Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge
Kann Sequoiadendron in Mitteleuropa wirklich heimisch werden?
Joachim Maier:
Hallo Michael (Tuff),
freue mich, hier wieder etwas von Dir zu lesen! :-)
@Walter: Michael wird dir das mit allen drei Arten in fast der kompletten nördliche Hemisphäre mit Sicherheit bzgl. Sequoiadendron giganteum im Bereich Europa verneinen. Es gibt zwar ein paar (in meinen Augen) Primärquellen, welche somit keine weitere Quellenangabe benötigen, aber die lehnte er zumindest bisher kategorisch ab.
Gruß
Joachim
Odysseus:
Hallo Joachim,
und zu den anderen Meinungen:
Noch eines ist sehr wichtig und unbedingt zu beachten: Man muss sich sehr hüten, die jetzigen Refugialstandorte (Sierra für den dicken Baum) - und das gilt ausnahmslos für alle Bäume - als die jeweils günstigsten Standorte anzusehen (Davon gehen stillschweigend viele aus.)
Das sind lediglich die Orte, wo sie es gepackt haben zu überleben. Nicht mehr.
Da gibt es das Beispiel der jetzt in Schweden heimischen Fichte, das ich immer wieder mal zitiert gefunden habe: Sie ist nicht optimal an das dortige Klima angepasst (das sind eingeführte Fichten). Sie war aber der beste Wanderer aller Fichtenrassen, die nach dem Ende der Würmeiszeit wieder zurückwanderten.
Analogie zum Menschen:
Manche schaffen es bis in höchste Positionen.
Und wenn sie dann angekommen sind, packen sie den Job nicht. - LOL.
- Frage: Wenn alle Mammutbaumarten im Tertiär so weit verbreitet waren, in so riesigen Mengen, bei unterschiedlichsten Standortbedingungen, dann wäre es doch, ja, was wäre es denn dann ..., anzunehmen, das könnten sie nicht mehr schaffen?
Grüße :-)
Walter
Waldläufer:
Hallo,
nun haben sich zwischenzeitlich einige Argumente angesammelt u. ich möchte gern dazu Stellung nehmen.
Meine Argumentation stützt sich vorwiegend auf die zwei angehängten Artikel in der Hoffnung daß sie vor den kritischen Augen von Walter bestehen können.
Michael u. Tuffs Ansichten schließe ich mich soweit an. Selbstverständlich wäre es erfreulich wenn sich dennoch Naturverjüngung irgendwo einstellen würde.
Eine Mammutbaumart die dem heutigen Sequoiadendron giganteum nahe kommt hat sich offenbar erst vor ca. 20 Millionen Jahren im heutigen Nevada entwickelt.
Nach zunehmender Abkühlung u. Trockenheit ist diese Population in die heutigen Refugialstandorte in Californien gewandert. Hierbei waren offenbar die
Lebensbedingungen in Nevada ähnlich da eine vergleichbare Vergesellschaftung vorherrschte.
Das heutige Vorkommen von S.g. wird in den höheren Lagen des Vorkommens von zunehmender Frostgefahr u. in tieferen Lagen von zunehmender Trockenheit
begrenzt. Von der Winterhärtezone sind die Vorkommen der Zone 8b(-9,4-6,7°C) zuzuordnen. Einige nördlichere Groves liegen zwar in der kälteren Zone 8a
jedoch sollte man davon ausgehen daß auch hier kleinklimatisch eher die mildere Zone maßgebend ist. Zum Vergleich liegen durchschnittliche Areale
von Bwttg. im Zone 7a(-17,7-15°C) die westlicheren Länder in der milderen Zone 7b u. die Klimaoasen entlang des Rheins endlich auch in Zone 8a.
Das heißt bei der anfänglichen Frostempfindlichkeit sind hierzulande weite Areale für die Verjüngung als nicht günstig einzustufen. Bei im Frühjahr abwechselnden
Gefrier- u. Auftauvorgängen werden 1-jährige Sämlinge leicht herausgehebelt da nur schwach verankert. Die Wurzeln können auch nur in sehr sandigen lockeren Boden eindringen wobei die Hauptsterblichkeit durch Vertrocknung hervorgerufen wird. Demzufolge ergeben sich die natürlichen Grenzen der Groves dahingehend
daß die Vorkommmen sich auf Areale beschränken, die von Sommergewittern in der High Sierra Wasserzuzug erhalten.
Wolken oder Nebel treten eher im Winterhalbjahr auf u. spielen für die Verjüngung keine Rolle. Fortsetzung..
http://www.nps.gov/archive/seki/fire/pdf/hh_tt67.pdf
http://www.fs.fed.us/psw/publications/documents/psw_gtr095/psw_gtr095_harvey.pdf
Waldläufer:
Fortsetzung
Die natürliche Waldstruktur in der Heimat des Gebirgsmammutbaumes ist offen, bestehend aus kleinen Gruppen den sog. Patches die von Flächen die nur mit
Gebüsch oder Gras u. Stauden bewachsen sind unterbrochen werden, also kein geschlossener Wald wie bei uns.
Bei Untersuchungen zur Verjüngung in Californien hat sich herausgestellt daß nur Brände eine nachhaltige dauerhafte Verjüngung bringen, wobei die heißesten
Stellen das beste Keimbett bieten da bis in eine Tiefe von ca. 20cm alles Leben abgetötet wird u. gleichzeitig der Boden durch die Hitze gelockert wird.
In der Tat stellt sich auf größeren u. heißeren Brandflächen erst sehr verzögert wieder eine Schlagflora ein. Nur eine leichte Bedeckung des Samens führt zu
gutem Keimen. Nur oberflächlich liegende Samen verlieren nach 10-20 Tagen ihre Keimfähigkeit durch Sonnenbestrahlung u. Austrocknung.
Der Sämling verträgt dennoch keinen oberflächlich feuchten Boden so er außerdem durch Pilzkrankheiten sehr gefährdet ist. Offene Mineralbodenflächen gibt es bei uns natürlicherweise nicht u. Felsenmeere entsprechen eigentlich auch nicht den Bedürfnissen.
Neben klimatisch u. Bodenmäßig zusagenden Bedingungen ist für die Verjüngung des GM also in erster Linie eine zusagende Feuerökologie Voraussetzung
die es hierzulande aber nicht gibt. So will ich zwar eine gelegentliche Verjüngung nicht ausschließen, darauf setzen wird man sicherlich nicht können.
Viele Grüße Bernt
Tuff:
Hallo Bernt!
Das ist die beste Zusammenfassung der Verjüngungs-Faktoren, die ich bisher gesehen habe. Da es sich hier um ein Gebiet handelt, zu dem viel gelesen habe und in dem ich seit rund 10 Jahren Experimente mache und Beobachtungen sammele, wage ich hinzufügen: Es gibt noch mehr Aspekte und Faktoren, und viele sind m.W. auch noch unzureichend erforscht. Die namhaften amerikanischen Autoren hatten andererseits auch nie diese spezielle Fragestellung im Blick.
Der Bergmammutbaum ist zur Verjüngung nicht unbedingt wortwörtlich auf Feuer angewiesen, auch wenn dieses vielleicht die besten Bedingungen liefert; man kann es abstrahieren auf irgendeine Katastrophe die bestimmte Umweltbedingungen bereitstellt. Die massenhafte Verjüngung nach den Kahlschlägen zwischen 1887 und 1918 im Converse Basin sind ein deutlicher Hinweis darauf.
Leider wurden die genauen Bedingungen damals nicht dokumentiert. Etwa, wie umfangreich wurde das Erdreich aufgewühlt ? Wie sah der 'Schlagraum' aus ? Vermutlich eher riesige Kronen (mit Ästen die wir bei uns Stämme nennen würden) voller Zapfen, welche unter sich Schatten boten ohne den Boden völlig zu bedecken, während in den folgenden Jahren ständig Nadeln herabrieselten ? Wurde Schlagraum verbrannt ?
Gab es vorher schon eine Verjüngung ?
Auch die Verteilung der Verjüngung ist schwer nachzuvollziehen, da es in den Folgejahren zu verschiedenen großen Feuern kam (etwa 1928, oder das McGee Feuer von 1955 welches ca. 17000 acre oder mehr als 6000 ha einnahm).
Dennoch wäre es vorstellbar, nach diesem Vorbild einen besonders groben Kahlschlag vorzunehmen und einzelne Überhälter stehenzulassen. Man könnte auch regulär den Schlagraum in Dämmen und Haufen verbrennen. Kann man das Ergebnis dann aber 'heimisch' nennen ?
Ich würde 'experimentell' auch die Pionierbesiedelung von Erdrutschen, Schlamm-Ablagerungen in Überschwemmungsgebieten, Schneelawinenfeldern, oder (leider meist vulkanischen) Schlammlawinen in Betracht ziehen, und auch die Besiedelung von vulkanischem Niederschlag (Tephra, Asche), wobei man diese Umwelt in der Region 'Mitteleuropa' vermutlich vernachlässigen kann. Die Möglichkeit einer Verjüngung auf solchen Standorten ist noch nicht untersucht worden.
Es würde sich aber wahrscheinlich zeigen, daß 'bei uns' auf allen diesen Standorten andere, klimatisch spezialisiertere Baum- und Straucharten oder Wildkräuter konkurrenzfähiger sind.
Die Spezialität des Bergmammutbaumes ist es, inmitten einer großräumigen Katastrophe zu überleben und danach auszusamen. Die 'Samenbank' der Konkurrenz im Boden muss durch die Katastrophe also vernichtet oder unterdrückt werden; die Einwanderung, etwa von Brombeeren, anfliegenden Weiden- oder Staudenarten, oder auch (neuerdings) des indischen Springkrautes, aus der unzerstörten Nachbarschaft muss gegenüber den Bergmammutbaum-Keimlingen um mindestens 2 Jahre verzögert sein. Letzteres können m.E. nur großräumige Katastrophen gewährleisten, mindestens im 2-stelligen Hektarbereich, und diese können wir uns Mitteleuropa in einer alten Kulturlandschaft und mit strengen Forstgesetzen in den meisten Ländern nicht leisten; es sei denn in speziell als Mammutbaum-Grove etablierten Schutzgebieten, welche idealerweise feuergefährdet sind, aber in der Feuerausbreitung leicht zu kontrollieren (Insellage). Am ehesten kommen hier m.E. entlegene Gebirgstäler in Frage. Es wäre interessant zu versuchen solche Flächen, auch in den genannten anderen Umwelten, ausfindig zu machen.
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