Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge
König Wilhelm der I. von Württemberg, seine Pflanzanleitung
(1/1)
singold36:
Liebe Freunde,
der Förster Herr Höhn hat mir den folgenden Text zur Veröffentlichung gegeben. Es ist die Pflanzanleitung von 1866 der "Wilhelma Mammutbäume" an die beteiligten Förster. Ich wünsche Euch viel Freude und hopffentlich interressante Aspekte.
Liebe Grüße
Bernhard
Die Mammutbäume am Postweg
In ganz „Altwürttemberg“ gibt es „Mammutbäume“, auch „Wellingtonien“ - Sequoia giganteum.
Eine besondere Rolle spielte dabei König Wilhelm der I. von Württemberg, auf dessen Erlass hin die königliche Forstdirektion in Stuttgart 1864 für 90 $ ein Pfund Samen - dies entspricht ca. 100.000 Stck. Einzelkörnern - kaufte. Es wird heute angenommen, dass bei der Bestellung nicht bedacht wurde, dass der größte Baum der Welt sehr kleine Samen produziert oder dass anstelle der ursprünglich bestellten Zapfen mit Samen reine Samenkörner geliefert wurden .
Der Samen wurde 1865 im Kalthaus der Wilhelma unter Glas ausgesät. Ca. 6000-8000 Pflanzen sind aus dem Samen hervorgegangen. Neben der Anpflanzung von über fünfzig Bäumen im Rosensteinpark in Stuttgart wurden über einen Erlass der Königlichen Forstdirektion - vom 7.4.1866 - 3000-4000 Exemplare an besonders interessierte und zuverlässige Förster im Land Württemberg verteilt. Dort wurden die Jungpflanzen zuerst in Pflanzgärten verschult und später im Freiland ausgepflanzt. Der Rest der Sämlinge wurde an private Interessenten zum Preis von 3 Gulden u. 36 Kreuzer pro Dutzend verkauft.
In der näheren Umgebung gibt auch größere Anpflanzungen die aus der gleichen Lieferung stammen Hierzu den historischen Text vom Kollegen aus Althütte:
Dringend!
Dem
K. Revieramt Welzheim
wurden gemäß Decrets v. 3./4. DM No. 2820 - 50 Stück der heute dahier von der Gärtnerei der Wilhelma angelangten einjährigen Pflanzen der Wellingtonia gigantea aus Kalifornien zum alsbaldigen Verschulen in einer hierfür geeigneten herrschaftl. Saatschule mit folgender näherer Anweisung zugesendet:
1) Die Saatschule muß eine frostfreie Lage haben.
2) Die Pflanzbeete sind gut vorzubereiten u. zu lockern, auch mit Compost- oder Haide-Erde zu untermengen.
3) In der Saatschule sind die Pflanzen in einer Entfernung von nicht unter 2 Fuß nacheinander zu setzen, um mit Umgehung wiederholten Verschulens gehörig starke Heister zu erziehen. Sogleich nach der Ankunft u. bis zu dem möglichst zu beschleunigenden Verschulen sind die Pflanzen vorsichtig an einem passenden Ort einzuschlagen, nöthigenfalls auch zu begießen.
4) Für die erste Zeit sind die Pflanzen gegen die Mittagssonne durch Bedecken der Beete mit Zweigen oder ein leichtes Schutzdach aus Stotzen u. überlegten Stänglein mit Nadelreis bedeckt zu schützen u. in den ersten Wintern durch Bedecken mit Laub gegen die Kälte zu verwahren. Überhaupt ist diesen zu Versuchen bestimmten zur Zeit noch ziemlich kostspieligen Pflanzen die größte Sorgfalt zuzwenden, insbesondere auch Schutz gegen Wild.
5) Die durch den Transport u. das Verschulen der Pflanzen entstehenden Kosten sind in dem Kulturkostenplan und Verzeichniß 1866 zu verrechnen.
Lorch, den 17. April 1866
K. Forstamt
Dietlen
MAMMUTBAUM, WELLINGTONIE, RIESEN-SEQUOIE
Sequoiadendron giganteum - Familie Taxodiaceae - Sumpfzypressengewächse
xandru:
Hallo Bernhard,
Wunderbar, dass wir diese Texte hier im Original-Wortlaut lesen dürfen. Offenbar hat 1864 noch König Wilhelm I. von Württemberg das Saatgut bestellt – in seinem Todesjahr.
Ich habe selbst wiederholt gehört, dass die Samen 1865 in den Gewächshäusern der Wilhelma ausgesät wurden – das war dann bereits unter König Karl I.; im ganzen Königreich verteilt wurden sie 1866, wie die von dir zitierten Dokumente ganz gut zeigen. Das heißt, dieser Thread sollte eigentlich den Namen tragen „König Karl der I. von Württemberg, seine Pflanzanleitung“.
Ebenfalls unbestritten ist, dass die Gewächshäuser in Verlängerung des Landhauses (heute: tropische Nutzpflanzen und Farnhaus) ebenso historisch sind wie die zum Neckar her kommende Flucht aus 2 Warmhäusern (Sukkulenten, Orchideen), großem Wintergarten und 2 Kalthäusern (Azaleen und saisonal Kamelien).
In welchem Gebäude die Mammutbäume nun tatsächlich gezogen wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber das angehängte Bild zeigt den so genannten Maurischen Garten mit dem Nutzpflanzenhaus und einem Teil des Landhauses, dessen historisches Kuppeldach im Krieg verloren gegangen ist. Im Hintergrund steht das berühmte Wäldchen ID 15 – also die erwähnte „Anpflanzung von über fünfzig Bäumen im Rosensteinpark“.
Historische Grüße,
Wolfgang
Lukas Wieser:
Hallo Bernhard!:-) Danke für dieses historische Dokument!:-) LG Lukas.
Navigation
[0] Themen-Index
Zur normalen Ansicht wechseln