Extra-Aufwand bei Neu-Einsaat. Der aber vertretbar sein dürfte. Zusätzlich könnte man freie, ungenutzte Bodenoberflächen mit Moosen oder Nadelstreu bedecken, welche die Unkrautkeimung einschränken.

Also, einen Stein- und Moosvorrat anlegen - Zeitaufwand in der benötigten Menge inklusive Lager-Kasten wahrscheinlich ein ganzer Nachmittag - aber das wird es wohl auch wert sein.
 
Titel: Re: Sequoiadendron: Keimung verschiedener Herkünfte unter Freilandbedingungen
Beitrag von: Tuff am 22-Juli-2018, 17:13
Rückblickend habe ich mit meinem 'Nass-System' (also Wurzelwuchs nach unten durch einen jahreszeitlich variierenden Wasserstand beschränkt) folgende Erfahrung gemacht:

Alle BM-Sämlinge wuchsen langsam und wurden typischerweise Ende des 2. Jahres mit 10-20cm Höhe ausgepflanzt.

Der Wechsel zum gewachsenen Boden und einer normalen Bodenfeuchte ohne Wurzelbarrieren ist vermutlich der Grund, warum die Sämlinge auch in den der Auspflanzung folgenden 1-2 Jahren noch langsam wuchsen (Pflanzschock der Umstellung). Danach, mit ca. 30-50 cm Höhe, normalisierte sich das Wachstum.

Der starke Verzögerung bedeutet erheblichen Pflegeaufwand (vor allem Unkraut / Gras) und natürlich muss man den Baum dann auch vor Ort länger gegen Verbiss und Verfegen schützen, bei mir vieleicht 2 Jahre länger.

Ich habe das System wie gesagt aus der Not erfunden, Sämlinge in der Anzucht nicht vor Ort wässern zu können; und gehe davon aus daß Airpots dem deutlich überlegen sind.

Ob mein System eine ganz eigene Selektion darstellen könnte, ist eine gute Frage. Auf jeden Fall war die Mortalität spätestens ab dem 2. Jahr sehr hoch.

Dabei wurden meine Sämlinge in allen Stadien öfters von Unkraut überwuchert, und mussten jeweils für einige Wochen die Schattenkonkurrenz erdulden.

Ferner mussten die Wurzeln wassertolerant sein (also Sauerstoffmangel ertragen), vor allem im Winter. Die Gefahr der Wurzelfäule ist dabei besonders gross.

Da sie ganzjährig draussen aufwuchsen, mussten sie ferner alle Witterungen ertragen (auch wochenlangen Frost) und Schäden durch Fraß (Schnecken u.a.) kompensieren können.

Die Wurzeln mussten sich im Saat-Becken umorientieren: Statt in die Tiefe, eher ein flaches weitstreichendes Geflecht. Das half sehr beim Auspflanzen.

Diejenigen, die überlebt haben und guten Wuchs zeigten, stehen nun einige Jahre in meinem Grove unter teilweise total anderen Bedinungen (regelmässig Dürren im Frühling und Sommer,  ganz andere Bodenverhältnisse) und sehen gesund aus. Ab ca. 50cm Höhe wuchsen sie auch bei Dürren oder nach kalten Wintern, nach denen sie kaum Schäden zeigten, sehr zuverlässig zu. Insbesondere mit den Dürreperioden hatte noch keiner ein Problem, was mich immer wieder beeindruckt hat.

Ich gehe davon aus, dass mein System, nach dem Verstreichen des Pflanzschockes, am Standort ein weitstreichendes Wurzelsystem fördert, welches wiederum in der Lage ist, des Sommers auch geringe Niederschläge aufzunehmen, welche nicht in die Tiefe vordringen.

Ein Airpotsystem dürfte aber genau das gleiche bewirken, jedoch ohne Wuchsverzögerungen und normalerweise ohne Pflanzschock.