Mammutbäume (öffentlicher Bereich) > Paläontologie
Paläontologie von Sequoiadendron
Tuff:
Steffen, genau das war meine motivation mich mit dem thema zu beschäftigen!
waren die lebensumstände der gattung bis ins miozän hinein möglicherweise deutlich anders als heute ? wenn die gattung auch in europa vorkam, hätte ein 'zweig' (gemeinsamer vorfahr, also nochmal: derselben gattung) irgendwann mal weite distanzen wandern müssen. kann damals ein größerer lebensraum in europa mit dem heutigen in der sierra vergleichbar gewesen sein ? und was wenn nicht. und was war mit den 'durststrecken' dazwischen. genauso rätselhaft ist wie die sierra populationen die eiszeiten überstanden haben. (*)
ich gehe aber sowieso davon aus daß auch der tertiäre lebenraum in nordwestamerika von der heutigen sierra verschieden war.
dann tragen moderne giant sequoias vielleicht noch Gene in sich die derzeit sozusagen nicht mehr gebraucht werden, anpassungen an lebensräume die der sierra höchstens nur entfernt ähnlich sind.
das wäre doch spannend, auch bezüglich der frage wo man sie wieder ansiedeln kann.
dasselbe gilt für die gattung sequoia, die aber m.E. sowieso durch vielseitigkeit auffällt. hier könnte so etwas daher eigentlich kaum überraschen. möglich wäre, zum bleistift, u.a. etwa eine anpassung an massive überschüttung durch hangerosion bzw. lahare - im tertiär war beides recht häufig und viele sequoia wälder wurden stehend begraben. aber leider nicht in voller höhe erhalten ;)
(*) am ende, rückmigration flußaufwärts bis in diese entlegenen höhen ?? nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich, bei samen die normalerweise nur wenige dutzend meter weit kommen, und keimlingen denen jedes gras überlegen ist. was wäre aber die alternative ? ich glaube sie haben an ort und stelle überlebt. das hätte aber mögliche implikationen, etwa was das maximalalter angeht. es könnte nämlich erklären warum die art überhaupt so alt wird, und implizieren daß sie vor den eiszeiten noch nicht so alt werden brauchte.
Waldläufer:
Hallo,
nun gehört die evolutionäre Entwicklung der Mammutbäume nicht gerade zu
meinem Spezialgebiet - wage mich aber doch mal daran und denke man sollte vielleicht
vom überkomplizierten zum einfachen denken. Ich versuch es mal.
Das Vorkommen von S. giganteum - Vorläufern bei uns scheint eher ungesichert wie schon dargelegt.
Allgemeiner Stand scheint aber, daß näher verwandte und daher zurechenbare Vorläufer lt. angehängtem
Artikel vor ca. 10-20 Millionen Jahren im Miozän in Nordamerika erstmals auftraten in einem Gebiet,
das dem heutigen westlichen Nevada entspricht. Im weiteren Umkreis gab es aber wohl auch Vorfahren
von Sequoia sempervirens die wohl aber andere ökologische Standorte besetzten.
Grundsätzlich ist also davon auszugehen, daß Sequoia die ältere Art ist. Deren weiter zurück liegende Vorfahren
hatten ebenfalls schuppenförmige Benadelung die in zwei Reihen angeordnet war.
Daher würde ich doch vermuten, daß sich Sequoiadendron aus so einem Vorfahr entwickelt hat (vielleicht war noch
eine dritte Art beteiligt). Die Weiterentwicklung zu der ausgesprochen schuppenförmigen Benadelung des heutigen
S. giganteum ist eine Anpassung an Sommertrockenheit, während die heutige S. sempervirens mit den flachen
weichen Nadeln an hohe Luftfeuchtigkeit und feuchte Lagen angepasst ist.
Sehe hier also eine Anpassung an unterschiedliche Ökosysteme bereits im damaligen Nevada.
S. giganteum wuchs in Nevada mit fast den gleichen Arten wie heute - also müssen die Lebensumstände
ähnlich gewesen sein. S. sempervirens hat sich dagegen an milde feuchte Lagen die sie insbesondere in Californien
fand angepasst und eine weichere Benadelung als ihre Vorläufer.
Daß S. sempervirens im oberen transpirationsgefährdeten Kronenbereich fast identische Nadeln wie S. giganteum
ausbildet ist ein Beleg für die nahe Verwandtschaft und für meine These.
Viele Grüße Bernt
http://gis.fs.fed.us/psw/publications/documents/psw_gtr095/psw_gtr095_harvey.pdf
Tuff:
Zu den tertiären Pflanzengemeinchaften Nordamerikas gibt es Veröffentlichungen von Constance Millar, welche auch eine große Anzahl Publikationen zur heutigen Waldökologie u.a. der Sierra Nevada vorlegte.
http://www.fs.fed.us/psw/programs/efh/staff/millar
ich zitiere mal eines ihrer werke
(...) = gekürzt von mir fett meine hervorhebung
"Many Tertiary records from the mid-Miocene in the Sierra Nevada and western Nevada show enormous turnovers in vegetation relative to earlier (Eocene) deposits. (...) Almost all of the key subtropical and tropical taxa (e.g., Diospyros, Ficus, Engelhardtia, Magnolia, Viburnum, Cinnamomum, Persea) that are known from Sierran and other western North American Eocene floras are missing from the fossil deposits of the mid-Tertiary. In both floristics and foliar physiognomy (percentage of entire-margined leaves), the adaptations changed from tropical to temperate (Wolfe 1969).
In general, the losses of taxa from the Sierra Nevada represent major regional and even continental extirpations: many taxa (or their nearest relatives) that occurred in California during the Eocene are found now in tropical Mexico and others only in eastern Asia (Axelrod 1977; Raven and Axelrod 1978). Replacing these subtropical taxa, by the mid-Miocene, were abundant conifer species of the Pinaceae (Pinus, Abies, Picea), Cupressaceae (Chamaecyparis, Thuja, Juniperus), and Taxodiaceae (Sequoiadendron, Sequoia) and angiosperm species such as Alnus, Fraxinus, Populus, Salix, Arbutus, Quercus, and Ceanothus (e.g., appendix 5.1, lists 1, 5, 8, 9, 11, 15, 22).
In addition to taxa currently native to the Sierra Nevada, these Miocene forests contained temperate-adapted taxa now native to other parts of North America. These included conifers and angiosperms currently native to non-Sierran provinces of California (e.g., Chamaecyparis, Sequoia, Picea, Thuja, coastal species of Quercus), as well as species that now grow in eastern North America (e.g., Carya, Ulmus, Juglans, Liquidambar).
Many of these temperate-adapted taxa appear to have been present during the early Tertiary on the volcanic plateau of the Great BasinIdaho uplift, which seems to have served as a refugial island during the warm, humid phases of the early Tertiary (Axelrod 1968, 1986; Axelrod and Raven 1985; Millar 1993; Millar and Kinloch 1991). These taxa would have been closely adjacent to the Sierra Nevada, capable of migrating westward relatively rapidly into the range as Oligocene and early Miocene climates opened hospitable habitats in the Sierra Nevada (Axelrod 1977). Prior to basin and range extension, these two regions were closer together than at present (Fiero 1991).
High Diversity of Miocene Floras
One consequence of these biogeographical changes was that, although temperate taxa replaced tropical ones in the Sierra Nevada by the mid-Miocene, diversity of the new flora was high, apparently much higher even than at present in the Sierra Nevada. Not only was the total diversity of species high (many currently native species plus taxa not now in the Sierra), but also the vegetation associations were highly diverse and different from those of the present.
For instance, in the Purple Mountain flora of western central Nevada (midMiocene) (appendix 5.1, list 22), the following species occurred together in one deposit:
false cypress (Chamaecyparis), red and white firs (Abies cf. magnifica and A. cf. concolor), Santa Lucia fir (A. cf. bracteata), western white pine (Pinus cf. monticola), Brewer's spruce (Picea cf. breweriana), giant sequoia (Sequoiadendron cf. giganteum), madrone (Arbutus), live oak (Quercus cf. chrysolepis), cottonwood (Populus), and willow (Salix) (Axelrod 1976). At the Upper Cedarville locality of northwestern Nevada (mid-Miocene) (appendix 5.1, list 30), false cypress, Ginkgo, redwood (Sequoia cf. sempervirens), red fir, ponderosa pine (Pinus cf. ponderosa), nutmeg (Torreya), madrone, chestnut (Castanea), beech (Fagus), hickory (Carya), ash (Fraxinus), Tilia, and elm (Ulmus) grew together (LaMotte 1936). The Chalk Hills forest of western central Nevada (late Miocene) (appendix 5.1, list 4) contained false cypress, white fir, foxtail pine (Pinus cf. balfouriana), Douglas fir (Pseudotsuga cf. menziesii), giant sequoia, madrone, Rhododendron, hickory, and oak (Quercus) (Axelrod 1962).
By modern standards these and most other Sierran middle to late Miocene floras strike us as unusual in that they contain mixes of "incompatible" species. For instance, the cooccurrence of foxtail pine (subalpine), Port Orford cedar (warm-humid), giant sequoia (middle elevation, mixed conifer, fire-adapted), rhododendron (cool-mesic), hickory (continental, well-distributed rainfall), and scrub live oak (xeric) challenges our ability to imagine the Tertiary habitat."
[] Millar, Constance (1996): Tertiary Vegetation History
Institute of Forest Genetics U.S. Forest Service Pacific Southwest Research Station Albany, California. In: Sierra Nevada Ecosystem Project: Final report to Congress, vol. II, Assessments and scientific basis for management options. Davis: University of California, Centers for Water and Wildland Resources, 1996.
Tuff:
die spannende frage lautet also, gab es Sequoiadendron schon vor dem miozän ?
In der UCMP Datenbank (Genus 'Sequoiadeendron' eingeben) sind fast alle Einträge von solchen fossilienfunden aus dem miozän, aber 2009 konnte ich auch folgendes finden: (in klammern millllion years ago)
(34 ma) Late Eocene - Montana - Upper Ruby River Basin - PB.032411
YPM;PB.032411;Montana;MadisonCounty;"Ruby River Paper Shale, Upper Ruby River Basin 60 miles northwest of Yellowstone National Park, 18 miles southwest of Virginia City, MT and 11 miles south of Alder, MT";Paleogene;Late Eocene
(25 ma) PA693;Peterson Ridge, Skamania County, Washington. Oligocene.
Identified By: Erwin, Diane M. Collector: Meyer, H.
heute finden sich zusätzlich noch einige dutzend einträge für funde aus dem custer county, idaho, für das mittlere eozän.
nehmen wir etwa PA950, dann kann man dort einem link folgen auf die gesamte artenliste der fundstätte mit 1237 einträgen. Hier kann man mit der heutigen artenzusammensetzung in der sierra vergleichen: Thuja, Chamaecyparis, Sequoia, Cephalotaxus, Tsuga, Ribes, Picea, Abies, Larix.
@bernt: harvey ist kein primärforscher und sein (ansonsten sehr guter) klassiker ist auf diesem gebiet leider nicht up to date. paläontologie ist ein prozess im ständigen wandel, und was zB. florin 1963 schrieb (auf den sich später viele standardwerke beriefen, auf die sich heute immer noch viele neue werke berufen) ist längst überholt.
millar war in den 90er jahren regelmässig selber mit dem spaten unterwegs. im übertragenen sinne. ihre wichtigste primärquelle (neben ihren eigenen feldforschungen in den gebirgen nordamerikas) ist Daniel I. Axelrod, welcher sehr viele fossilien NW-Amerikas untersucht und bestimmt hat.
http://en.wikipedia.org/wiki/Daniel_I._Axelrod
PaddyPatrone:
Hallo ihr Paläontologen,
ich hatte vor einer Weile schon in einem anderen Thread ein paar Bilder von Versteinerungen hoch geladen. Da es hier ganz gut hin passt lade ich sie einfach nochmal hier hoch. Auf dem Schild dazu stehen Fundort, Alter und Art. Die Fossilien liegen im Göttingen am Uni-Nordcampus .
Gruß
Patrick
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