Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Experten- und Fachbeiträge
Kann Sequoiadendron in Mitteleuropa wirklich heimisch werden?
Waldläufer:
Hallo,
nachdem Sachbeiträge zur Zeit Mangelware sind muß man sich eben an allen Kamellen äh Beiträgen vergreifen.
Kann der GM in Mitteleuropa heimisch werden? Weiß ich nicht- ich kenne nicht alle Sonderklimate in Mitteleuropa.
Aber in Klimaten die denen der BRD ähneln sicher nicht. Begründung wie folgt:
Der BM ist eine Reliktart und konnte sich nur dort halten u. weitervermehren wo seine speziellen Erfordernisse erfüllt werden u. andere an sich konkurrenzstarke
Wettbewerber aufgrund dieser speziellen Wuchsbedingungen nicht überlegen sind. Die Fortpflanzung gelingt nur aufgrund periodischer Waldbrände die die
Konkurrenzflora beseitigen u. den Mineralboden freilegen. Infolge sandigen Bodens können sich Gras u. Unkraut bei üblicher großer Sommertrockenheit nur verzögert entwickeln u. die Sämlinge werden nicht gleich erstickt. Eine vergleichbar aggressive Laubholzflora wie in Europa gibt es aufgrund der Sommertrockenheit nicht. Mit den meisten Nadelholzarten kann der BM in der Heimat konkurrieren bei gleichzeitigem Start. Selbst auf ähnlich sandigen Böden ist hierzulande die Unkrautkonkurrenz aufgrund der hohen Niederschläge in der Vegetationszeit übermächtig und würde unter keinen Bedingungen eine weitergehende Sämlingsentwicklung zulassen, da eine hohe Empfindlichkeit gegen Unkraut besteht.
Waldläufer:
Fortsetzung
Nun wird argumentiert daß künstlich angelegte Feuer auch hierzulande dem BM die Vermehrung u. Weiterentwicklung ermöglichen könnten.
Selbst wenn der BM das Sämlingsstadium erfolgreich gegen Gras u. Unkraut die sich auch nach Feuer hierzulande schnell wieder einfinden behaupten könnte, wäre er gegen die Konkurrenz von sofort einsetzender Verjüngung von Weichhölzern wie Birke, Weide, Erle etc. völlig chancenlos da er mit deren schnellen
Entwicklung nicht mithalten kann u. ihren Schatten nicht verträgt. Grundsätzlich ist fraglich ob der BM hierzulande selbst nach Feuern sich erfolgreich in nennenswerter Zahl aussäen kann. Daran ändert auch das vereinzelte Aufkommen von Sämlingen unter allerdings Sonderbedingungen auch nichts.
In der BRD wurde noch keinerlei Naturverjüngung gefunden, obwohl freigelegter Mineralboden u. genügend Licht sicherlich gelegentlich vorhanden sind.
Für die Nichtangepaßtheit des MB an abweichende Habitate spricht auch daß es im offensichtlich nicht gelingt sich über die Grenzen der Groves hinweg auszubreiten obwohl hier die Abweichungen hinsichtlich Klima u. Boden noch gering sind. Da vorläufig nicht ernsthaft erwogen wird um bestehende Altbäume
das Gelände anzuzünden ist es vorrangig mit geeigneten Herkünften oder sogar aus Samenplantagen nachzupflanzen. VG Bernt
Zinnauer:
Hallo Bernt,
schön, dass du das Thema noch einmal aufgreifst und – wie ich meine - bestens zusammenfasst:
Ich teile deine Meinung, dass in Mitteleuropa die Naturverjüngung von BM – selbst bei einem möglichen Feuerregime – auf den allermeisten Standorten aufgrund der starken Konkurrenz von Unkräutern und div. Laubhölzern her kaum Chancen auf langfristiges Überleben hat.
Geeignete Habitate müssten den amerikanischen möglichst ähnlich sein und daher neben den schon bekannten Ansprüchen wie gute Wasser- und Nährstoffversorgung, leicht saurer bis ausgeglichener pH-Wert, keine zu kalten Wintertemperaturen etc. vor allem einen passenden Klimarhythmus (kein NS-Maximum im Sommer) und eine geeignete Bodenstruktur (zu oberflächlicher Trockenheit neigend = sandig) aufweisen.
Beim Klimarhythmus kann man wahrscheinlich großräumig (anhand von Klimakarten) vorgehen und manche Gebiete völlig ausschließen können. Für Deutschland und Österreich würde ich geeignete Gebiete am ehesten an den östlichsten Rändern vermuten, für die Schweiz am Südrand (Tessin).
LG
Michael
Tuff:
Bernt,
Ich kann Deine Aussagen nach mittlerweile 5 Jahren Saat-Experimenten auf Brandflächen bestätigen. Die Keimlinge vertragen keine Dürrezeiten. Wenn es aber temperiert-feucht ist, wächst das Unkraut (eigentlich sollten wir es Begleitflora oder Pionierbewuchs nennen) zu schnell und zu massiv nach.
Insbesondere Brombeeren, falls vorhanden, sind wahnsinnig schnell, wenn der Boden nach einem Brand aufgrund der Asche besonders fruchtbar ist. Auch Fingerhut kann dann zum Problem werden. Gegen Arten mit großen Blättern haben Koniferenkeimlinge i.d.R. keine Chance. Brombeeren kommen allerdings nur an, wenn noch Bäume (oder Baumgerippe) auf der Fläche stehen, von denen die Vögel herabsch* können.
Aber:
(1) Meine Experimental-Brandflächen waren alle nur Osterfeuergroß. Wenn aber eine Fläche von sagen wir 1-2 ha abbrennt, ist damit zu rechnen daß viele Stellen lange unkrautfrei bleiben. Das habe ich schon beobachtet. 1 ha sind in der Sierra ja fast nicht der Rede wert. Natürliche Feuer gibt es in Deutschland auf 'feuchten' Standorten ja fast gar nicht, also wenn man 'prescribed burns' machen wollte, wäre 1 ha vorläufig eine gute Mindestgröße.
(2) In unseren Gebirgen (besonders den Alpen) gibt es Zonen wo die Konkurrenz durch Pionierflora nur noch eine geringe Rolle spielt. Mitteleuropa ist auch ziemlich groß, und in einigen Küstengebirgen (etwa der spanischen Inseln) könnte es geeignete Nebelzonen geben.
Odysseus:
Bei den Habitaten des dicken Mammutbaums in Kalifornien ist mir aufgefallen: Viele Bäume stehen in der Nähe von Bodenfeuchte anzeigenden Pflanzen an meist leichten oder mittelsteilen Hängen. Das heißt, es steht dauerhaft Grundwasser zur Verfügung.
Immer wieder hüllen Wolken, die an der Sierra hochsteigen, die Bäume ein.
Wir haben in Deutschland auch Standorte, die ähnliche Bedingungen aufweisen: im Harz, in den Alpen, im Schwarzwald, sogar teilweise im Odenwald oder anderen Mittelgebirgen.
Die Douglasie im Odenwald, zweithöchster Baum Deutschlands, steht am Hang in einer klammartigen Schlucht.
Die höchsten Weißtannen des Odenwalds (die genaue Höhe will ich im Winter noch messen) stehen in einer fast gleichen Schlucht.
Die Bäume an beiden Standorten werden dauerhaft mit Wasser versorgt.
- Welche Gründe sollte es geben, warum da nicht auch die dicken Mammutbäume auf Dauer wachsen sollten?
- Wenn sich irgendwo ein etwas größeres wie oben geeignetes Areal, sagen wir mal 100 Hektar, für eine Anpflanzung finden ließe, z.B. auch da, wo Felsenmeere mit größeren Mineralbodenflächen und Quellhorizonten die Landschaft bestimmen, warum sollten sich da die dicken Mammutbäume nicht auch selber vermehren können?
Zuletzt:
Alle drei rezenten Mammutbaumarten waren im Tertiär in einer riesigen Anzahl in der Nordhemisphäre vertreten. Nahezu überall.
Die um so etwa 5 Mio Jahren v.h. einsetzende Trockenheit und die nachfolgenden Klimaänderungen in den Eiszeiten haben sie dann hier aussterben lassen.
In Amerika sind sie nicht ausgestorben, weil sie sich in diese Refugien zurückziehen konnten.
(Im Übrigen, gab es im über lange Perioden feucht-warmen Tertiär so viele Waldbrände?)
- Welche Gründe sprechen dagegen, dass wir nicht viele dieser Refugien im Moment hier auch haben?
P.S. Wie zäh manche Baumarten sein können, sieht man z.B. auch an der Atlaszeder. Sie hat alle 10 -14 oder so Eiszeiten überstanden und ist erst auf dem Höhepunkt der Würmeiszeit vor 20 000 Jahren in Europa ausgestorben.
Im Luberon in der Provence, und ich habe mir das angeguckt, hat man sie 1860 wieder großflächig angepflanzt. Sie sät sich hervorragend aus und erobert immer mehr Flächen zurück - und verändert dabei naturgemäß das Lokaklima.
Bild: Zedernsämlinge im Luberon
Viele Grüße
Walter
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