Hallo und Willkommen Giga,
du hast da eine Menge gute Fragen zur Anzucht. Und tatsächlich liegen die Antworten hier nicht in geballter und übersichtlicher Form vor, sondern sie sind über viele Threads verteilt.
Einerseits ist das schade, da ein zentraler Wikiartikel Zeit sparen würde. Für mich hat die Suche und das Lesen hier jedoch eine gute Seite: es ist interessant und es macht Spaß.
Zudem glaube ich auch nicht daran, dass ein einziger Text dir überhaupt alle deine Fragen beantworten
kann. In vielen Bereichen gibt es auf jede Frage drei oder vier verschiedene Antworten. Je nachdem, wen du hier fragst...
Nicht alles kann und will man umsetzen. Oft ist jede empfohlene Situation so individuell, dass man letztendlich seinen eigenen Weg finden muss. Denn Misserfolge gehören einfach mit dazu. Ausschließen kann sie auch der beste Wikiartikel nicht.
So, nun aber genug mit der Allgemeinphilosophie...
Konkret zum Thema. Ich bin im Grunde BM-Spezialist. Also Sequoiadendron. Da sind die ersten und wichtigsten Fragen (gilt aber auch für UM und KM):
1. wieviele Bäume möchtest du anziehen?
2. wie wertvoll/rar/wiederbeschaffbar ist dein Saatgut?
3. wieviel Zeit bist du bereit zu investieren?
4. hast du evtl. sogar wissenschaftliches Interesse?
Alleine auf diese vier Fragen kann man sich eine Vielzahl verschiedener Antwortkombinationen vorstellen. Danach richtet sich dann die für dich richtige und passende Vorgehensweise.
Bei mir sah das zuerst so aus:
1. einzelne Bäume, 1-3 Stück
2. nix besonderes, relativ billig eingekauft und von gut erreichbaren heimischen BMs gesammelt
3. ca. eine halbe bis eine Stunde täglich
4. nö
- Samen 24 Stunden im Wasser vorquellen lassen, Minigewächshaus mit Kokohum, Samen drauf, mit Aquariumsand abdecken, täglich zweimal besprühen und einmal lüften
- bei erreichter ausreichender Anzahl von Keimlingen das Dach ganz weglassen und nach ca. 4-6 Wochen pikieren, hell aber nicht sonnig stellen, nicht zu oft gießen, lieber Töpfe regelmäßig tränken, nach weiteren 6-8 Wochen erneut umtopfen
- so hat man kaum Ausfälle (kann aber immer mal einen erwischen, gehört dazu)
Inzwischen, nach knapp fünf Jahren praktizierter Sequoianoia, habe ich mehr Saatgut als ich jemals aussäen könnte und ziehe jährlich ca. 100 Bäumchen von etwa 20 verschiedenen Saatgutherkünften an. Die Routine hat zu- die "Zeitopferungsbereitschaft" pro Bäumchen hat jedoch stark abgenommen. Ich betreibe den machbaren Aufwand. Entweder die Herkunft schafft es so oder es folgt ein neuer Anlauf im nächsten Jahr. Bestimmt gibt es noch einiges zu optimieren, doch lohnt der Aufwand? Feucht stratifizieren? Substrat keimfrei machen? Verschiedenste Dünger ausprobieren? Teure Töpfe kaufen? Selber Töpfe anfertigen? Oft lautet für mich die Antwort: nein. Ich erhalte so auch schon satt und genug gesunde Bäumchen. Mit noch mehr bin ich überfordert...
Dafür hat sich bei mir aber durchaus ein wissenschaftliches Interesse entwickelt. Doch fehlt einfach die Zeit für ernsthafte Versuche. Lieber lese ich alles zum Thema, was ich im Netz finden kann und ziehe daraus meine eigenen Schlüsse, die ich im eigenen Rahmen umsetze oder durch kleine Experimente nur für mich überprüfe. Ich möchte daraus jedoch keinen allgemeingültigen Anzuchtsleitfaden entwickeln.
Das ist meine persönliche Sicht auf die BM-Zucht. Frag drei weitere Spezis hier und du wirst mindestens zwei weitere Ansätze geliefert bekommen. Und erfolgreich und zufrieden sind die bestimmt auch damit...
Für mich reicht es hiermit erstmal. Morgen kann ich dir noch einige Links zum Lesen liefern.
Viele Grüße aus'm Westmünsterland,
Frank