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Waldbau und Pflanzungen bei Dürre und Klimawandel - was tun

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Tuff:
Es gibt zwei wesentliche Kritikpunkte an der flächenhaften Häcksel-Verteilung.

( 1)  Vorhandene Bodenpflanzen werden überdeckt. Seltene Arten können vernichtet werden.

Man sollte lokale Vorkommen schützenswerter Pflanzen vorher unbedingt ausfindig machen, markieren, und aussparen.

Es komnmt aber auf die Pflanze an. Beispiel:

In meinem Eichengrove gibt es an einer Stelle ein Vorkommen des bei uns seltenen gefingerten Lärchenspornes, welches ich aktiv fördere. (Ich habe diese Population dort vor ein paar Jahren selber angesiedelt.)
Es  ist nun aber genau die Stelle, ein sehr sonnenexponierter Abhang (ehemals eine wilde Müllkippe, welche ich erst voriges Jahr mühselig bereinigt habe)  für die nächsten Fuhren Häcksel vorgesehen. Die Eignung dieser Stelle ist übrigens kein Zufall, denn Lärchensporn wird von sonnenliebenden kleinen Ameisenarten verbreitet.

Jedenfalls bildet Lärchensporn in der Tiefe des Bodens Überdauerungs-Knollen aus. Dies müssen möglichst tief liegen, um im Sommer nicht auszutrocknen. Circa 20 cm Humusauflage sind für Lärchensporn-Frühjahrstriebe kein Problem. Wenns später mal mehr werden, werden die Pflanzen einfach neue Knollen bilden. Ich habe mal Lärchensporn-Knollen in hoch aufgeschütteten Laubhaufen eines Parkes hier um die Ecke ausgegraben und kann mir daher vorstellen, wie das funktioniert.

Ich werde also darauf achten, diesen Bereich immer erst im Herbst zu überdecken, wenn das oberidische Grünzeug bereits lange verwelkt ist, und die Haufen auch sofort auf ca.  20 cm Schichthöhe planieren. Ich bin davon überzeugt, daß nach Abschluß dieser Arbeiten, dieses Lärchensporn-Vorkommen sehr viel bessere Überlebens-Chancen hat; denn die vielen fehlgeschlagenen Ansiedelungsversuche die ich im Laufe der Jahre unternahm, sind immer an Dürreperioden im Frühjahr gescheitert - die frisch sprießenden Pflanzen sind einfach vertrocknet.

Tatsächlich ist das Bereitstellen von dicken Humusauflagen sehr günstig für Geophyten (zB. auch für Buschwindröschen, Vielblütige Weißwurz, Blaustern)  und das war von Anfang an einer der Beweggründe, warum ich überhaupt damit angefangen habe.

(2)  Im Häcksel sind oft Samen enthalten - sowohl von Baumarten als auch Bodenpflanzen (weil nach Abschluß der Arbeiten gekehrt wird). Man schleppt schnell etwas Unerwünschtes ein.

Das ist leider ein großes Problem, denn es bleibt nichts anderes übrig als die Flächen regelmässig zu kontrollieren und unerwünschte Sämlinge herauszureißen. So habe ich zB. bei mir schon mal ein Exemplar des Indischen Springkrautes entdeckt - für mich zugleich der schlimmste denkbare Fall. Man kann diese Pflanze nicht mal ein Jahr wachsen lassen, weil sie sich explosionsartig vermehrt. Bei Baumsämlingen ist es hingegen nicht so eilig.

Aber in einem typischen Fichten-Wirtschaftswald dürften beide Probleme nicht ganz so schwerwiegend sein: Erstens ist ein Unterwuchs auch aus 'unerwünschten' Baumarten eher unproblematisch, weil nach Kahlschlag sowieso tabula rasa gemacht, und später regelmässig durchforstet wird. Und zweitens stören Arten wie das Springkraut, oder nehmem wir jetzt vielleicht mal die Brennessel,  aus demselben Grund auch nicht allzusehr (wenn sie nicht eh schon vorhanden sind).

Wirklich gefährlich ist, wenn man eine 'invasive' Art wie eben das Springkraut, oder den Japanknöterich, ganz neu in eine bisher nicht kontaminierte Region einschleppt, in der sie sich dann weiträumig ausbreitet. Daher müssen solche Häckselanschüttungen über mindestens 3 Jahre hinweg regelmnässig kontrolliert werden.

Dieser Nachteil ist leider nicht zu vermeiden.

Wenn in der Forstwirtschaft nun aber Häcksel aus lokalen forstlichen Beständen erzeugt wird (und nicht aus Stadtbäumen oder fernen Wuchsgebieten), welches dann gleich auf dieselben Flächen verteilt wird, dürften die genannten Probleme eigentlich gar nicht erst auftreten. Und das wäre eben genau meine Empfehlung.

Tuff:
Als grobe Orientierung schlage ich folgende Eckwerte vor:

Das Ziel sei eine 10 cm dicke Humusauflage  5 Jahre nach dem Aufschütten (= Verrottung zu ca. 70% abgeschlossen -- der Prozess ist im Grunde ja nie wirklich "zuende".)  Dazu würde man den Häcksel ca. 23 cm hoch aufschütten.
(Update: Korrektur der Schütthöhe für nur 70% Verrottung, vormals irrtümlich 100% berechnet.)
Ich habe hierzu keine belastbaren Messungen, es ist einfach meine erste Schätzung 4 Jahre nach Beginn meines eigenen Projektes. Die Dauer hängt dabei wesentlich ab von der zur Verfügung stehenden Zeit für die Verottung, welche im Winter durch zu kalte Temperaturen und (aber weniger) im Sommer vom Grad der Trockenheit eingeschränkt wird.

Mit diesen Werten ergibt sich ein Aufschütt-Volumen pro 100 m ² von 23 Kubikmetern - aber nehmen wir doch die griffigere Zahl 20 Kubikmeter, zur Erzeugung von bis zu 10 Kubikmetern Humus nach 5 Jahren.

Nach nunmehr 4 Jahren ist der Effekt in den bereits bedeckten Flächen meiner Anpflanzung aus Eichen, Esskastanien, und Walnußbäumen dieses Jahr (2019) bereits deutlich zu sehen; auch im trockenen flachgründigen Teil oben auf der Kuppe blieben bisher alle bis zu 15-jährigen Bäume grün und vital, während die unbehandelten Flächen deutlichen Trockenstreß zeigen, und wenige dutzend Meter entfernt die Alteichen absterben. Wenn man die Schichten dieser Tage (nach langer Dürre) aufbuddelt ist das Substrat schon in ca. 5 cm Tiefe deutlich feucht. Natürlich muss man hier die noch nicht erfolgte Durchwurzelung anrechnen, aber der Verdunstungs-Schutz für die tieferen Bodenschichten und die Funktion als Feuchtespeicher vor allem nach sommerlichen Gewittern sind auf jeden Fall gegeben.
Kurz gesagt: Es funktioniert.
 

Tuff:
Wie wollen die denn aufforsten, wenn die Jungpflanzen vertrocknen ?

https://www.deutschlandfunk.de/co2-bepreisung-laschet-fordert-aufforstungen-und-praemien.1939.de.html?drn:news_id=1031743

im Vergleich zu:

https://www.ufz.de/index.php?de=37937

Bernhard:
Ich war heute Vormittag seit ca. 10 Tagen mal wieder in meinem Grove. Was ich dann sah, ließ mich zusammenzucken.
Die Wälder auf der gegenüberliegenden Talseite verfärben sich zu fast einem Drittel herbstlich gelb und braun. Die meist Buchen sehen fürchterlich aus. Die Eichen scheinen noch durchzuhalten.

Zwar ist das Jahr 2019 bei weitem nicht so trocken, zumindest in unserer Gegend, als 2018, aber die Folgen der Dürre vom letzten Jahr sind offensichtlich.

Es müsste schon längst ein Umbau des mitteleuropäischen Waldes vollzogen sein. Wir werden uns in absehbarer Zeit, zumindest vorübergehend, auf waldlose Landstriche einstellen müssen, wo vorher Wald war.
Auch wenn die GRÜNEN das nicht gerne hören, wird die Forstwirtschaft sehr bald auf "EXOTEN" zur Wiederaufforstung greifen müssen.
Von der Fichte müssen wir uns sowieso verabschieden. Die dominante Buche wird es mittelfristig auch nicht aushalten, da sie ozeanische Wetterlagen bevorzugt, besonders auf Kalkstandorten, wie hier zum Beispiel.
Von den einheimischen Baumarten sind meiner Meinung nach nur noch die Traubeneiche und Hainbuche als Laubgehölze für den Waldbau tragbar. Der Wald wird aus Walnussbäumen (alle Arten), Edelkastanien, Blauglockenbäumen, Trompetenbäumen, Götterbäumen (!), Kiefern (nicht in Reinbeständen!), Colorado- und Nordmannstannen zum Beispiel bestehen müssen.

In den Städten, wo die Hitzeperioden ja noch dramatischer sind als auf dem Lande, sehe ich eigentlich nur Gleditschien, Götterbäume und vielleicht auch Ginkgos als Alternative, da sie außer Hitze und Trockenheit auch Staub und Luftverschmutzungen besser ertragen als andere Bäume in unseren Breitengraden.

Inwieweit Mammutbaumarten dem Klimawandel trotzen könn(t)en muß sich erst herausstellen.

Wieder mal auf Regen wartende Grüße,

Berni

Edit: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6tterbaum

Tuff:

Bei der Traubeneiche wäre ich mir nicht mal sicher ... die Eichen werden durch den Klimawandel bedingt zugleich sehr schwer von 'Schädlingen' bedrängt. Zum Beispiel hatten beide Eichenarten in den letzten Jahren bei mir extremen Mehltaubefall, aufgrund der schwierigen Frühjahrswitterung (zB. früher Austrieb nach mildem Winter, dann Stockung des frischen Austriebes zuerst wegen Kälte, dann wegen Trockenheit ... ) und verlieren so jedes Jahr an Vitalität.
Dann hilft es auch nix wenn ein Baum im Alter 70 - 100 sehr weiträumig und tief verwurzelt ist.
Und bis zu dem Alter muss man es ja auch erstmal schaffen ...

In einem nahen Stieleichenwald am Talgrund, auf eigentlich sehr frischem Boden, schlägt seit ein paar Jahren der schwarze Hallimasch zu -- diese Bäume waren es in wievielen Jahunderten nicht gewöhnt, daß der Boden jemals so tiefgründig austrocknet.

Bei den Rotbuchenbeständen sehe ich auch schwarz. Und auf den durchlässigen Sandböden im Osten leidet auch die Kiefer.

Du hast vollkommen recht, Berni - es bleibt am Ende nicht mehr soviel 'Urheimisches' übrig.

Als dürretolerant zu nennen wären noch die Eibe (die in Europa urheimischer ist als jede andere Art, was oft übersehen wird) und die Robinie - waldwirtschaftlich beide eher uninteressant. Und die leidige Roteiche ... ökologisch bisher eine Sackgasse, aber immerhin wirklich gutes Holz.

Man kann unter den Bedingungen der Dürre einfach nicht mehr so produktiv sein, das gilt für den Wald genau wie für die Wiese; und Obstplantagen wird man nicht radikal umstellen wollen (zB. auf Nußproduktion) -- also entweder Bewässerung oder Aufgeben.

Wie siehst denn in deinem Grove aus Berni ?

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