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Botryosperia-Triebsterben des Sequoiadendron giganteum

<< < (11/13) > >>

sequoiaundco:
Hallo Andreas,

du hast sicher richtige/wichtige Fakten und Fragen benannt. Nur:
Ökologie beschreibt, was ist und wie alles zusammenhängt (übrigens nicht, wie es sein soll = ein häufiges Missverständnis!).

Wie alles zusammenhängt, stell ich mir ungefähr folgendermaßen vor:

Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine vom Wind transportierte Botriosphaeria-Pilzspore ihr genetisch festgelegtes Ziel, Selbst- und Arterhaltung erreicht, wenn

- in Tal- oder Flachlagen die Nebel-/Tau- oder Regenintensität höher ist,
- durch geringere Windbewegung die Feuchtigkeit länger anhaftet und die Pilzspore besser und länger andocken kann,
- durch Wärme und Feuchtigkeit ein gutes pilzliches Überlebens- und Entwicklungsklima entsteht,
- sie auf Pflanzenteile trifft, die auf tiefgründigem, nährstoff-, bes. stickstoffreichem Boden so richtig „ins Kraut geschossen sind“ und deren Kutikula dadurch dünn und deren Poren/Öffnungen großvolumig sind,
- die sich entwickelnden Keimschläuche des Pilzes, die Zoosporen durch enzymatisches Auflösen der Kutikula entsprechend leicht in die Pflanzenteile eindringen können - durch kleinste Verletzungsstellen sowieso,
- die Pflanzengattung sich evolutionär durch jahrtausendelanges Wachstum auf Gebirgsstandorten nicht auf solche Schädlinge einstellen konnte (im Gegensatz zum BM hat der KM das geschafft),
 - die Fortpflanzung und Verbreitung des Pilzes sodann optimal funktioniert und sich gerade über wüchsige, gesunde Bestände ein dichter Pilzteppich legt.
- Dass die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre dabei eine Rolle spielen, lässt sich leicht weiterdenken.

Wem schon mal ganze BM-Sämlingsbestände von Botritis hinweggerafft wurden, hat vielleicht ähnliche Gedanken/Analysen über das Zusammenwirken solcher Faktoren entwickelt und beim nächsten Mal hoffentlich entsprechende Vorbeugemaßnahmen ergriffen.

Genaueres lässt sich sicher in Fachbüchern über Pflanzenkrankheiten nachlesen.

Ich vermute Prof. Libby und Prof. Kehr haben bzgl. Botriosphaeria ähnliche Vorstellungen und leiten daraus den Vorschlag ab, Sequoiadendron nur noch in Höhenlagen (300m=Libby, 600m=Kehr) zu pflanzen.

Ich finde, wir sollten schon Konsequenzen ziehen aus diesem Expertenwissen.
-   Zumindest sollten wir die Wahrnehmung für entsprechende Schadensbilder schärfen, darüber berichten und weitere Analysen initiieren.
-   Jeder der die Katastrophe z.B. im Forstbotanischer Garten Köln gesehen hat, wird vernünftigerweise seinen BM-Pflanz-Aktivismus bremsen und zuerst einmal seine standörtliche Ökologie überdenken.

Gruß  chris

Tuff:
Weblinks zu Botryosphaeria:

[01]  http://de.wikipedia.org/wiki/Botryosphaeriaceae

[02]  ARBOFUX - Diagnosedatenbank für Gehölze  (Bilder)

[03]  Uinversity of California Cooperative Extension  (Bilder)

[04]  British Columbia Ministry of Agriculture

[05]  Bild: Nahaufnahme an Aronia (Apfelbeere)

[06]  Taxonomie und spezielle Literatur


Spezielle Literatur:

[]  Vasic, M., Duduk, N., Vico, I., and Ivanovic, M.S. 2013.  First Report of Botryosphaeria dothidea Causing White Rot of Apple Fruit in Serbia. Pl. Dis. 97: 1659.

[]  Worrall, J.J., Correll, J.C., and McCain, A.H. 1986.  Pathogenicity and teleomorph-anamorph connection of Botryosphaeria dothidea on Sequoiadendron giganteum and Sequoia sempervirens. Pl. Dis. 70: 757-759. (2031)

[]  Crous, P.W., Slippers, B. , Wingfield, M.J., Rheeder, J. , Marasas, W.F.O., Philips, A.J.L., Alves, A., Burgess, T., Barber, P. , and Groenewald, J.Z. 2006.  Phylogenetic lineages in the Botryosphaeriaceae. Stud. Mycol. 55: 235-253.

[]  Phillips, A.J.L., Alves, A., Slippers, B., Wingfield, M.J., Groenewald, J.Z., and Crous, P.W. 2013.  The Botryosphaeriaceae: genera and species known from culture. Stud. Mycol. 76: 51-167.

[]  Slippers, B. , Crous, P.W., Denman, S., Coutinho, T.A., Wingfield, B.D., and Wingfield, M.J. 2004.  Combined multiple gene genealogies and phenotypic characters differentiate several species previously identified as Botryosphaeria dothidea. Mycologia 96: 83-101.

[]  Slippers, B. , Johnson, G.I., Crous, P.W., Coutinho, T.A., Wingfield, B.D., and Wingfield, M.J. 2005.  Phylogenetic and morphological re-evaluation of the Botryosphaeria species causing diseases of Mangifera indica. Mycologia 97: 99-110.


Crosslinks im Forum:

[]  Rindenkrebs Metasequoia

[]   

[] 

Tuff:
Ich muß gestehen daß ich über den Pilz eigentlich doch recht wenig weiß. Es könnte zudem ja auch sein daß eine neue B. (oder ähnliche) Unterart sich neuerdings als äußerst aggressiv erwiesen hat. Dazu würde ich dann gerne mehr wissen.

Ich habe auch schon viele BM < 15m gesehen die Löcher bekamen oder schütter wurden. Einen Rindenkrebs habe ich dort nie entdecken können. Muß aber zugeben daß ich nicht mit Lupe und Schnitzmesser gesucht habe.  Um den Botryospaheria-Pilz sicher zu identifizieren, braucht man aber eigentlich ein Mikroskop und mykologische Fachkenntnise. Ein Baumngutachter kann vor Ort nur die typischen Symptome (Harzausfluss, Rindennekrose) zuordnen. Ob's stimmt ... es gibt viele Rindenpilze.

Hier um die Ecke steht ein klassischer sehr vitaler 20 m hoher Jungbaum der nach dem frostigen trockenen Winter 2013 - aber erst gegen Mai - gegen Südosten großenteils abstarb, also genau da wo die kältesten Winde zusammen mit der Frühjkahrs-Sonne auftrafen. Die Nordwestseite blieb sattgrün.

In meinen Pflanzungen wurden bei zwei 7m hohen Bäumen einzelne Äste braun(also alle Triebe eines Astes). Das war auffällig. Der Ast starb ab, die Lücke wurde geschlossen. Heute sieht man nichts mehr.

Auch abgestorbene Wipfel sah ich häufig. Einer starb ab direkt nachdem der Baum freigestellt wurde und plötzlich im Wind stand. Die nächste Wipfelgeneration war angepasst und hielt stand. Die anderen betrafen Bäume die offensichtlich unter saisonaler Sommerdürre leiden.

Äste, Wipfel, oder gar ganze Bäume sterben, zusammengefasst, m.E. nie direkt nur wegen eines Botryosphaeria Befalls ab, sondern ich glaube daß meistens kombinierte Ursachen vorliegen. Mit anderen Worten, der Pilz ist ein sogenannter Schwächeparasit.

In erster Linie sind die Ursachen Sommertrockenheit, nachdem der Baum typischerweise im Frühling rasch zugewachsen ist und dann plötzlich trockenfällt, sich mithin nicht an konstante Bedingungen gewöhnen kann sondern plötzlichen Wassermangel leidet. Dann aber auch nicht erkannter Wurzelpilz-Befall (Hallimasch, Heterobasidion), oder durch Menschen verursachte Wurzelschäden oder Bodenstörungen (Versiegeln des Wurzelraumes bzw. Verlagerung unterirdischer Wasserflüsse) welche ebenfalls zu Vetrocknungserscheinungen führen; und lokale Erfrierungen bzw. Frosttrocknis (gerade des Wipfels). Alle Stressfaktoren können auch ein 'vorzeitiges Altern' der Nadeln bewirken, wobei den Taxodiaceen immer ganze Triebe auf einmal absterben. Wer kann dies sauber vom regulären Trieb-Tod abgrenzen. All dies kann auch gleichzeitig stattfinen.

Ich glaube, Botryoshaeria ist bei vitalen BMs überwiegend harmlos und die Schäden wachsen sich wieder aus. Ein Sekundärbefall mit B. kann aber gerade auf absterbenden Bäumen stattfinden so daß man dort die Schadmerkmale findet.

Nachtrag: Die Schäden durch B. können andernorts, unter anderen Bedingungen, jedoch schlimmer sein und ich habe davon einfach nichts mitbekommen. Ich versuche demnächst etwas mehr darüber im Netz zu finden. Bin dankbar für Links oder Hinweise.

ps. Ein abgestorbener Wipfel (snag top) ist bei sehr großen oder alten Mammutbäumen eher etwas natürliches. Das hängt dann anscheinend mit der Wasserversorgung zusammen, die in großer Höhe schwieriger wird. Wie hoch, hängt von der Standortgüte ab.

Tuff:

Ich sammle die Links und Referenzen jetzt an dieser Stelle, bitte ab und zu wieder reinschauen ...

Tuff:
Quelle [02] fasst gut zusammen worauf man achten sollte:

An den erkrankten Trieben sind meist deutliche Harzausscheidungen (Harztopfen) sichtbar, wobei auch im Querschnitt der Triebe die harzdurchtränkten Zonen gut erkennbar sind. Nach dem Freilegen der Rinde von älteren, abgestorbenen Trieben (ohne Nadeln) sind rötlichbraune Rinden- und Kambiumnekrosen erkennbar. Am abgestorbenen Gewebe sind die dunklen Fruchtkörper der Nebenfruchtform (Dothiorella aesuli; Synonym: Fusicoccum aesculi) zu finden.
(...)
Die zugehörige Hauptfruchtform und zugleich der Namensgeber der Krankheit (Botryosphaeria dothidea; Synonyme: Botryosphaeria ribis, Botryosphaeria berengeriana) tritt mit seinen Pseudothecien erst deutlich später auf (teilweise erst nach Monaten) und ist somit für die unmittelbare Schadensdiagnose weniger von Bedeutung.
(...)
Botryosphaeria dothidea ist nicht auf den Mammutbaum beschränkt sondern ist als Wärme liebender Schwächeparasit an über 100 Gattungen, insbesondere Laubgehölzen, weltweit beschrieben.

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