Tim,
Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, den ich mal versuche systematisch zu beantworten:
Zunächst zur Qualität der Häckselmasse, welche eine wichtige Rolle spielt, und bei der Gelegenheit noch ein Ausflug ins Thema Versauerung.
(1) Holzschnitzel sind kein Rindenmulch
Der Baumfäller häckselt ganze Bäume, also inklusive Nadeln / Laubblättern. Die Anteile sind Holz, Blätter, Nadeln.
Rindenmulch wird anteilig meist aus Nadelbäumen hergestellt, und versauert sehr stark beim Verrotten. Von Laubbäumen fällt wahrscheinlich viel weniger an (auch weil die Hauptbaumart Buche eine zu dünne Rinde hat). Bei Laubhäcksel wäre die Versauerung wesentlich geringer.
Bei einem Nadelbaum verrottet auch das Gesamthäcksel bei hohem Anteil von Nadeln und Rinde 'sauer'. Das nehme ich in Kauf, weil ich was besseres nicht zur Hand habe.
Oft wird von Stadt-Baumfällern das Stammholz als Stückgut abtransportiert. Dann kann der Nadel- oder Laubanteil des restlichen Häcksel vergleichsweise hoch sein. Also verrottet es manchmal besonders sauer, manchmal auch nicht. Die Qualität ist bei mir jedesmal anders.
(2) Zersetzung und pH
Zunächst gibt es, nach dem Auftragen, über die ersten 3 Jahre immer eine massive "Pilzblüte" aus vielen verschiedenen Totholz- und Mullpilzen, welche den Abbau stark beschleunigt. Meine Häckselschichten sind in dieser Phase so mächtig von dichtem Pilzgeflecht durchzogen, daß sie eher weiß als dunkel sind. Das ist gut, denn die Pilzsubstanz ist weniger sauer, speichert Wasser, und verrottet ihrerseits dann sehr schnell zu gutem Humus. (Die Baumwurzeln bleiben von diesen Pilzen anscheinend unberührt - und auch neu ausgepflanzte Apfel- und Kirschpflaumen-Sämlinge gedeihen bei mir hervorragend im 'Pilzhumus'.)
In dieser Zeit, und auch später, nachdem das Zeug verrottet ist, wird es jedes Jahr im Herbst von den eher "nicht-sauren" Laubblättern der angepflanzten Bäume eingedeckt, und immer wieder durchwühlt und durchmischt von Wühlmäusen und Wildschweinen (bei denen sind die Mullschichten besonders beliebt).
Säuren werden so schneller abgebaut, der pH steigt wieder.
Als nächstes dringen Bodenpflanzen vor, oft solche die sich lateral sehr rasch mit Ausläufern ausbreiten, zB. Brennesseln, Galium-Arten, auch Himbeeren. Die fördern weiterhin die Umwandlung zu echtem Boden. Der pH wird sich irgendwann wieder auf normalen Werten einpegeln. Bei mir rechne ich mit circa 10 Jahren, bis ein für meinen Standort typischer Wert von rund 5 erreicht ist. (Im Unterboden, als ehemalige gedüngte Wiese, dürfte der pH generell deutlich höher sein.)
(3) Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N)
Stickstoff ist heutzutage eigentlich - leider - kein Problem mehr. Es kommt jede Menge aus der Luft, durch Autoabgase und durch das intensive Güllen der Felder und Wiesen. Bei einem eigentlich flächenhaften Überschuß in den meisten Regionen Deutschlands, bewirkt die Bodenneubildung aus relativ stickstoffarmem Häcksel dann sogar noch eine Verbesserung der Überdüngungs-Situation.
Ich habe auch mal testweise an einer Stelle Lupinen eingesät, zur Verbesserung des C:N Verhältnisses.
Gesamtbaum-Häcksel produziert jedes Baumfäll-Unternehmen, welches Schwierigkeitsfällungen in den Städten macht. Das Gemisch kann man nicht als Holzchips für den Ofen vermarkten. Meistens bringen sie es auf die Deponie, kostenpflichtig.
(4) Brandgefahr: Fremdentzündung
Frisches Holz brennt nicht - das Gesamthäcksel enthält, als Saft in den Zellen, normalerweise sehr viel Wasser. Beim Verrotten wird es daher erstmal feuchter. Außerdem speichert es bei asusreichend dicker Schicht auch das Regenwasser, vor allem über den Winter wenn es ganz durchdrungen wird. Nur ausnahmsweise kann der der Holzanteil sehr hoch sein und wenn so etwas im Sommer in einer Trockenphase erzeugt und in der vollen Sonne abgekippt wird, trocknet das Häcksel sehr schnell aus, und würde dann auch brennen.
Wenn man Gesamthäcksel flächenhaft im Wald ausbringt, wäre vor allem ein langsam fortschreitender Schwelbrand denkbar. Auch Torf brennt in den Mooren so ab. Die Hitze trocknet die angrenzenden Bereiche aus und so schreitet der Brand auch ohne Wind langsam voran.
Ein Schwelbrand setzt zur Entzündung zunächst mal trockene Bedingungen voraus, und dann ein Ereignis wie zB. Blitzschlag oder Brandstiftung - zur Alterntaive Selbstentzündung komme ich noch -, bei denen (unter trockenen Bedingungen) der Wald sowieso brennt; und dann kommt es auf die Schnitzel eher nicht mehr an. Sie würden bei Windböen das Feuer aber schlimmer machen, und es wäre aufwändiger zu löschen (man braucht mehr Wasser).
Man löscht aber einen flächigen Waldbrand sowieso nicht flächig, schon gar nicht bei Wind - das ist hoffmnungslos. Sondern stoppt das Feuer durch Feuerschneisen, die man zB. stark bewässert oder mit schweren Maschinen abräumt. Die bereits brennenden Bereiche werden normalerweise einfach aufgegeben - es sei denn man muss die Schneise unbedingt direkt dort anlegen, wo es bereits brennt, oder ein Haus o.ä. schützen.
Solche feuertechnisch wichtigen oder sensiblen Bereiche sollte man daher vorausschauend identifizieren, und nicht "verschnitzeln". Wir werden uns in Deutschland unter der Prämisse regulärer Dürresommer sowieso an systematische Feuerschneisen und generell an ein Feuer-Management gewöhnen müssen (also zB. Dinge wie Feuerpläne die zeigen wo man wie anfängt, oder ob überhaupt; Zufahrtmöglichkeiten für Lösch- und Räumfahrzeuge; Recruitment und Verstärkung bei Eskalation, und eine erprobte Wasserplanung.) Wir können alles was notwendig ist vom kalifornischen Forest Service lernen. Die haben dort seit vielen Jahrzehnten mit weitaus schlimmeren Waledbränden zu tun, als wir uns hier vorstellen können - und eine Menge Erfahrung.
(5) Brandgefahr: Selbstentzündung
Selbstentzündung durch Verrottungshitze habe ich bei mir auch in riesigen Haufen wochen- bis die monatelang unbearbeitet lagen, noch nicht beobachtet. Obwohl die schon mächtig heiß waren innendrin. Es wäre also denkbar.
Bei typischem Gesamthäcksel ist sie aufgrund des vielen gebundenen Wassers jedoch unwahrscheinlich. Bei sehr ausgetrockneten Chips (typischerweise reines Holz mit vielen luftigen Zwischenräumen) fehlt demgegenüber paradoxerweise dann das Wasser zum Verrotten, also entsteht auch keine Hitze. Irgendwo dazwischen ist Selbstentzündung aber nicht ausgeschlossen.
Wahrscheinlich kommt es hier auf die auch auf die Baumarten an. Und ganz sicher auch auf die Mächtigkeit der Schichten: Meine 20-30 cm Auftragshöhe reichen bei weitem nicht aus für die notwendigen Innentemperaturen.
Man sollte die abgekippten Haufen einfach nicht allzulange liegenlassen, sondern möglichst bald verteilen.
(6) Brandgefahr: Zeitplanung
Generell sollte man die frischen Massen am besten von Spätsommer bis in den Winter hinein verkippen und vor dem Winter noch verteilen, dann werden sie stark durchfeuchtet, die Verrottung geht sehr schnell, und im nächsten Sommer ist das Substrat schon zu weit fortgeschritten und zu feucht, um sich zu entzünden. Im Frühling ist der Boden oft auch meistens sehr aufgwweicht, dann ist es eh besser nicht mehr mit Maschinen durch einen Bestand oder eine Kahlschlagsfläche zu ackern.
Bodenbiologisch wäre das flächige Abbrennen einer dicken Häckselschicht übrigens sehr förderlich, wertvolle Nährelemente wie Phosphor und Kalium werden freigesetzt und jede Versauerung ist schlagartig behoben.
Danach könnte man dann die nächste Schicht aufbringen ...
Zur co2 Speicherung wäre die Methode ebenfalls zu emfpehlen, denn es wird im entstehenden Humus dauerhaft gebunden bleiben (wenn es nicht verbrennt).
Kurz zusammengefasst, es gibt vielleicht stellenweise eine Erhöhung der Brandgefahr, die man aber mit ein wenig Sachverstand gut kontrollieren kann, und die auch nur für kurze Zeit besteht.
Die positiven Aspekte überwiegen jedoch bei weitem.