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Sequoiadendron-Sorten

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Joachim Maier:

--- Zitat von: Xenomorph am 11-Februar-2009, 20:16 ---Lieber Lukas!  ;)

Ich sehe mich gezwungen, zu deinen Bemerkungen Stellung zu nehmen: Meine Absicht war es nicht, hier einen Keil zwischen Puristen und Sortenzüchter zu treiben, sondern auf mögliche Risiken bei diesen Zuchtpraktiken hinzuweisen, nämlich deren Auswirkungen auf die Nachkommen normaler Mammutbäume (via Bestäubung).

--- Ende Zitat ---

In der Natur mutieren immer wieder Lebewesen. Dies kann u.a. das Überleben einer Art bzw. zumindest Gattung sicherstellen. Es kann aber auch sein, dass die Mutation an die Umwelt schlechter angepasst ist; dann wird sie auch wieder ausselektiert.

Genau genommen überwiegt in der Natur die goldene Mitte zwischen Purismus und Variation. Nur dadurch ist ein langfristiges Überleben bzw. Anpassen an die Umweltgegebenheiten am besten gegeben!

Xenomorph:
An Martin/MaPr:


--- Zitat ---Wenn man das mit der genetischen Vielfalt ernst meinte müsste man gezielt Samen sehr alter Bäume, die möglichst weit voneinander stehen (Nord <-> Süd) miteinander kreuzen, aber nicht einfach so, sondern mit Zuchtbuch, mehrere Zuchtlinien, die man später wiederum miteinander kreuzt. Das dauert halt bei BMs etwas länger als bei Schneeleoparden od. ä.
--- Ende Zitat ---

Ja das wäre wirklich ein tolles Projekt!! Wobei es fast schon zu aufwändig wäre. Es wäre schon toll, wenn man sich aus möglichst vielen verschiedenen Groves Saatgut von den sagen wir jeweils 10 oder 20 wüchsigsten BM's besorgen und dann die gesündesten+wüchsigsten Sämlinge in einem neuen Grove durcheinander zusammenpflanzen würde. Das wäre dann zwar nicht streng wissenschaftlich, aber ich glaube daraus würden tolle Bäume entstehen!! Teilweise wird sowas hier ja auch schon gemacht...  :)

Bernhard:

--- Zitat von: sequotax am 11-Februar-2009, 19:16 ---Genetische Vielfalt habe ich, wenn ich gesunde Nachkommen unterschiedlicher Herkünfte beieinander pflanze (wie schon mancherorts diskutiert)...


--- Ende Zitat ---


Remi, das ist der Punkt, den ich Lukas habe versucht klarzumachen.

Sortenvielfalt ist keine Genetische Vielfalt. Das begreifen meine Kinder auch..... ;)

Gruß
Berni

Tuff:
Nun melde ich mich also auch noch zu Wort .... wie immer, in aller gebotenen Länge ;) aber dafür auch nur dieses eine mal (hoffe ich).

Ich beziehe mich dabei auf Sorten, welche sexuell vererbbare neue Eigenschaften aufweisen, nicht auf solche die durch zufällige Gendefekte im Embryonalgewebe oder Viren oder Bakterien zustande kommen, und die sich nur klonal vermehren lassen. Das heißt, ich setze mal voraus daß es solche Sorten gibt, quasi ein Ansatz zu einer neuen Art, bei denen durch den Pollenflug neue Genkombinationen verbreitet werden können. Darüber weiß man zurzeit noch nicht viel. Das wäre aber meiner Ansicht nach der zentrale Streitpunkt.

Um es gleich zu sagen: In dieser Kontroverse stehe ich ganz klar auf einer Seite, und zwar auf der der Bäume.

Es ist den Mammutbäumen in der Sierra und ihren Nachfahren in aller Welt zunächst mal ziemlich egal, welche genetischen Experimente mit ein paar Individuen gemacht werden. Wenn das Züchten neuer Sorten das Interesse und die Bekanntheit bei den Menschen vergrößert, dann kann es ihnen nur recht sein ! Ein paar Pollen die in einem nahe stehenden Altbaum zu ein paar Samen mit ungewöhnlichen, meinetwegen miserablen Eigenschaften führen, fallen einfach nicht ins Gewicht. Selbst wenn die Pollen in einen nahegelegenen Samenbestand fliegen würden (und ich gehe davon aus daß der in allernächster Nähe stehen müsste) - na und ? Die wenigen in Betracht kommenden Nachkommen werden so (Natur) oder so (Gärtner) wieder selektiert, entweder es taugt was oder nicht. Nur wenn aus dem Bestand Samen mit definiertem Charakter hervorgehen sollen (also ein zertifizierter Bestand), dann muß man sich Gedanken machen, und Abhilfe ist schnell gefunden.

Für die Art als solche sind diese menschlichen Probleme nur peanuts. Wir haben es hier mit einer einzigen Art als letzter Vertreter der gesamten Gattung zu tun, die während der Eiszeiten über einen Zeitraum von 3 Millionen Jahren mehrmals durch den genetischen Flaschenhals aus Eis gegangen ist, welches sie beinahe ausgelöscht hat; die nur noch in ein paar restlichen Flecken vorkommt, die schon lange nicht mehr in irgendwiner Verbindung stehen. Ein bißchen mehr Variation kann ihnen absolut nicht schaden !

Wenn das Know-How der Sortenzüchter dazu beiträgt, ein paar wertvolle neue Linien zu finden, die neue Lebensräume besiedeln können, dann fallen lebensuntaugliche Dekorzüchtungen überhaupt nicht ins Gewicht. Das nehmen alle Bäume sehr gelassen in Kauf ! Womit ich mir nicht anmaße, entscheiden zu können, was untauglich ist und was nicht. Ein Lebensraum, an dem ein Pygmaeum oder ein Pendulum plötzlich richtig ist, kann auch jederzeit erst neu entstehen, und dabei müssen wir auch an die gewaltigen Betonwüsten der Städte denken, welche einen stetig wachsenden Anteil haben. Das sind ebenfalls Lebensräume.

Das in der Sortenzüchtung gewonnene Know-How beschränkt zwar zumeist auf den Habitus. Eines Tages werden diese Sorten aber Genetikern helfen können, das Mammutbaum-Genom zu verstehen. Vielleicht wird man dann gezielt neue Arten schaffen. Ich will nicht sagen daß mir diese Vorstellung gefällt, aber die biogenetische Revolution wird sich nicht stoppen lassen egal ob wir sie gut finden oder nicht. Wir stehen hier gerade erst am Anfang, so wie die Computerfachleute am MIT in den 40er Jahren. Damals hatte man hochtrabende Pläne, die niemand ernsthaft glauben konnte. Inzwischen sind diese Pläne längst überholt, wir sind wir Lichtjahre weiter, das Internet haben sie sich damals überhaupt nicht vorstellen können. Ähnlich unvorstellbar stelle ich mir die Auswirkungen der nächsten Revolution vor. Und das Internet ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange.

Spätestens an diesem Punkt muß ich meinen Standpunkt neu definieren. Ich stehe auf der Seite der Wildnis. Solange die Menschen den Mammutbäumen eine Heimat lassen, und Naturräume zusammen mit ihren Wildnisprozessen schützen - wie in den Nationalparks -, solange kann es den Bäumen egal sein was wir in unseren Laboratorien auskochen, selbst wenn dabei neue 'Arten' geschaffen werden, die für die Holzproduktion in Agrarplantagen optimiert sind, aber in der Wildnis nicht mehr überlebensfähig wären, oder schlimmer noch, die die ursprünglichen Bäume verdrängen würden -- weil ein Mammutbaum nur ein Mammutbaum ist, wenn er seinen Mammut-Charakter bewahren darf, was in Holzplantagen nicht der Fall ist. Im naturnahen Waldbau hingegen wird sich der Einsatz gen-manipulierter Arten per Definition verbieten.

In der Sierra konnten die Groves sich seit langem nicht mehr vergrößern. Das liegt natürlich hauptsächlich am Klima, es spielt aber auch eine Rolle daß die Sierra als geologische Masse immer weiter emporgehoben wird und die Groves nun von sehr kalten und windigen Höhenzügen umgeben sind. Eine kleinwüchsige Form, die diese harten Bedingungen auch als Keimling überstehen könnte, und deren Samen weit fliegen, hätte den Sprung in die Nachbartäler schaffen können. Auch eine Auenvariante wäre denkbar gewesen, die sich flußabwärts hätte ausbreiten können. Angesichts der Kleinheit der Groves, der geringen Stammzahlen, und der sehr heiklen Naturverjüngung ist die Evolution dieser Art aber praktisch ausgebremst. Sie stehen, um es menschlich auszudrücken, mit dem Rücken zur Wand. Ich gehe davon aus daß es sie einzig und allein aufgrund der Langlebigkeit und der Widerstandskraft der ganz Großen überhaupt noch gibt.

Xenomorph:
Hallo Micha!


--- Zitat ---Sie stehen, um es menschlich auszudrücken, mit dem Rücken zur Wand.
--- Ende Zitat ---

Das ist genau der Punkt, warum mir diese Sorten überhaupt Sorgen bereiten, sonst wäre mir das doch vollkommen egal. Aber unser Anliegen muss es doch sein, diese Baumart zu stärken, nicht zu schwächen. Sie haben schließlich schon genug um ihr Überleben zu kämpfen. Niemand kann es mit Gewissheit vorhersagen, aber es ist leider gut möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, dass sich durch den Klimawandel die Vegetationszonen nordwärts verschieben. Und was ist dann in der Sierra Nevada? Wüste! Die häufiger werdenden Waldbrände könnten auf so eine Entwicklung hindeuten...

Und selbst wenn es nicht so kommt, bedeutet es für die Art Seq. gig. ein extrem wichtiges neues Standbein, wenn sie sich hier in Europa etablieren kann. Dabei hilft der Mensch ohnehin schon kräftig mit, denn von alleine verjüngt sich der BM unter den hiesigen Bedingungen ja bisher wenn überhaupt extremst selten. Diese Bedingungen könnten sich aber einmal ändern. Und dann sollte diese Art hier in Form starker, gesunder und genetisch (nicht im Sinne von Sorten) vielfältiger Individuen vertreten sein, wenn sie eine faire Chance bekommen soll.

Da der BM nun bisher noch keinen Einzug in den Waldbau gehalten hat, sondern meist in städtischen Parks, auf Friedhöfen und in privaten Gärten zu finden ist, sehe ich hier eben schon eine Gefahr. Denn eben dort werden bzw. würden ja auch diese Sorten gepflanzt werden...

Wenn mir aber jemand sagt dass diese Sorten steril sind, oder dass die Pollen des BM generell nur 50 oder 100 m weit fliegen, oder dass normale BM's in großen Mengen im Waldbau gepflanzt werden (so dass die Kultivare anzahlmäßig nicht mehr ins Gewicht fallen), dann kann man hier weitgehend Entwarnung geben und mir soll's recht sein.

Jedenfalls finde ich ist es aber ein wichtiges Thema, übrigens auch für die Fans dieser Kultivare, denn ich denke mal dass auch ihnen noch die normalen BM's gefallen und etwas bedeuten. Deswegen kann man doch auch gemeinsam darüber reden. Falls sich herausstellt dass es da gar kein Problem gibt- um so besser!! Aber falls eben doch, sollte man über Lösungen nachdenken. Das ist mein ganzes Anliegen.

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