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Höhenpotential: MB, Douglasie und andere Arten

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xandru:
Hallo Walter,

Der Schluss ist mir zu spekulativ und lenkt ab. Die Frage ist doch die mögliche Wuchshöhe – unter den natürlichen genetischen Bedingungen einer Spezies. Die Rede ist weder von künstlich gemischten Organismen noch etwa von kranken Individuen.

Sicher kann man nicht alle Koniferen als Relikt-Arten bezeichnen. Jedoch ist die Evolution ein ständigen Werden und Vergehen von Arten. Wenn man nun bedenkt, dass die Koniferen um Größenordnungen älter sind (Faktor 3) als die Samenpflanzen, muss es verwundern, dass die Zahl der rezenten Spezies um Größenordnungen kleiner ist (Faktor 100). Und das selbst wenn die Lebensspanne (und damit Generationenfolge) einiger Koniferen bis zu Faktor 10 größer ist als wohl bei den meisten Laubbäumen.

Wahrscheinlich sind im Laufe der Evolution Hunderte oder gar Tausende von Koniferen-Spezies entstanden und auch wieder vergangen. So gesehen sind die heute existierenden ca. 500 Arten tatsächlich ein Relikt und die Angiospermen haben das Zeug, sich rascher an ökologische Nischen anzupassen. Haben Laubbäume einen schnelleren Stoffwechsel, der sie für extrem kalte Standorte ungeeignet macht?

Wenn wir aber von der Höhe reden: Angesichts der Druckverhältnisse (100 Meter = zehnmal der Luftdruck) scheint mir die Schiene des unterschiedlichen Transports am interessantesten. Sind die höchsten Spezies alle immergrün? Darf der Transport nicht abreißen? Hier käme dann die Theorie des hohen Durchsatzes ins Spiel (verhältnismäßig hohe Verdunstung bei konstantem Nachschub).

Verhältnismäßige Grüße,
Wolfgang

Tuff:
Walter,

Da hast Du wohl recht, ich habs durcheinandergebracht. danke für die Korrektur. Was früher größer war, war die Anzahl der Tage, aber natürlich bei kürzerer Dauer. Wikipedia has the story.
Entsprechende Untersuchungen deuten beispielsweise an, dass vor 400 Millionen Jahren das Jahr etwa 400 Tage hatte, bei angenommener gleicher Jahresdauer also ca. 21,9 Stunden je Tag. Für vor 310 Millionen Jahre konnte dagegen eine Tagesdauer von 20 Stunden ermittelt werden.

Da die heutigen Gattungen (nicht Arten!) sich i.d.R. in einem Zeitrahmen von 50 - 150 (200 ?) Mio Jahren gebildet haben, können wir diese obigen Werte wohl vernachlässigen.

Tuff:
Zum Riesenwuchs in erdgeschichtlichen Zeiten.

Fossilen Funde können selten so gut bestimmt werden, daß man eine Identität zu heutigen Arten herstellen kann. Daher werden sie generell mit einem arbiträren Artnamen belegt. Beispiel: Sequoiadendron chaneyi (zu Ehren eines Paläontologen) oder Sequoia abietina. Eine Identität zur heutigen Sequoia wird in der heutigen paläontologischen Systematik erst bei Fossilien aus dem Miozän festgestellt. Die Art sempervirens ist damit wahrscheinlich nicht älter als ca. 20 Mio Jahre.

Je weiter man in die Vergangenheit geht, desto unsicherer wird die Zuordnung. Insbesondere ist es meist - aus Mangel an Fossilien - unmöglich, eine direkte Verbindung von einer Art zu ihrem Vorläufer herzustellen. Dieser Vorläufer kann von derselben Gattung sein, oder sogar einer anderen Gattung, dann hätten wir das 'missing link' zwischen zwei Gattungen. Das dürfte nur sehr selten gefunden werden.

Es gibt auch ein prinzipielles Problem. Wir sind es ja gewohnt, Arten quasi 'räumlich' zu denken: Ein Baum hier ist nicht ein Baum dort. Aber was ist, platt gesagt, mit dem gleichen Baum der vorgestern noch so war und heute anders ist ? Wann ist es eine eigene Art ? Gibt es Zwischenstadien ? Aber wo hört 'zwischen' auf ?

Wenn wir jetzt also über 'Riesenwuchs' (oder nicht) von Bäumen einer speziellen Gattung spekulieren, sagen wir Sequoia vor > 140 Mio Jahren (vielleicht die ältesten Fossilien die es bezüglich 'unserer Mammutbäume' überhaupt gibt, den eigentlichen Funden hierzu habe ich aber bisher nicht auf den Zahn gefühlt) dann muss man zunächst mal die Quellen prüfen. Sind die genannten Fossilien wirklich von der Gattung Sequoia oder wurde das falsch kolportiert. Leider sind die 'Populär-Texte' der Sekundärliteratur oft genauso salopp wie ich mit den 'Eukalyptusartigen' ;). Aber auch wenn es Sequoia war, muß es sich nicht um einen Vorläufer unserer heutigen KM handeln.

Gehen wir noch weiter in der Zeit zurück bis zu einem gemeinsamen Vorläufer aller fossilen Sequoia Arten, landen wir höchstwahrscheinlich bei einer eigenen schon relativ unähnlichen Familie, wie zum Beispiel den Cheirolepidiaceen. So eine Familie wird nebenbei gesagt auch nach möglichen 'Abspaltungen' noch weiterexistiert haben. Man findet also vom Vorläufer gegebenenfalls auch jüngere Fossilien als vom Nachfahren.

Das alles beinhaltet eine Menge Potential zu Fehlern und Verwirrung - man darf sich nicht zu sehr auf die ferne Vergangenheit stützen. Daher schlage ich vor, zum Vergleich mit heutigen Arten nur einen Zeitraum zu nehmen, der nicht so weit zurückreicht und der relativ gut 'erforscht' ist, etwa das Tertiär (heute durch das anders definierte "Känozoikum" ersetzt), welches mehr oder weniger mit dem Einschlag des Chicxulub Asteroiden vor 66 Mio Jahren begann.

Über die Höhen der tertiären Baum-Fossilien konnte ich bisher nicht soviel finden, das Bild hierzu ist mindestens unklar. Auffällig riesige Exemplare (auch im Durchmesser) wurden jedenfalls nicht berichtet. Vergleiche mit den Saurieren wo dies Alltag war. Aber einen fossilen 100 m Stamm nach 50 Millionen Jahren intakt an einem Stück zu finden ist andererseits auch ein Ding der Unmöglichkeit; und genau da wo die Bäume am größten wurden herrschten vielleicht auch die Bedingungen einer raschen Zersetzung.

Ich gehe jedenfalls davon aus, daß in erdgeschichtlichen Zeiten die Bäume im Allgemeinen auch nicht viel höher waren als heute (tut mir leid, Andre). Es wird aber durchaus immer wieder, als Ausnahme, einzelne Giganten gegeben haben von denen einige sicher auch den Sherman Tree oder den Maria-del-Tule-Baum übertrafen.

Sondern ich glaube eher, daß über eine lange Evolutionszeit bestimmte sich selbst verstärkende Merkmale bis zum Extrem 'ausgereizt' werden. Hier denke ich an den evolutionären Druck zum Höhenwuchs bei Sequoia, der sich bei innerartlicher Konkurrenz (welcher die Bäume aufgrund der klonalen Vermehrung auch nicht ausweichen können) selbst verstärkt. Es ist auch denkbar, daß heutige Gebirgsmammutbäume, nachdem sie durch die Eiszeiten gingen, im Durchschnitt sehr viel älter und dadurch auch größer werden als ihre tertiären Vorläufer.

Tuff:

--- Zitat von: xandru am 14-Dezember-2013, 22:56 ---Sind die höchsten Spezies alle immergrün?
--- Ende Zitat ---

Das finde ich eine gute Frage. Soweit ich es überblicke, würde ich sagen, ja. (Man müsste die tropischen Bäume aber noch im Einzelnen chekcen, zu denen bin ich nur rudimentär informiert).

Das hätte dann aber möglicherweise Konsequenzen bezüglich Metasequoia - oder diese Art widerlegt eines Tages die Regel :)

Odysseus:

--- Zitat ---Der Schluss ist mir zu spekulativ und lenkt ab. Die Frage ist doch die mögliche Wuchshöhe – unter den natürlichen genetischen Bedingungen einer Spezies. Die Rede ist weder von künstlich gemischten Organismen noch etwa von kranken Individuen.
--- Ende Zitat ---

Hallo Wolfgang,

für mich ist interessant, wie ist genau der Mechanismus, der die Wuchshöhe bestimmt.
Otto, Bernt, Tuff haben da viele Dinge aufgeführt: Turgor, Kohäsion, Adhäsion, Kapillarkräfte, Salzkonzentrationsgefälle, Tracheeenlänge, wie das Wasser von den Wurzeln in die Krone hochgeschafft wird. - Irgendwo muss da eine Grenze sein.

Mein Ansatz also,
ich setze den Baum unter konstanten Wachstumsantrieb und untersuche dann, wie hoch er wird und wann oder wie welches (Wasserhochleit-)System ausfällt. Vorher muss ich natürlich ausprobieren, wie messe ich jedes einzelne System.
Dann vergleiche ich die Bäume und bekomme im Idealfall ein Ergebnis, oder wenigstens Erkenntnisse, die zu weiteren Experimenten führen.
(Sillett hat so ähnliche Überlegungen auch angestellt).

Die mögliche natürliche Wuchshöhe kann ich doch nur ermitteln über Anpflanzversuche und hinterherige statistische Auswertung.
Eigentlich braucht man das aber auch gar nicht. Man muss nur die heutigen Baumvorkommen in Bezug auf Höhe oder Dicke mit den geeigneten statistischen Parametern untersuchen, dann hat man die arttypischen Wuchshöhen oder Dicken. Und daraus ergeben sich die Werte, die heute in den Büchern stehen.

Viele Grüße
Walter

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