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Höhenpotential: MB, Douglasie und andere Arten

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Tuff:
Ich finde Ottos Ansatz vielversprechend. Tatsächlich gibt es prinzipielle Unterschiede zwischen Tracheen und Trachaeiden. Die engen Tracheidenzellen der Gymnospermen enden nach oben in einer zugespitzen siebartigen Wand mit speziell angeordneten Löchern (historisch Tüpfel genannt), sie schieben sich also keilförmig in die Zelle darüber. Die Wassersäule wird hindurchgepresst oder (bei intensiver Verdunstung) gesaugt, ein Zurückfallen durch dieselben Löcher wird aber durch die Bauweise erschwert. Mit anderen Worten, der Nadelbaum kann seine Wassersäule 'Stück für Stück' oder mm für mm aufbauen und in die Höhe schieben.

Tracheen sind deutlich großlumiger sind, und haben (fast) keine Zwischenwände mehr, d.h. die Leitbündel bestehen aus sehr langen Röhren, von denen jede eigentlich aus Millionen Zellen besteht. Das ist fortschrittlich, weil es deutlich höhere Transportgeschwindigkeiten ermöglicht. Die Wassersäule kann aber in großer Höhe (im Vergleich zu Nadelbäumen) nur bei relativ starker Wasseraufnahme, also sehr aktiven Wurzeln und der dazu passenden Verdunstung, aufrecht erhalten werden. Andererseits kann zu starke Verdunstung hoch oben in der Krone die Nachlieferung schnell überfordern.
 
Das bedeutet klimatische Einschränkungen bezüglich Temperatur (Wärme), Luftfeuchte und Energieangebot. In sehr kaltem Klima oder bei wenig Sonnenenergie (nördliche Breiten) oder bei geringer Wasserverfügbarkeit (Felsengebirge, mediterranes Klima) wird die mögliche Höhe dadurch vermutlich stark eingeschränkt.
Hier sind Nadelgehölze im allgemeinen leistungsfähiger.

Tuff:
Andre, wie kommst Du jetzt darauf daß die Taxodiaceen keine Koniferen sind ? Sowas habe ich bestimmt nicht gemeint. Daher 'von den Koniferen abziehen', denk mal mathematisch.

Wir stellen hier in der Diskussion bisher außer den Mammutbäumen ausschließlich Pinaceen auf die eine Seite und sprechen von 'den Koniferen'. Ich finde die Unterschiede der Cupressaceen, und darunter vor allem der Gruppe der Taxodiaceen, zu den Pinaceen aber doch relativ groß. Rein gefühlsmässig würde ich wenigstens die Gruppe der Taxodiaceen (die es offiziell als Familie ja nicht mehr gibt) lieber etwas differenzierter behandeln.

Die 'modernen' Pinaceen und auch die Laubgewächse der nördlichen Hemisphäre sind i.d.R. durch das Zeitalter der Eiszeiten geprägt (Kälte, Trockenheit) vielleicht ist das der entscheidende Unterschied. Zwar haben die Mammutbaum-Reliktpopulationen in Kalifornien diese auch überstanden, aber zumindest der KM (an entsprechend geschützten Standorten) ist dadurch sicher nicht geprägt worden, und auch der BM tut sich auch heute noch mit entsprechenden Bedingungen schwer; von Taxodium und Metasequoia mal ganz abgesehen.

Ich frage mich also, ob man die immergrünen Hartlaubgehölze der Baumklasse (die ich salopp und falsch, aber einprägsam 'Eukalyptusartige' nannte), in analoger Weise zu den Taxodiaceen, sowohl ökologisch als auch physiologisch von den laubabwerfenden Arten der nördlichen Hemisphäre abgrenzen kann. Vor allem letzteres ist hier die spannende Frage. Die Leitbahnen von Eukalyptus würde ich jedenfalls gerne mal im Detail erklärt bekommen. Was wenn diese nicht vergleichbar sind mit denen einer Buche ? (Die ausgeprägte Feuerökologie ist es mit Sicherheit nicht.) Es würde mich auch nicht wundern wenn zumindest die beiden Familien der Dipterocarpaceen (->Shorea) und Myrtaceen (->Eucalyptus) erdgeschichtlich auch besonders alt sind. Man müsste jetzt auch mal schauen warum diese Familien, innerhalb der Obergruppe der Rosiden, einer anderen Untergruppe zugeordnet werden als unsere temperierten Laubbäume (Eurosiden 1 und 2).

Das alles meinte ich auf beiden Seiten mit 'Sonderfall', das Wort ist aber wohl nicht gut gewählt.
   
Ich möchte mich jetzt hier aber nicht auf eine Systematikdiskussion einlassen (lieber im Paläontologieboard). Sagen wir einfach rein gefühlsmäßig würde ich Eukalyptus unter den Laubbäumen einen Status zuordnen, der ähnlich dem der Mammutbäume unter den Nadelbäumen ist. Das ist aber nur als behelfsmäßiges analoges Kriterium gedacht und mir ist klar, daß hier Äpfel, dort Birnen aussortiert werden. Wie ich schon sagte ändert sich dadurch aber am Befund nichts (signifikanter Höhenunterschied). Spätestens wenn es um physiologische Unterschiede auf Zellebene geht, muss man m.E. aber nochmal genauer hinschauen.

Waldläufer:
Hallo,
wie schon erwähnt mag die verschiedene Kronenarchetektur bei den Nadelgehölzen den Drang zu höheren Höhen begünstigen.
Sobald große Laubbäume dominant werden nützen sie den Platz und gehen stark in die Breite.
Wiederhole noch einmal - es gibt nur ganz wenige Regionen wo die Nadelgehölze durch außergewöhnliche Höhen auffallen.
Im Westen Amerikas haben die Nadelgehölze durch Sommertrockenheit bei gleichzeitig milden feuchten Wintern Wettbewerbsvorteile
vor den Laubbäumen. Bei Niederschlägen von bis teils 3000mm im Jahr ist dann eben ein höherer Wuchs möglich.
Ein Laubbaum kann eben sofern blattabwerfend nicht das ganze Jahr assimilieren. Daß die meisten dieser Riesen bei uns viel
kleiner bleiben zeigt die Standortabhängigkeit dieses Wuchses.

                                                   Viele Grüße             Bernt

Tuff:
Bernt, ich kann Dein Argument jetzt sofort für mich verwenden und sagen, daß die immergrünen Laubbäume der (Sub)Tropen, bei einer vergleichbar guten Wasserversorung, logischerweise das ganze Jahr über assimilieren können, und daher bei diesen der Höhenunterschied nicht so deutlich sein dürfte. Dies ist ja der Fall. Das spricht dafür, daß an deiner Idee 'Länge der Assimilationsperiode' oder noch genereller, 'Netto-Energiezufuhr', etwas dran ist.

Mir fällt dazu noch etwas ein. Im Frühling muss der laubabwerfende Baum seine austreibenden Knospen in großer Höhe für einige Zeit nur mit reinem Wurzeldruck wasserversorgen, ohne daß durch Verdunstung ein Sog entstehen könnte; und dies bei oftmals noch geringen Bodentemperaturen. Man kann sich jetzt bildhaft vorstellen, daß eine 100m hohe Buche im Frühling ihre oberen Knospen nicht versorgen könnte, und diese auf sowas wie +50m einfach vertrocknen würden.

Dazu tritt übrigens noch ein Effekt. Es ist zu erwarten daß die Wassersäule in den durchgängigen Tracheen der Laubbäume über einen Winter (Laubfall) zusammensackt. In der Krone könnten dann zunehmend Luftblasen auftauchen, quasi Embolien. Dadurch wird ein Nachsaugen dann in der betroffenen Leitbahn fast unmöglich. Erst wenn alle anderen Systeme 'hochgefahren' sind, kann die Luft durch Turgor wieder herausgepresst werden.

Aufgrund ihrer speziellen Tüpfelstruktur ist ein Zusammensacken der Wassersäule (oder allgemein, eine Embolie) bei den Gymnospermen nicht so schnell zu erwarten.

Bevor man jetzt aber sagt 'Es spricht alles dafür daß nur Nadelbäume große Höhen erreichen können' muss man sich aber erinnern, daß es für alle technischen Probleme eine Lösung gibt und die Natur könnte diese, irgendwo in der Welt, längst gefunden haben.

Odysseus:
Nur mal kurz hier als Einwurf:


--- Zitat ---Hier nun meine Theorie: im Erdmittelalter ließen das Klima Riesenwuchs zu. Wie die Saurier erreichten auch die Bäume sagenhafte Rekordabmaße, die sich leider schwerer belegen lassen wie bei tierischen Knochenfunden. Nach diversen Katastrophen und Klimaveränderungen haben immer noch Arten überlebt die diesen Riesenwuchs praktizieren. Klar sind Koniferen Reliktbaumarten.
--- Ende Zitat ---
Kiefernspezi.
(Hervorhebungen von mir).

Hi Kiefernspezi,
Erdmittelalter (Mesozoikum/Mesophytikum): Trias (250 Mio a) ---> Tertiär (66 Mio a): Ich hab da bisher nichts von Rekordmaßen bei Bäumen gelesen (Wenn man von sehr hoch werdenden Bäumen spricht, meint man meist 20-25 m).
Ein sehr gutes Beispiel für Bäume aus der Trias: Petrified Forest.
Unter Riesenwuchs verstehe ich Baumhöhen von 80-150 m. Wenn du Literaturangaben hast für solche Höhen (für das Mesozoikum), würde mich das sehr interessieren.
Die meisten heute noch existierenden Baumarten hatten ja ihre ersten Anfänge oder ihre Vorläufer in der Trias.

Das Entscheidende für das Höhenwachstum scheint mir die genetische Ausstattung. Klima und Konkurrenzdruck tun dann ein Übriges.
Beispiel: Eine Zwergweide bleibt immer eine Zwergweide. Wenn ich sie dünge wie wahnsinnig und vielleicht noch durch Nachbarbäumchen zum Höherwerden treibe, wird sie vielleicht eine sehr hohe Zwergweide, aber mehr als einen Meter oder so wird sie nicht packen.
Bei den Mammutbäumen ist das wohl auch so. Nur mit anderen Vorzeichen.

Koniferen, glaube ich, kann man nicht als Reliktbaumarten bezeichnen.
Unter Reliktbaumarten verstehe ich Baumarten, die ursprünglich auf großen Gebieten vorkamen oder sogar vorherrschend waren, jetzt aber nur noch in wenigen (sprichwörtlichen) Refugien vorkommen. Eine typische Reliktbaumart ist damit S. giganteum.
Die sibirische Taiga wird von Koniferen beherrscht. Dieses Areal allein ist so groß, das man da wohl nicht von einem Reliktstandort sprechen kann.

---> Tuff. Mit der Erddrehung hast du was durcheinander gebracht. So ungefähr im Kambrium, schätze ich (bin zu faul, nachzugucken), war der Mond etwa 100 000 km weg von der Erde, und die Erde hat sich in 12 Stunden einmal herumgedreht. Seither hat sich die Erddrehung wegen des Einflusses des Mondes verlangsamt, und sie verlangsamt sich natürlich weiter. Aber das Drehmoment, das der Mond der Erde entzieht, wird auf ihn selber übertragen. So entfernt er sich etwa 3 cm/Jahr von uns. (In so 3-4 Mrd. Jahren ist die Erde ausgedreht, der Mond am weitesten weg. Dann wird er wieder auf uns zurückstürzen. Allerdings fängt dann auch die Sonne an, uns zu fressen).

Zur Diskussion um die Bedingungen für Höhenwachstum:
Steve Sillett, z. B., hat Mammutbäume und Eukalypten untersucht. Er hat spekuliert darüber, wo die Höhengrenze ist und warum, aber keine schlüssige Erklärung gefunden.

Das Interessante an Tropenbäumen ist ja, dass, soweit mir bekannt, die meisten Wachstumspausen einlegen (obwohl es wegen des Klimas nicht nötig wäre), und andere sogar die Blätter verlieren. Also wollen sie/dürfen sie/können sie nicht das ganze Jahr assimilieren. Und meistens ist bei 60 Höhenmetern Schluss.

Ich könnte mir auch vorstellen, es wird nicht mehr allzu lange dauern, dann hat man vielleicht die für das Höhenwachstum zuständigen Gene herausgefunden und kann damit experimentieren. Zum Beispiel ein Eukalyptusgen in einen Mammutbaum einbringen und umgekehrt.
Und ich glaube, dann kann man vielleicht auch besser sehen, welche Mechanismen im Baum selber dafür verantwortlich sind, dass der Baum nicht höher wachsen kann, obwohl er unter dem beständigen Antrieb seiner Gene steht (Der größte Mensch von heute ist so groß, weil seine Wachstumsgene nicht abgeschaltet haben. Er musste immer weiterwachsen, bis man das schließlich medikamentös gestoppt hat. Hat er selber bei Frank Elstner erzählt).

Viele Grüße
Walter

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